Unter Dampf.Motor und Segel: Die 39. Festwoche in Bremerhaven

Die 39. Bre­mer­ha­ve­ner Festwoche.

Jede Fest­wo­che seit 1975 folgt einem Grund­satz: Sie prä­sen­tiert das gesam­te mari­ti­me Spek­trum der See­stadt Bre­mer­ha­ven. Aber sie steht auch in der Tra­di­ti­on des Schiff­baus, der Schiff­fahrt und der mari­ti­men Industrie. 

39. Bremerhavener Festwoche

Es sind die gro­ßen und klei­nen Segel­schif­fe vom Weser­kahn bis zum rie­si­gen Fünf­mast-Voll­schiff, die den Grund­stein für Bre­mer­ha­vens beson­de­re Bedeu­tung auf den Welt­mee­ren und der Hafen­wirt­schaft gelegt haben. Ihnen folg­ten die Dampf­schif­fe. Sie ste­hen für den Beginn des moder­nen Indus­trie­zeit­al­ters, sie haben die Schiff­fahrt revo­lu­tio­niert. Dampf­ma­schi­nen an Land haben den Anstoß für immer neue Wege der Pro­duk­ti­on und Fort­be­we­gung gegeben.

Und selbst die Erfin­dung des Otto-Motors hat sie noch eine Zeit lang über­le­ben lassen.

Heu­te ist der Dampf­an­trieb Geschich­te. In Muse­en zu bestau­nen. In Büchern nach­zu­le­sen. Aber auch hier und da noch in der Pra­xis auf dem Was­ser zu erle­ben, als Dampf-Pinas­sen, Dampf-Schlep­per oder Dampf-Eis­bre­cher, wie die „Wal“, die in die­sem Jahr 75 Jah­re alt wird.

Das ist Grund genug, wäh­rend der 39. Bre­mer­ha­ve­ner Fest­wo­che die Ent­wick­lung der Schiffs­an­trie­be vom Segel über Dampf bis zum Otto-Motor in den Mit­tel­punkt zu stel­len. Das beson­de­re Augen­merk hin­ge­gen gilt bei einem „Damp­fer-Fest“ dem 75. Geburts­tag des Dampf-Eis­bre­chers “Wal

Also, macht Euch auf und herz­lich will­kom­men zur Festwoche.

Musik aus der Jukebox für einen Groschen

Wer kann sich nicht mehr dar­an erin­nern! Wir Nach­kriegs­kin­der haben die Musik­bo­xen nicht ver­ges­sen. Sie stan­den ja in jeder Dorf­knei­pe rum. Man schmiss 10 Pfen­ni­ge hin­ein und konn­te sich dann per Tas­ten­druck die Sin­gle sei­nes Wun­sches aus­wäh­len. Meis­tens kann­te man die Sin­gle-Num­mer sei­nes Lieb­lings­schla­gers aus­wen­dig. Ich habe Bud­dy Hol­ly rauf und run­ter gehört.

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Ehemalige Görlitzer Tuchfabrik Krause und Söhne

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  87 vom Sep­tem­ber 2010 einen Auf­satz von Herrn Wolf­gang Stil­ler über die ehe­ma­li­ge Gör­lit­zer Tuch­fa­brik Krau­se & Söh­ne veröffentlicht. 

Die im Jah­re 1863 und 1864 gebrach­ten gewal­ti­gen Umwäl­zun­gen erfor­der­ten auch den Umbau der Pul­ver­müh­le. Es Görlitzer Tuchfabrik Krause & Söhneent­stand am Grü­nen Gra­ben ein gro­ßes Weber­ei­ge­bäu­de mit Erd­ge­schoss, 3 Stock­wer­ken und einem turm­ar­ti­gen Trep­pen­haus. Die bis­he­ri­gen Kraft­quel­len genüg­ten nun bei wei­tem nicht mehr. Es wur­de ein Dampf­kes­sel auf 6 Atmo­sphä­ren Über­druck ange­schafft, der für Stein­koh­len-Feue­rung auf Plan­rost ein­ge­rich­tet war und bei dem als moderns­te Errun­gen­schaft eine mög­lichst voll­stän­di­ge Rauch­ver­bren­nung berück­sich­tigt war. Der Erbau­er war der Gör­lit­zer Mecha­ni­ker Con­rad Schiedt. (Hin­zu kam auch 1863 eine neue Dampf­ma­schi­ne). So war dann die Fabrik mit allen Neue­run­gen der Zeit ausgerüstet.

Die Fol­ge­zeit ent­sprach nicht den Hoff­nun­gen, die man sich mit der Moder­ni­sie­rung des Betrie­bes gemacht hat­te. DieGörlitzer Tuchfabrik Kriegs­jah­re 1864, 1866 und 1870/71 brach­ten der Fir­ma schwe­re Sor­gen. Zahl­rei­che Ange­stell­te und Arbei­ter wur­den zu den Fah­nen geru­fen, und wich­ti­ge Absatz­ge­bie­te waren ver­sperrt. Beson­ders schwer traf in die­ser Zeit auch der Tod des letz­ten Mit­be­grün­ders der Fir­ma Carl Fried­rich Krau­se am 7. August 1866. Am 17. Febru­ar 1872 ver­starb im bes­ten Man­nes­al­ter sein Sohn Emil Krau­se. Da Edmund Krau­se dau­ernd krank war und sich dem Geschäft nicht so wid­men konn­te, wie es der Umfang des­sel­ben erfor­der­te, wur­de zu Beginn des Jah­res 1872 Herr Okar Meiß­ner beru­fen, in die Füh­rung der Tuch­fa­brik ein­zu­tre­ten. Ein­mal ver­ban­den ihn nahe ver­wandt­schaft­li­che Bezie­hun­gen zur Fami­lie Krau­se, und dann aber ließ ihn sei­ne fach­li­che Vor­bil­dung bei Jer. Sig. Foers­ter in Grün­berg beson­ders geeig­net erschei­nen, in die Bre­sche zu tre­ten, die der Tod und Krank­heit in die Lei­tung des Unter­neh­mens geris­sen hatten.

Mit Beginn der Blü­te­zeit des neu gegrün­de­ten deut­schen Kai­ser­reichs begann auch in der Fir­ma Krau­se & Söh­ne neu­es Leben. Durch ziel­be­wuss­te, rast­lo­se Arbeit führ­te Herr Meiß­ner das Unter­neh­men zu neu­er Blüte.

Nach­dem im Dezem­ber des Jah­res 1876 auch Otto Krau­se, der Görlitzer Tuchfabrikjün­ge­re Sohn des Mit­be­grün­ders Carl Fried­rich Krau­se, gestor­ben war, gewann Herr Meiß­ner als kauf­män­ni­scher Mit­ar­bei­ter am 1.4.1877 Herrn Rudolf Scheu­ner. Nach­dem die­ser anfäng­lich als Pro­ku­rist tätig war, wur­de er bald als Teil­ha­ber in das Geschäft auf­ge­nom­men. Herr Scheu­ner, der sich als außer­or­dent­lich begab­ter und tüch­ti­ger Geschäfts­mann erwies, wid­me­te 20 Jah­re hin­durch der Fir­ma sei­ne gan­ze Arbeits­kraft. Gera­de er war es, der es ver­stand, sowohl auf dem inlän­di­schen als auch auf dem sich erschlie­ßen­den aus­län­di­schen Absatz­ge­biet die Fein­tu­che Krau­se und Söh­ne immer mehr ein­zu­füh­ren. Frank­reich, Spa­ni­en, Skan­di­na­vi­en und bald auch Ame­ri­ka zähl­ten zu den bes­ten Abneh­mern. In die­sen Jah­ren glück­li­chen und erfolg­rei­chen Zusam­men­wir­kens erwie­sen sich die bestehen­den Ein­rich­tun­gen bald als unzulänglich.

Eine Erwei­te­rung der maschi­nel­len Anla­ge und damit auch der Fabrik­ge­bäu­de wur­den unum­gäng­lich not­wen­dig. Hier­mitGörlitzer Tuchfabrik ver­bun­den war natür­lich auch die Ver­grö­ße­rung der für jede Tuch­fa­brik beson­ders wich­ti­gen Was­ser­ver­sor­gung. In den Jah­ren 1885 bis 1892 führ­te mit weit­schau­en­dem Blick die­se erfor­der­li­chen Arbei­ten Herr Meiß­ner durch. Beson­ders beach­tens­wert ist dabei die Was­ser­ver­sor­gung. Teil­wei­se wur­de das Was­ser aus der Nei­ße ent­nom­men, teil­wei­se aber einem Brun­nen, der in der Nähe des Kran­ken­hau­ses an der Ber­li­ner Bahn­stre­cke ange­legt wur­de und des­sen Was­ser in ein gro­ßes Reser­voir gelei­tet wur­de, das gegen­über dem Fabrik­ge­bäu­de auf der ande­ren Sei­te des Grü­nen Gra­bens errich­tet wor­den war.

Als Herr Scheu­ner am 1.4.1897 wegen schwe­rer Krank­heit sei­ne Mit­ar­beit auf­ge­ben muss­te, wur­de Herr Rudolf Krau­se, der Sohn Emil Krau­ses, der bereits seit Novem­ber 1894 in der Fir­ma tätig war, zur füh­ren­den Mit­ar­beit beru­fen. Die­ser brach­te eine gründ­li­che tech­ni­sche und kauf­män­ni­sche Aus­bil­dung für sei­ne Stel­lung mit.

Im März 1899 nahm das Unter­neh­men die Form einer Gesell­schaft mit beschränk­ter Haf­tung (GmbH) an, als deren Geschäfts­füh­rer Kom­mer­zi­en­rat Oskar Meiß­ner und Herr Rudolf Krau­se zeich­ne­ten. Der jün­ge­re Bru­der des letz­te­ren, Herr Richard Krau­se, hat­te sich eben­falls dem Tuch­ma­cher­be­ruf gewid­met und eine lang­jäh­ri­ge Fach­aus­bil­dung genos­sen. Die­ser wur­de zur Pro­ku­ra-Zeich­nung betraut und rück­te im Sep­tem­ber des Jah­res 1912 zum Geschäfts­füh­rer auf.

Im Jah­re 1913 konn­ten 400.000 Stück Tuch her­ge­stellt wer­den, was einer Län­ge von etwa 2O Mil­lio­nen Meter ent­spricht. Der begin­nen­de 1. Welt­krieg fand die Fir­ma auf einer ange­se­he­nen Höhe, und ihre Fach­kräf­te hat­ten im In- und Aus­land einen guten Klang und erfreu­ten sich einer guten Nachfrage.

Der Krieg, die Revo­lu­ti­on und die fol­gen- den Infla­ti­ons­jah­re gin­gen nicht spur­los an der Fir­ma Krau­se & Söh­ne vor­über. Wie in jedem Unter­neh­men mach­ten sich auch hier die unheil­vol­len Aus­wir­kun­gen der Jah­re 1914 bis 1923 bemerk­bar. Den­noch aber begann dann die Fir­ma, wenn auch noch gehemmt durch die wirt­schaft­li­chen und poli­ti­schen Schwie­rig­kei­ten der Nach­kriegs­zeit, sich von neu­em zu ent­wi­ckeln. Obgleich der bejahr­te Seni­or­chef, Gehei­mer Kom­mer­zi­en­rat Oskar Meiß­ner, sich von der akti­ven Füh­rung der Geschäf­te zurück­zie­hen muss­te, bleibt er noch bis in die jüngs­te Zeit der treue Rat­ge­ber der bei­den ande­ren Geschäfts­füh­rer Rudolf und Richard Krause.

1931 wer­den von dem Unter­neh­men etwa 250 Arbei­ter und etwa 30 kauf­män­ni­sche und tech­ni­sche Ange­stell­te beschäf­tigt. Die Art der Erzeu­gung ent­spricht der der Ober­lau­sit­zer über­haupt, d. h. es wer­den fei­ne Her­ren­tu­che für Gesell­schafts- und Stra­ßen­be­klei­dung ange­fer­tigt. Das Absatz­ge­biet ist in der Haupt­sa­che Deutsch­land, indes wird auch die Aus­fuhr nach allen Län­dern der Welt, in denen Deutsch­land nach den han­dels­po­li­ti­schen Ver­hält­nis­sen über­haupt Ein­gang zu fin­den ver­mag, gepflegt.

Sei­ner alten Tra­di­ti­on getreu wird das Unter­neh­men auch in den künf­ti­gen Jah­ren zur Grund­la­ge sei­ner Ent­wick­lung den Gedan­ken machen, der die Grün­der vor einem Jahr­hun­dert lei­te­te. Ehr­ba­ren Bür­ger­sinn zu ver­bin­den mit uner­müd­li­chem rast­lo­sem Fortschritt.

Aus der Fir­ma Krau­se & Söh­ne ist die Ober­lau­sit­zer Voll­tuch­fa­brik mit ihren dann 6 Wer­ken her­vor­ge­gan­gen, die die­se bewähr­te Tuch­ma­cher-Tra­di­ti­on bis zu ihrer Abwick­lung mit der Wen­de ab dem Jah­re 1989 fort­ge­schrie­ben hat. Auch ihre Pro­duk­te waren als Export­ar­ti­kel aner­kannt und begehrt.

Wolf­gang Stiller

Die Fotos zei­gen die ehe­ma­li­ge Teich­müh­le, Rothen­bur­ger Stra­ße (Teil­an­sich­ten). In die­sem Objekt wur­de im Jah­re 1837 die ers­te Gör­lit­zer Dampf­ma­schi­ne mit 10 PS in der Fir­ma Gebrü­der Berg­mann und Krau­se instal­liert. Herr Wolf­gang Stil­ler wür­de sich freu­en, wenn ihm jemand (leih­wei­se) wei­te­re Fotos oder ande­re Doku­men­te über die Tuch­fa­brik zur Ver­fü­gung stel­len kann.
Anmer­kung zur Teich­müh­le:
bis 1956 befand sich ın der Teich­müh­le die Spin­ne­rei der Ober­lau­sit­zer Voll­tuch­fa­brık. 1956 gab es einen Tausch. Die Ober­lau­sit­zer Voll­tuch erwarb das Grund­stück auf der Ufer­stra­ße als Werk IV (Mas­sa­ge­län­de), und der dor­ti­ge Holz­ver­ar­bei­tungs­be­trieb zog in die Teich­müh­le Rothen­bur­ger Straße/Ecke Niko­lai­gra­ben. Bis zur poli­ti­schen Wen­de befand sich in die­sem Objekt eine Möbel­fa­brik.
Quel­len:
Aus dem Nach­lass eines ehe­ma­li­gen Web­meis­ters der Ober­lau­sit­zer Voll­tuch Gör­litz, der um 1935/36 bei Krau­se und Söh­ne gelernt hat.
Sie­he auch R. Jecht: Topo­gra­phie der Stadt Gör­litz | Pul­ver­müh­le Sei­ten 726 — 727 l Teich­müh­le Sei­ten 725 – 726 | Tages­zei­tun­gen von 1931
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Über den mitt­ler­wei­le erfolg­ten Abriss der Tuch­fa­brik berich­te­te die “Säch­si­sche Zei­tung” am 19.2.2013 und am 4.4.2013.

Alte Tuchfabrik verschwindet

Alte Tuchfabrik verschwindet

Das Ei

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literaturmuehle von Horst Zie­gert, gebo­ren 1929 in Gör­litz Aus: “Gereim­tes aus dem All­tag”
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung Lite­ra­tur­müh­le Ver­lags­ge­sell­schaft mbH,
93473 Arn­schwang

Der Görlitzer Kreuzweg zur Nachfolge am Karfreitag

Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  93 vom April 2011 einen Auf­satz von Dr. Hans-Wil­helm Pietz über den Gör­lit­zer Kreuz­weg veröffentlicht. 

Bit­te gehen Sie den Weg mit uns in Stil­le.” So heißt es auf dem Blatt mit Lie­dern, Gebe­ten und Hin­wei­sen für den Gör­lit­zer “Kreuz­weg zur Nach­fol­ge am Kar­frei­tag”. Und wenn dann im Schein der Früh­lings­son­ne oder auch unter Schnee­fall oder Regen meh­re­re hun­dert Erwach­se­ne und Kin­der von der Peters­kir­che zum Hei­li­gen Grab zie­hen, kehrt eine ganz eige­ne Samm­lung und Stil­le ein in die Lebens­ge­schich­ten der Teil­neh­men­den und auf den Weg, der sonst von dem so man­nig­fa­chen Erzäh­len, Stöh­nen und Stau­nen des All­tags geprägt ist. Die Erin­ne­rung an das Lei­den und Ster­ben Jesu, die auf dem Kreuz­weg mit Bibel­le­sun­gen und Gebe­ten laut wird, nimmt mit. Ja, das muss einen rich­tig mit­neh­men, was da am Kar­frei­tag einem Unschul­di­gen zuge­mu­tet wur­de und was an jedem Tag so vie­le, vie­le zu tra­gen, aus­zu­hal­ten, zu lei­den haben.

Der “Kreuz­weg zur Nach­fol­ge” ver­bin­det die Teil­neh­men­den mit den Opfern von Unbarm­her­zig­keit, Gewalt und Tod. Und er lässt dem nach­ge­hen, der das Leid getra­gen, die Lieb­lo­sig­keit unter­grif­fen und das Ver­trau­en auf Gott nicht auf­ge­ge­ben hat – selbst in der Got­tes­fins­ter­nis: “Mein Gott, mein Gott, war­um hast du mich ver­las­sen?” Görlitzer KreuzwegIn Gör­litz hat die­ser Weg eine lan­ge Tra­di­ti­on. Dank­bar und wach wird an sie ange­knüpft in jedem Jahr. Ver­mut­lich ist die­ser Kreuz­weg von from­men Pil­gern und den Ein­woh­nern der Stadt schon gegan­gen wor­den, als das Hei­li­ge Grab in Gör­litz am Ende des 15. Jahr­hun­derts als Stät­te der Ein­kehr und des Gebets gebaut wur­de.  Aus Jeru­sa­lem kamen damals nicht nur die Zeich­nun­gen und Plä­ne für die vor den Toren der Stadt errich­te­te Kapel­len­an­la­ge an die Nei­ße. Aus Jeru­sa­lem kam auch jener Aus­druck einer vor allem von den Fran­zis­ka­ner-Mön­chen gepfleg­ten Pas­si­ons­fröm­mig­keit hier­her: Schon die Auf­zeich­nung der letz­ten Woche Jesu im Mar­kus­evan­ge­li­um ist ja so geglie­dert, dass man die Orte und die Zei­ten des Lei­dens­we­ges Jesu Schritt für Schritt auf­su­chen und mit­voll­zie­hen kann. Und in Jeru­sa­lem war ein sol­ches Nach­ge­hen der Pas­si­on Jesu beson­ders im 14. und 15. Jahr­hun­dert das Ziel derer, die aus Ost und West, aus Nord und Süd an den Ort des Lei­dens, Ster­bens und Auf­er­ste­hens Chris­ti gekom­men waren.

Die Sehn­sucht danach, dem mit allen Sin­nen nahe zu sein, das sel­ber zu sehen und zu “bege­hen”, was die Bibel vom Geheim­nis des Todes und der Auf­er­ste­hung Jesu erzählt, gehör­te ja durch lan­ge Zeit hin­durch zu den Lebens­we­gen in Euro­pa. Und wenn sich heu­te wie­der so vie­le auf Pil­ger­we­ge bege­ben, dann klingt dar­in noch etwas von jener Erwar­tung auf, die gera­de auf dem Weg zu einer her­aus­ge­ho­be­nen Andachts­stät­te Erfül­lung des Glau­bens, Erfah­run­gen von selbst­lo­ser Lie­be, eine fes­te Zuver­sicht und Hoff­nung sucht. Figur in der Dreifaltifkeitskirche

In Gör­litz ist die Ent­ste­hung des Hei­li­gen Gra­bes mit sei­ner Adams- und Kreuz­ka­pel­le, mit dem Salb­haus und der Nach­bil­dung des Gra­bes Jesu von Anfang an auf eine geist­li­che Pra­xis, auf einen immer neu zu gehen­den Fröm­mig­keits­weg hin aus­ge­rich­tet gewe­sen. Die Anla­ge ent­stand in einer Umge­bung, die an die hei­li­gen Stät­ten in Jeru­sa­lem erin­ner­te. Auf einem Fried­hof der “ver­lo­re­nen See­len”, auf dem in jener Zeit unge­tauft gestor­be­ne Kin­der, Selbst­mör­der, Namen­lo­se bestat­tet wur­den, errich­te­te man das Hei­li­ge Grab: Zei­chen einer Hoff­nung und eines Glau­bens, die alle Abgren­zun­gen und mensch­li­chen Urtei­le durch­bre­chen. Ein Weg, der mit knapp 1000 Schrit­ten von der Peters­kir­che bis dahin führ­te, erin­ner­te an die “via dolo­ro­sa”, den letz­ten Weg Jesu. Und unmit­tel­bar angren­zend an die Anla­ge des Hei­li­gen Gra­bes ver­wies ein Tal mit einem klei­nen Bach an das Kidron-Tal in Jeru­sa­lem und ein dem­ge­gen­über auf­ra­gen­der Hügel auf den Ort der Anfech­tung und des Gebets Jesu im Gar­ten Geth­se­ma­ne auf dem Ölberg.Heiliges Grab

Am Ende des 15. Jahr­hun­derts mag es ange­sichts die­ser Vor­aus­set­zun­gen einen  zwei-gestaf­fel­ten Kreuz­weg gege­ben haben: Vom Altar in der Adams­ka­pel­le beim Hei­li­gen Grab, wo an das letz­te Abend­mahl Jesu mit sei­nen Jün­gern erin­nert wur­de, ging es am Grün­don­ners­tag über den Ölberg­gar­ten gegen­über zur Peters­kir­che. Dort wur­de dann viel­leicht in der Kryp­ta, wo bis heu­te eine ein­drück­lich gekenn­zeich­ne­te Säu­le auf­fällt, an die Ver­spot­tung und Gei­ße­lung Jesu erin­nert.  Auf der Süd­sei­te der Peters­kir­che konn­te schließ­lich am Kar­frei­tag der Ver­ur­tei­lung Jesu gedacht und der Sta­ti­ons­weg, der dann zur Kreuz­ka­pel­le beim Hei­li­gen Grab führ­te, begon­nen wer­den. Die­ser Gör­lit­zer Kreuz­weg mit 7 Sta­tio­nen hat sei­ne Bedeu­tung durch alle Brü­che und Auf­brü­che, durch alle Ver­än­de­run­gen und Ein­schnit­te der Zeit- und Glau­bens­ge­schich­te hin­durch behalten.

Die Refor­ma­ti­on, die in Gör­litz 1525 ihren Anfang nahm, hat wohl deut­lich vor Augen gestellt, dass die Teil­nah­me an einem sol­chen Kreuz­weg kein “from­mes Werk“ sein kann, mit dem man sich bei Gott gleich­sam etwas “ver­dient”. Sie hat sei­ne Bedeu­tung als Hil­fe zur Erin­ne­rung, als Ein­übung in die Nach­fol­ge Jesu, als Weg des Betens und Schwei­gens und Sin­gens aber nicht aufgegeben.

Ein immer wie­der abge­druck­ter Gör­lit­zer Kup­fer­stich aus dem Jahr 1719 belegt ein­drück­lich die gän­gi­ge Pra­xis des Kreuz­we­ges mit 7 Sta­tio­nen. Er bil­det auch heu­te die Mit­te des geist­li­chen Lebens in der Woche zwi­schen dem Sonn­tag Pal­ma­rum und dem Oster­fest. Vom Mon­tag nach Pal­ma­rum bis zum Grün­don­ners­tag wird jeweils um 17.00 Uhr in der Adams­ka­pel­le beim Hei­li­gen Grab Andacht gehal­ten. Dann beginnt am Kar­frei­tag um 13.30 Uhr in der Kryp­ta der Peters­kir­che der Kreuz­weg. Sei­ne Abschnit­te und The­men sind ganz an der bibli­schen Über­lie­fe­rung orientiert.

Prozession | Foto: Sächsische ZeitungSei­ne Sta­ti­on 1 “Jesus wird zum Tode ver­ur­teilt” führt vor das Süd­por­tal der Peters­kir­che. An deren Süd-West-Ecke wird dar­an erin­nert, wie Jesus sein Kreuz auf sich nimmt (Sta­ti­on 2).Die 3. Sta­ti­on “Simon von Kyre­ne hilft Jesus, das Kreuz nach­zu­tra­gen” hat vor dem Niko­lai­turm ihren Platz. Eine Stär­kung mit Trä­nen­brot, die ein Motiv aus den Psal­men auf­nimmt, erfolgt an der 4. Sta­ti­on beim “Jesus-Bäcker“. Durch die Lunitz führt der Kreuz­weg zur Sta­ti­on 5 “Jesus ermahnt die Frau­en von Jeru­sa­lem“. Nach die­ser heu­te auch durch eine musi­ka­li­sche Ver­tie­fung der Kla­ge der Frau­en cha­rak­te­ri­sier­ten Sta­ti­on geht es zum Gelän­de des Hei­li­gen Gra­bes.  An des­sen Ein­gang befin­det sich die 6. Sta­ti­on “Jesus wird sei­ner Klei­der beraubt”. Der Kreuz­weg mün­det schließ­lich mit sei­ner 7. Sta­ti­on in die Andacht zur Todes­stun­de Jesu vor der Kreuz­ka­pel­le am Hei­li­gen Grab um 15.00 Uhr. Ostern3bNach die­ser Andacht, die dem Ster­ben und Tod Jesu gilt, schweigt alles Sin­gen, alles über­flüs­si­ge Reden, schwei­gen auch die Glo­cken bis zum Oster­fest. Sei­ne Fei­er beginnt in Gör­litz mit der Andacht zur Gra­bes­ru­he Chris­ti am Kar­sams­tag um 18.15 Uhr. Sie gilt dem Geheim­nis des Gan­ges Jesu zu den Ver­lo­re­nen. “Hin­ab­ge­stie­gen in das Reich des Todes” heißt es dazu als ein Hoff­nungs­wort im apos­to­li­schen Glau­bens­be­kennt­nis. Am Oster­mor­gen um 6.00 Uhr schließ­lich führt die Andacht der Frau­en am lee­ren Grab zur Freu­de an der Auf­er­ste­hung Jesu, zur Freu­de am Sieg des Lebens. Alle, die zuvor ihren Weg “in Stil­le“ zu gehen hat­ten und gehen konn­ten, brin­gen dann vom Hei­li­gen Grab aus den Ruf in die Stadt und die Welt: “Der HERR ist auf­er­stan­den. Er ist wahr­haf­tig auf­er­stan­den. Halleluja”.
Autor:
Dr. Hans-Wil­helm Pietz, 2011
Nach­druck
Text und Bil­der mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Kinder aus Wilhelmsburg im Jahre 1962

Manch­mal hebe ich mir Zei­tun­gen auf, um spä­ter dar­in zu stö­bern. Wenn ich dann die Zei­tung nach eini­ger Zeit wie­der in die Hand neh­me, wun­de­re ich mich, was alles so pas­siert und in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist.  
Sturmflut 1962

Heu­te habe ich mir wie­der einen Sta­pel Nord­see-Zei­tun­gen geschnappt und dar­in gestö­bert. Dabei hat mich das obi­ge Bild gefes­selt. Ich habe die Klei­dung der jun­gen Men­schen betrach­tet und an mei­ne eige­ne Kind­heit gedacht. Eini­ge der Jun­gen waren damals in mei­nem Alter. Auch ich trug in der kal­ten Jah­res­zeit eine Pudel­müt­ze, eine Jacke und Schnürstiefel. 

Eines aller­dings unter­schied mich von der Schar auf dem Bild – ich habe die ent­setz­li­che Sturm­flut­nacht im Febru­ar 1962 nicht mit­er­le­ben müs­sen. Damals wohn­te ich im siche­ren Hin­ter­land.  So fröh­lich, wie eini­ge in die Kame­ra geschaut haben, war ihnen bestimmt nicht zumu­te. Im Alter zwi­schen fünf und 17 Jah­ren waren die 47 Kin­der aus dem Ham­bur­ger Stadt­teil Wil­helms­burg, die sich ein paar Wochen nach der Schre­ckens­nacht erho­len durf­ten. Auf Ein­la­dung der Stadt Bre­mer­ha­ven durf­ten sie für drei Wochen in der Jugend­her­ber­ge Wüs­te­wohl­de die schlim­men Stun­den vergessen.