Eines Tages werden wir alt sein….

Die 21-jäh­ri­ge Bre­me­rin Julia Engel­mann wur­de qua­si über Nacht zur Stim­me einer gan­zen Gene­ra­ti­on. Sie lan­de­te vor weni­gen Wochen auf dem Video­por­tal You­tube einen Hit, der mitt­ler­wei­le schon über fünf Mil­lio­nen Mal abge­ru­fen wurde. 

Park- und Gartenstadt Görlitz – Folge 2

Eine Serie wid­met der Deich­SPIE­GEL den Parks und Grün­an­la­gen in Gör­litz damals und heu­te. Die Monats­zeit­schrift Stadt­BILD hat in ihrer Aus­ga­be Nr.  80 vom Febru­ar 2010 einen Auf­satz von Herrn H.-D. Mül­ler über den “Park des Frie­dens” veröffentlicht:

Stadtplan

Nach Süd­wes­ten hin vom Stadt­park gese­hen, unweit des Grenz­über­gan­ges mit der Stadt­brü­cke, ent­lang der Brü­cken­stra­ße zur Pro­me­na­de, erreicht man den heu­ti­gen “Park des Frie­dens”. Die­ser Park ist mit sei­nen 2,1 Hekt­ar ein klei­ner Park. Er hat eine beweg­te Geschich­te der Ent­ste­hung. Bis ins 19. Jahr­hun­dert gab es Gar­ten­par­zel­len Gör­lit­zer Bür­ger, die der Tuch­ma­cher Ernst Geiß­ler auf­kauf­te. Bereits zu die­ser Zeit soll die um einen Teich mit Fuß­gän­ger­brü­cke gestal­te­te Parka­nalage den Bür­gern zum Besuch offen gestan­den haben.

Der Teich mit einer Fon­tä­ne wur­de nach dem 2. Welt­krieg zuge­schüt­tet. 1904 wur­de die Anla­ge ver­kauft, danach erwarb der Schirm­sei­de-Fabri­kant und Gehei­me Kom­mer­zi­en­rat Otto Mül­ler (1829 – 1908) das Gelän­de. Er bewohn­te mit sei­ner Fami­lie die Vil­la Schüt­zen­stra­ße 8. Für sei­ne Ver­diens­te um die Stadt erhielt er 1905 den “Roten-Adler-Orden IV. Klas­se” ver­lie­hen.

Im Zen­trum des Parks ist nicht zu ver­ges­sen das Denk­mal des preu­ßi­schen Gene­ral­feld­mar­schalls und Poli­ti­kers Albrecht Graf von Roon (1803 – 1879). Einst war die­ses Denk­mal 1895 auf dem Wil­helms­platz ein­ge­weiht wor­den. Die­ses schuf wie­der­um Johan­nes Pfuhl. 1859 war er Kriegs­mi­nis­ter und 1873 erfolg­te die Beru­fung als Minis­ter­prä­si­dent. A. v. Roon hat­te sei­nen Ver­dienst bei der Vor­be­rei­tung und Voll­endung der Reichs­ei­ni­gung mit Otto von Bis­marck (1815 – 1895) und Hel­muth v. Molt­ke (1800 – 1891). Den Alters­sitz fand er in Krobnitz bei Gör­litz, wo er auch im Fami­li­en­grab bei­gesetzt wurde.

1945 war der Hun­ger ein stän­di­ger Beglei­ter, vor allem für die her­an­wach­sen­de Jugend in Gör­litz. Erschwert wur­de dies nach dem 2. Welt­krieg durch den nicht enden­den Flücht­lings­strom in der Stadt öst­lich der Nei­ße. Ein Mit­glied der Roten Armee ver­teil­te Brot an die Kin­der der Blu­men­stra­ße und des Mühl­wegs im Park.

Die Umbe­nen­nung in “Park des Frie­dens” mit Kund­ge­bung fand am 1. Sep­tem­ber 1957 aus Anlass des Welt­frie­dens­ta­ges statt.

Geht man vom Stadt­park zur Lou­is-Braille-Stra­ße (einst Schmidt­stra­ße – so benannt 1855) links­sei­tig, erblickt man in der Ein­mün­dung zum Park einen spitz­wink­li­gen Stein aus der ehe­ma­li­gen Berz­dor­fer Braunkohlengrube.

Jacob-Böhme-Denkmal

1972 wur­de das ursprüng­lich als Brun­nen kon­zi­pier­te Denk­mal Jacob Böh­mes (1575 – 1624) von der Stadt­brü­cke in die­sen Park umge­setzt, da es an der alten Stel­le dem Bau der Grenz­an­la­ge im Wege stand. Die Bron­ze­sta­tue wur­de 1898 in Lauch­ham­mer gegos­sen, und das Brun­nen­be­cken ist heu­te mit Erde auf­ge­füllt und bepflanzt. Seit 1997 erstrahlt die Sta­tue wie­der in neu­em Glanz. Die Bän­ke an die­sem denk­mal­la­den zum Ver­wei­len ein und bie­ten einen Blick auf die schö­ne Parkanlage.

Denkmal Jacob Böhme

Jacob Böh­me war Phi­lo­soph und kam bereits als 24jähriger Schuh­ma­cher­meis­ter nach Gör­litz. Er war wegen sei­ner mys­ti­schen – spe­ku­la­ti­ven Theo­lo­gie Angrif­fen und Publi­ka­ti­ons­ver­bot sei­tens der ortho­do­xen Geist­lich­keit aus­ge­setzt. Sei­ne ers­te Schrift war “Mor­gen­rö­te im Auf­gang” 1613. Er ver­fass­te eine Anzahl wei­te­rer Schrif­ten. Er wur­de auf dem Niko­lai­fried­hof bei­gesetzt. Erst 1922 erhielt sei­ne Grab­stel­le die heu­ti­ge Gestalt.

Park­an­la­gen sol­len für Eltern und Kin­der nicht nur die Mög­lich­keit der Ent­span­nung bie­ten son­dern auch das Ken­nen­ler­nen ande­rer Fami­li­en die­ser Gegend.

Text mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Stadt­BILD-Ver­la­ges Görlitz

Sanierungsarbeiten am Görlitzer Jugendstilkaufhaus

Im Sep­tem­ber 2013 habe ich dar­über geschrie­ben, dass der Lübe­cker Unter­neh­mer Win­fried Stö­cker das denk­mal­ge­schütz­te Gör­lit­zer Jugend­stil­kauf­haus erwor­ben hat, um es wie­der als Kauf­haus zu nut­zen. Am Diens­tag berich­te­te die Säch­si­sche Zei­tung in ihrer Gör­lit­zer Aus­ga­be über den Fort­schritt der Arbei­ten am Kaufhaus.

Jugendstilkaufhaus Görlitz

Bis­her waren die Fens­ter des Kauf­hau­ses ver­klei­det, um die Waren vor dem Tages­licht zu schüt­zen. Die Gör­lit­zer ken­nen ihr Kauf­haus eigent­lich nur abge­dun­kelt und indi­rekt beleuch­tet. Das soll jetzt aber anders wer­den. Der neue Inves­tor Win­fried Stö­cker setzt auf Tageslicht.

Bau­ar­bei­ter haben die Fens­ter­ver­klei­dun­gen bereits ent­fernt und sind damit beschäf­tigt, das Haus zu ent­ker­nen. Alle Ein­bau­ten müs­sen demon­tiert wer­den: Rega­le, Lam­pen, Kabel, Heiz­kör­per, Roh­re. Unter­stützt wer­den sie dabei von dem Haus­meis­ter, der schon so lan­ge hier beschäf­tigt ist, dass er eigent­lich selbst zum Inven­tar gehört. Er betreu­te das Kauf­haus als es noch Kar­stadt hieß, und auch zu Her­tie-Zei­ten woll­te nie­mand auf ihn ver­zich­ten. Der Mann kennt jedes Kabel und jeden Schalter.

Alles, was im frü­he­ren Waren­haus nicht mehr gebraucht wur­de, lan­de­te irgend­wann im Dach­ge­schoss. Der gan­ze Müll wur­de ent­fernt. Und ein Stock­werk tie­fer haben die Arbei­ter die Tro­cken­bau­wän­de aus­ge­baut. Noch gibt es kei­ne Plä­ne, wie die Raum­auf­tei­lung in Zukunft aus­se­hen wird. Wahr­schein­lich wer­den hier Büros eingerichtet.

Zur Zeit wird das denk­mal­ge­schütz­te Gebäu­de digi­tal ver­mes­sen, am Com­pu­ter ent­ste­hen dann die Bau­zeich­nun­gen. Bis Ende Juni soll der Umbau- und Sanie­rungs­an­trag dem Gör­lit­zer Bau­auf­sichts­amt zur Geneh­mi­gung vor­lie­gen. Der Denk­mal­schutz ist aber bereits jetzt vor Ort und über­wacht die Arbei­ten. Natür­lich ist es nicht immer ein­fach, den Urzu­stand wie­der­her­zu­stel­len. Das Haus ist mehr als 100 Jah­re alt, vie­le Mate­ria­len gibt es heu­te nicht mehr.

Der Inves­tor hat für die Sanie­rung des künf­ti­gen “Kauf­hau­ses der Ober­lau­sitz” (KdO) etwa 20 Mil­lio­nen Euro ein­ge­plant. Die Hälf­te der Sum­me soll in einen Anbau mit moder­nen Auf­zü­gen und Roll­trep­pen flie­ßen. Im Unter­ge­schoss ist ein Lebens­mit­tel­markt geplant, unter der Glas­kup­pel ganz oben ein Café.
Quel­le:
Säch­si­sche Zei­tung vom 18.02.2014

Die ehemalige Kaiserstraße in alten und neuen Ansichten – Teil 2

Eine Serie wid­met der Deich­SPIE­GEL der “ehe­ma­li­gen Kai­ser­stra­ße in alten und neu­en Ansich­ten”. Dank vie­ler Freun­de in Face­book, die mich mit alten Bil­dern und Anek­do­ten unter­stüt­zen, kann ich Euch heu­te ein paar Moti­ve aus der Kaiserstraße/Ecke Am Git­ter zeigen.

ehemaligen Kaiserstraße

Grund und Boden waren natur­ge­mäß knapp in Bre­mer­ha­ven, der Wohn­raum war noch knap­per. Also errich­te­ten die Bau­her­ren auf nur 500 qm gro­ßen Grund­stü­cken fünf­ge­schos­si­ge Häu­ser mit mög­lichst vie­len Woh­nun­gen. Das Erd­ge­schoss blieb meis­tens einem Laden­ge­schäft oder einer Gast­stät­te vor­be­hal­ten. Die eng­ge­staf­fel­ten Häu­ser erin­ner­ten an Miets­ka­ser­nen, wie sie seit den Grün­der­jah­ren in Ber­lin oder Ham­burg üblich waren. An der Unter­we­ser jedoch kann­te man sol­che Wohn­ver­hält­nis­se bis­her nicht.

Zur Stra­ße hin glänz­ten die Fas­sa­den meist mit üppi­gem Stuck. Zwi­schen den Häu­sern befan­den sich aus feu­er­schutz­grün­den Licht­schäch­te. Und hin­ter den Fas­sa­den sah es rich­tig trost­los aus. Düs­ter Trep­pen­häu­ser und kal­te Hin­ter­hö­fe bil­de­ten die Tris­tesse für die Mieter.

In die­ser wil­hel­mi­ni­schen Zeit ent­stan­den nicht nur die Häu­ser in der Stra­ße Am Git­ter. Auch die fol­gen­de Post­kar­te mit einem Motiv der Kai­ser­stra­ße im Hin­ter­grund stammt aus der Kai­ser­zeit. Der Spruch dar­auf ver­deut­licht die Ein­nah­me­quel­le der meis­ten Geschäftsanlieger.

ehemaligen Kaiserstraße

Wie es in einer Hafen­stadt üblich ist, besuch­ten vor allem See­leu­te die vie­len Knei­pen, Cafés und Restau­rants. In einem Café gab es sogar schon einen Bil­lard­tisch. Doch auch Bre­mer­ha­ven konn­te der “schwe­ren Zeit” nicht ent­flie­hen: 1928 war die Zahl der Gast­wirt­schaf­ten auf zehn zusammengeschrumpft.

ehemaligen Kaiserstraße

Aber trotz allem, die Bre­mer­ha­ve­ner wohn­ten ger­ne in “ihrer” Kai­ser­stra­ße. Auch wenn sie nach 1945 umge­tauft wur­de. Irgend­je­mand woll­te nicht mehr, dass der Kai­ser in Bre­mer­ha­ven eine eige­ne Stra­ße hat. Schließ­lich hat­te “Wil­helm Zwo” sei­nen Krieg ver­lo­ren und war auch schon seit 1941 tot. Also weg mit allem, was preu­ßisch war. Nur einen Ersatz­na­men hat­te auch nie­mand parat. So nann­te man sie eben Bür­ger­meis­ter-Smith-Stra­ße – als Ver­län­ge­rung der schon bestehen­den Bürgermeister-Smith-Straße.

ehemaligen Kaiserstraße

Für einen Zuge­reis­ten kaum zu ver­ste­hen! Aber viel­leicht bekommt die Stra­ße ja irgend­wann wie­der einen ande­ren Namen, schließ­lich moch­te der Bür­ger­meis­ter von Bre­men die Juden nicht und woll­te sie auf kei­nen Fall in sei­ner neu­en Stadt Bre­mer­ha­vens dul­den.  Bestimmt kommt dem­nächst irgend­ein Poli­ti­ker auf die Idee, den Namen Smidt auszuradieren.

ehemaligen Kaiserstraße

Den Bewoh­nern der Kai­ser­stra­ße, wie vie­le Anwoh­ner der “alten Bür­ger” ihre Stra­ße heu­te noch nen­nen, also den Leu­ten in der Kai­ser­stra­ße ist das alles eigent­lich schie­te­gal. Sie füh­len sich wohl in die­sem Quar­tier wie eh und je.

ehemaligen Kaiserstraße

Auch nach­dem die Deut­schen wie­der ein­mal einen Krieg ver­lo­ren haben, blieb man in der Kai­ser­stra­ße woh­nen. Man rück­te etwas zusam­men und nahm die aus­ge­bomb­ten Bür­ger aus Geest­e­mün­de bei sich auf. Und das Leben ging weiter.

ehemaligen Kaiserstraße

Wer hier leb­te, wer hier auf­wuchs, der hat­te alles “um die Ecke” was man zum täg­li­chen Leben so benö­tigt. Ein Leser des “Deich­SPIE­GEL” zähl­te mir auf, was es hier in der Kai­ser­stra­ße in der Nähe Am Git­ter alles gab. Hier gab es Lebens­mit­tel­ge­schäf­te, Spiel­zeug­wa­ren, Ärz­te und Apo­the­ken, einen Fri­seur und eben Knei­pen. Man muss­te sein Vier­tel eigent­lich nicht ver­las­sen, und man kann­te sich. Es gab noch eine Nachbarschaft.

Quel­len:
diealtebuerger.de

 

Die Fährstraße in alten und neuen Ansichten

Die Fähr­stra­ße in alten und neu­en Ansichten

1827 kauf­te Bre­men von Han­no­ver ein Gebiet an der Weser­mün­dung, das Bre­mer­ha­ven genannt wur­de. Die wich­tigs­te  Ver­bin­dung nach Geest­en­dorf war die Fähr­stra­ße. Die Stra­ße bekam ihren Namen zur Erin­ne­rung an die eins­ti­ge Prahm­fäh­re, mit der man bis 1857 das ande­re Ufer der Gees­te errei­chen konn­te.Die Fährstraße in alten und neuen AnsichtenAls 1857 die ers­te Geest­e­brü­cke gebaut wur­de, ver­schwand die Fäh­re aus der Fluss­land­schaft. Der Name Fähr­stra­ße jedoch wur­de bei­be­hal­ten.Die Fährstraße in alten und neuen AnsichtenWer vom Theo­dor-Heuss-Platz (ehe­ma­li­ger Markt­platz) nach Geest­e­mün­de gelan­gen will, benutzt noch heu­te die­se uralte Ver­kehrs­ver­bin­dung über die Fähr­stra­ße und die im Jah­re 1904 gebau­te Geestebrücke.

Um 1900 die Bremerhavener Fährstrasse

Die Fähr­stra­ße ist nicht sehr lang und prä­sen­tiert sich dem heu­ti­gen Besu­cher als unschein­ba­re Stra­ße. Von der Grün­der­zeit bis min­des­tens  zur Wen­de vom 19. zum 20. Jahr­hun­dert herrsch­te hier aber ein beson­ders leb­haf­tes Geschäfts­le­ben. Noch 1906 soll es in jedem der 26 Häu­ser, die die Fähr­stra­ße besäum­ten, ein oder meh­re­re Geschäf­te, Gast­wirt­schaf­ten, Hand­werks­be­trie­be und Waren­häu­ser gege­ben haben.

Bremerhavener Fährstrasse mit Geesteufer

Die­se Post­kar­ten­idyl­le ende­te jäh in der Bom­ben­nacht des 18. Sep­tem­ber 1944. Es war ein strah­lend schö­ner und war­mer Som­mer­tag, der für eine Wei­le alles Krie­ge­ri­sche ver­ges­sen zu machen schien. Nie­mand ahn­te, dass die kom­men­de Nacht zum Schick­sal für Geest­e­mün­de und Alt-Bre­mer­ha­ven wer­den soll­te. Eigent­lich blieb als ein­zi­ge grö­ße­re Stra­ße nur die Kai­ser­stra­ße von der Ver­nich­tung ver­schont. Auch in der Fähr­stra­ße blieb kein Stein auf dem anderen.

1949 Fährstrasse Bremerhaven

Den Flücht­lin­gen aus Geest­e­mün­de war der Weg über die Gees­te ver­sperrt. Nie­mand konn­te die Brü­cke betre­ten, da sogar der Boden­be­lag voll in Flam­men stand. Und auch sämt­li­che Häu­ser­zei­len an der Fähr­stra­ße und am Torf­platz brann­ten lich­ter­loh. Selbst die unmit­tel­bar an der Brü­cke gele­ge­ne Direk­ti­ons-Vil­la der See­beck­werft und auch die dar­an anschlie­ßen­den umfang­rei­chen Dock­an­la­gen der Werft blie­ben nicht verschont.

Auch auf der Geest­e­mün­der Sei­te bil­de­ten die lang­ge­streck­ten Schup­pen fluss­ab­wärts ein ein­zi­ges Flam­men­meer. Selbst die am Ufer in lan­ger Rei­he lie­gen­den Fisch­kut­ter und sons­ti­gen Fahr­zeu­ge, ein­schließ­lich des Fähr­damp­fers und des Fähr­hau­ses wur­den ein Raub der Flam­men. Als die Bre­mer­ha­ve­ner und die Geest­e­mün­der mit dem Auf­räu­men began­nen, ris­sen sie vie­le alte Häu­ser gleich mit ab, um für Neu­bau­ten Platz zu schaffen. 

Die Woh­nungs­not ließ wohl auch kei­ne ande­re Wahl. Bis in die Kai­ser­stra­ße ström­ten die ihres Obdach beraub­ten Bür­ger, um dort irgend­ei­nen Unter­schlupf zu fin­den. Es begann die Zeit, an der sich vie­le älte­re Mit­bür­ger sicher­lich noch erin­nern kön­nen. Es war eine Zeit, in der man an den Woh­nungs­tü­ren 3, 4 oder gar 5 Namens­schil­der und den Zusatz „3mal“ oder „4mal klin­geln“ fand.

1960 Fährstrasse

Das beeng­te Zusam­men­le­ben in den Alt­bau­woh­nun­gen brach­te gro­ße Schwie­rig­kei­ten und locker­te sich erst all­mäh­lich nach dem Wie­der­auf­bau in den 50er Jahren.
Die Fährstraße in alten und neuen AnsichtenDer Schutt wur­de weg­ge­räumt, die Stra­ßen­bahn eini­ge Jah­re spä­ter gleich mit. Groß und hell aber mit kal­ter aus­tausch­ba­rer Archi­tek­tur emp­fängt die Fähr­stra­ße die vie­len Autos und die weni­gen Pas­san­ten. Nichts erin­nert mehr an die Schre­cken des Krie­ges. Und an die Stra­ßen­bahn und die schö­nen Häu­ser aus der Grün­der­zeit auch nicht. Es ist ein neu­es Zeitalter! 
Quel­len:
P. Raap: Die Bre­mer­ha­ve­ner Stadt­mit­te aus der Luft, Nie­derd. Hei­mat­blatt Nr. 745 01/2012
H. Klop­pen­burg: Die Kata­stro­phen-Nacht von Bremerhaven
E. Sjö­vall: Die Kai­ser­stra­ße- Eine Stra­ße erzählt
juwi’s welt: Ein stäh­ler­nes Bau­denk­mal in Aktion

Der Wohnwasserturm von Wulsdorf

Der Wohn­was­ser­turm von Wulsdorf

In mei­ner Rei­he “Was­ser­tür­me“ möch­te ich Euch heu­te den Wohn­was­ser­turm von Wuls­dorf vor­stel­len. An die­ser Stel­le bedan­ke ich mich für die freund­li­che Unter­stüt­zung von Herrn Dr. Jens U. Schmidt. Soll­tet Ihr Lust auf mehr Infor­ma­tio­nen zu den Was­ser­tür­men bekom­men haben, schaut Euch doch mal die Home­page Archiv deut­scher Was­ser­tür­me an. Der Wohnwasserturm von WulsdorfWenn man auf der Weser­stra­ße fährt, sieht man ihn schon von Wei­tem – den im Jah­re 1927 erbau­ten Wohn­was­ser­turm von Wuls­dorf, erbaut nach den Plä­nen des Weser­mün­der Stadt­bau­ra­tes Dr. Wil­helm Kunz.Der Wohnwasserturm von WulsdorfEs gibt in Deutsch­land nicht vie­le Wohn­was­ser­tür­me. Doch als in den 1920er Jah­ren der Fische­rei­ha­fen erheb­lich aus­ge­baut wur­de, stieg einer­seits der Was­ser­be­darf rapi­de an, ande­rer­seits war zu jener Zeit die Woh­nungs­not in Weser­mün­de groß. Den Was­ser­turm mit neu­em Wohn­raum zu ver­bin­den lag da nahe. Die Über­le­gun­gen, im Erd­ge­schoss eine Turn­hal­le ein­zu­bau­en, wur­den aber nicht wei­ter ver­folgt.Schnittzeichnung vom Wulsdorfer WohnwasserturmDer Magis­trat der Stadt Weser­mün­de ließ den 33 Meter hohen Turm in Stahl­be­ton-Ske­lett­bau­wei­se von der Bau­fir­ma Paul Kos­sel & Cie., Beton- und Eisen­be­ton­bau, Weser­mün­de errich­ten. Das recht­ecki­ge Gebäu­de wur­de mit einem Zie­gel­mau­er­werk ver­klei­det. Die Bau­ar­bei­ten dau­er­ten vom 16. August 1926 bis zum 29. Okto­ber 1927, die Bau­kos­ten betru­gen 420 000 Reichsmark.

Der Wohn­was­ser­turm ist 25,25 Meter lang, 13,50 Meter breit und 32,74 Meter hoch. Dem Gebäu­de sind zwei 2,42 Meter tie­fe Trep­pen­häu­ser  vor­ge­la­gert. Das Kel­ler­ge­schoss hat eine Höhe von 2,70 Meter.Der Wohnwasserturm von WulsdorfDas Erd­ge­schoss und das ers­te, zwei­te und drit­te Ober­ge­schoss sind jeweils 3 Meter hoch. Es folgt ein vier­tes Ober­ge­schoss mit einer Höhe von 2,95 Meter und ein fünf­tes mit einer Höhe von 2,60 Meter. Das sechs­te Ober­ge­schoss mit einer Höhe von 3,36 Meter bil­det den Tropf­bo­den. Das 10,35 Meter hohe Behäl­ter­ge­schoss bil­det den Abschluss. Über allem ragt eine schmuck­voll gemau­er­te 1,85 Meter hohe Brüs­tung.Grundriss der Wohnungen im Wulsdorfer WasserturmZwei Trep­pen­häu­ser tei­len den Turm in eine rech­te und eine lin­ke Hälf­te. Zwi­schen den Trep­pen­häu­sern befin­det sich ein recht­ecki­ger Instal­la­ti­ons­schacht, in dem sich die Zu- und Ablei­tun­gen befin­den. Die rech­te und die lin­ke Geschoss­hälf­ten bie­ten Platz für jeweils eine Drei- und eine Zwei­zim­mer­woh­nung mit Küche, Die­le, Bad, Vor­raum und Spei­se­kam­mer. Ins­ge­samt ste­hen in den fünf Wohn­ge­schos­sen also 20 Woh­nun­gen zur Ver­fü­gung. Das sechs­te Geschoss dient als Tro­cken­bo­den und Waschküche.

Steigt man die Wen­del­trep­pe ins Behäl­ter­ge­schoss hin­auf, seht man vor den zwei 8 Meter hohen zylin­dri­schen Was­ser­be­häl­tern aus Eisen­be­ton, deren Durch­mes­ser 11,55 beträgt. Zusam­men haben sie ein Fas­sungs­ver­mö­gen von 1 500 Kubik­me­ter Wasser.

Der Wuls­dor­fer Wohn­was­ser­turm, das ers­te Hoch­haus an der Unter­we­ser, galt mit sei­nem expres­sio­nis­ti­schen Stil in den 1920er Jah­ren gera­de­zu als avant­gar­dis­tisch und ist mit sei­ner aus­drucks­star­ken Archi­tek­tur Vor­bild für den Preet­zer Was­ser­turm gewe­sen. Seit 1978 steht er unter Denk­mal­schutz. 1996 ver­lor er dann sei­ne Auf­ga­be als Was­ser­turm, die Woh­nun­gen aber sind nach wie vor bewohnt.
Quel­le:
Jens U. Schmidt Was­ser­tür­me in Bre­men und Hamburg
240 Sei­ten (Paper­back Fadenheftung)
Regia-Ver­lag | 19,80 Euro
ISBN 978–3‑86929–190‑1

Der unehrbare Beruf eines Scharfrichters in Görlitz

Da wie­der viel über die Geschich­te des Scharf­rich­ters in Gör­litz und auch über den früh­mo­der­nen Stän­de­staat am Diens­tag, 11. Febru­ar 2014, um 17 Uhr  im Rats­ar­chiv zu erfah­ren ist, möch­te ich die Inter­es­sier­ten unter Euch mit die­sem  Bei­trag kurz auf das The­ma einstimmen.

Das blu­ti­ge Gewer­be des städ­ti­schen Hen­kers erweck­te schon immer aus den ver­schie­dens­ten Grün­den ein Inter­es­se bei einem brei­ten Publi­kum. Aller­dings erfährt aus den Gör­lit­zer Akten, dass die Auf­ga­be des Hen­kers nur zu einem klei­nen Teil so schreck­li­che Ver­rich­tun­gen wie pein­li­che Befra­gun­gen (Fol­ter), Lei­bes­stra­fen oder Hin­rich­tun­gen aus­mach­ten. Sein Brot­er­werb ver­dien­te er sich haupt­säch­lich damit, totes Vieh aus der Stadt und dem Umland zu schaf­fen. Die Fel­le, Kno­chen (Leim) und das Fett (Unschlitt­ker­zen = Ker­zen aus min­der­wer­ti­gem Talg) durf­te er verwerten.

Auch war er dafür ver­ant­wort­lich, dass sei­ne Gehil­fen aus den Gas­sen alles  “Unge­zie­fer und alle stin­ken­den Mate­ri­en“ weg­schaf­fen und die Abtrit­te auf dem Rat­haus räu­men. Aber der Scharf­rich­ter war auch “Hun­de­schla­ger”. Her­um­streu­en­de Hun­de fing er ein, erschlug sie und mach­te “Hun­de­schmalz” aus ihnen, eine Sal­be für hin­ken­de Pfer­de, die ihn einen guten Zuver­dienst einbrachte.

Der bekann­tes­te Gör­lit­zer Scharf­rich­ter war wohl der von 1602 – 1694 leben­de Lorenz Straß­bur­ger. Durch sei­nen täg­li­chen Umgang mit Tie­ren hat er sich umfang­rei­che ana­to­mi­sche Kennt­nis­se ange­eig­net, die ihn zu einem aus­ge­zeich­ne­ten Bar­bier und Chir­urg befä­hig­ten. Und den­noch, der Sta­tus des Scharf­rich­ters blieb der eines uneh­ren­haf­ten Beru­fes, der gesell­schaft­lich auf der unters­ten Stu­fe ange­sie­delt war. Er muss­te einen grün gefärb­ten Hut tra­gen, Zutritt zu Wein­kel­ler und Bier­häu­ser blie­ben ihm versagt.

Vor 370 Jah­ren aber geschah etwas noch nie Dage­we­se­nes. Der 1592 gebo­re­ne Scharf­rich­ter Valen­tin Küh­ne – auch er war ein her­vor­ra­gen­der Arzt — starb ab 13. Febru­ar 1644. Sein Leich­nam wur­de im Scharf­rich­ter­haus am Fins­ter­tor auf­ge­bahrt. Anschlie­ßend wur­de er in einer Begräb­nis­pro­zes­si­on, ange­führt von den Gym­na­si­as­ten, durch Gör­litz geführt. Vie­le Hand­wer­ker und Rats­die­ner wie­sen dem Ver­bli­che­nen ihre Ehre, indem sie dem Sarg folg­ten. Auch zahl­rei­che frem­de Scharf­rich­ter in kost­ba­ren Män­teln befan­den sich im Trau­er­zug, der sich zur Klos­ter­kir­che beweg­te, wo der Ober­pfar­rer eine fei­er­li­che Lei­chen­pre­digt hielt.

Eigent­lich war die­ser Vor­gang unge­heu­er­lich. Doch die Wit­we des Ver­stor­be­nen hat den Stadt­rat ersucht, die Pro­zes­si­on zu erlau­ben. Und tat­säch­lich, der Rat gestat­te­te erst­mals einen bür­ger­li­chen Trau­er­zug für einen Mann mit einem als unehr­bar gel­ten­den Beruf. Dass vor und nach der Pre­digt an der Kir­chen­tür gesun­gen wird und das die Waa­ge­knech­te wie bei ehr­ba­ren Bür­gern den Sarg tra­gen, die­se Bit­ten wur­den aller­dings nicht erfüllt.

Beson­ders die außer­or­dent­li­che Kunst der Scharf­rich­ter Valen­tin Küh­ne und Lorenz Straß­bur­ger als Wund- und Ross­ärz­te mach­ten sie beim Adel und  ver­mö­gen­den Bür­ger­tum sehr beliebt. Aber obgleich bei­de sehr ver­mö­gend waren, hät­te kein Hand­wer­ker sei­nen Kin­dern gestat­tet, sich mit dem Kind eines Scharf­rich­ters zu ver­mäh­len. So blieb es nicht aus, dass sich in Sach­sen, Schle­si­en, Böh­men und der Ober­lau­sitz eine enge fami­liä­re Dynas­tie der Scharf­rich­ter herausbildete.
Quel­len:
Rats­ar­chi­var Sieg­fried Hoche vom Rats­ar­chiv Görlitz

Hen­ker­mu­se­um Sissach

Wer erinnert sich noch an die Groschenfähre in Bremerhaven?

In Face­book habe ich zuerst davon gehört. Jemand erzähl­te von der vor vie­len Jah­ren still­ge­leg­ten Bre­mer­ha­ve­ner “Gro­schen­fäh­re”. Da ich im Inter­net nur Frag­men­te über die­ses Trans­port­mit­tel gefun­den habe, bat ich eini­ge Grup­pen in Face­book um Hilfe.

Groschenfähre

Und vie­le haben geant­wor­tet und ihre Erin­ne­run­gen an die hie­si­gen “Hafen­gon­do­lie­ren” auf­ge­schrie­ben. Wenn ich alles rich­tig ver­stan­den habe, scheint es wohl meh­re­re “Gro­schen­fäh­ren” gege­ben zu haben.

Eine Fäh­re soll es in Geest­e­mün­de gege­ben haben. Sabi­ne weiß von ihrer Mut­ter, dass die­se als Kind vor dem Krieg mit der “Gro­schen­fäh­re” vom alten Fähr­an­le­ger zum Ton­nen­hof über­setz­te, um in das Weser­bad zu gelan­gen. Heu­te über­quert man die Gees­te ein­fach über die Kennedybrücke.

Groschenfähre

An eine wei­te­re “Gro­schen­fäh­re” erin­nert sich Rein­hard. Die soll im Fische­rei­ha­fen von der Koh­len­pier aus zum Fried­rich-Albert-Pust-Platz über­ge­setzt haben.

Groschenfähre

Es mag wohl noch eine drit­te “Gro­schen­fäh­re” gege­ben haben, die von Hal­le X Nord zum West­kai rüber­fuhr (West­fäh­re). Die Anle­ge­stel­len sol­len noch erkenn­bar sein. Auch im Kai­ser­ha­fen soll Her­berts Erin­ne­rung zufol­ge eine Per­so­nen­fäh­re, die man “Gro­schen­fäh­re nann­te” unter­wegs gewe­sen sein, und zwar vom Zoll­tor Rot­er­sand zur Lloydwerft.

GroschenfähreVie­le wuss­ten zu berich­ten, das es damals kei­nes­falls selbst­ver­ständ­lich war, die Fäh­re  in Anspruch zu neh­men. Man hat­te es sich zwei­mal über­legt, ob man die 10 Pfen­ni­ge inves­tie­ren woll­te oder doch lie­ber zu Fuß ging. Oft­mals sei der Fähr­mann aber auch groß­zü­gig gewe­sen und hat die Kin­der für 5 Pfen­ni­ge zum Weser­bad rüber geru­dert. Doch in der Regel muss­ten die Kin­der den Umweg über die Geest­e­brü­cke zum Weser­bad laufen.

Ich bedan­ke mich bei allen Grup­pen­mit­glie­dern von Face­book für die zahl­rei­chen Erinnerungen.