Geestemünde in alten und neuen Ansichten — Teil 7
Geestemünde in alten und neuen Ansichten — Teil 7
Eine Serie widmet der DeichSPIEGEL “Geestemünde in alten und neuen Ansichten”. Heute möchte ich Euch den sehr beliebten Holzhafen vorstellen.
Gründerjahre
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Holz an der Unterweser ein sehr gefragter Baustoff. Grund war der ungeheure Bauboom in den aufstrebenden Unterweserorten. Es war die Zeit der Gründerjahre. Deutschland diktierte Frankreich nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg (1870/1871) eine Reparationszahlung in Höhe von fünf Milliarden Francs in Gold. Dieses Geld floss in die deutsche Wirtschaft und brachte sie zum Blühen. Gleichzeitig befand sich — nicht zuletzt durch den Eisenbahnbau — die Industrialisierung auf ihrem Höhepunkt. Massenhaft wanderten die Landbewohner in die Städte, weil ihnen hier das Leben leichter erschien.
Natürlich wuchs damit auch der Bedarf an Wohnraum, und überall entstanden neue Stadtviertel mit den sogenannten Gründerzeithäusern. Sie hatten vier bis sechs Stockwerke und reich dekorierte Fassaden.
Holz für den Schiffsbau
Auch die aufstrebenden Unterweserorte erlebten einen ungeheuren Bauboom. Für den Hausbau – aber besonders in Geestemünde auch für den Schiffsbau – wurden riesige Mengen an Holz benötigt, das per Schiff nach Geestemünde transportiert wurde. Die tidenabhängige Flusskaje an der Geeste war dem stetig zunehmenden Schiffsanlandungen bald nicht mehr gewachsen. Ein Schleusenhafen sollte Abhilfe schaffen. Und so wurde in den Jahren 1857 — 1863 der heutige Handelshafen gebaut. Gleichzeitig entstanden der Hauptkanal, der heute als Yachthafen dient, als auch der Querkanal, von dem am Elbinger Platz nur noch ein kurzer Ansatz erkennbar ist. An der Stelle des heutigen Elbinger Platzes führte damals eine Brücke über einen Stichkanal – dort hinüber fuhr auch die Eisenbahn nach Bremerhaven.
Die Schiffe löschten ihre teilweise sogar aus Skandinavien und Russland importierte Holzfracht nun tidenunabhängig im Handelshafen. Um das Holz zwischenzulagern wurde in den Jahren 1875 bis 1877 direkt gegenüber der neu erbauten neugotischen Christuskirche der 36.000 Quadratmeter große Holzhafen gebaut. Das 1,20 Meter tiefe Hafenbecken wurde mit einem Stichkanal an den Hauptkanal angeschlossen. Damals war das Hafenbecken natürlich weitaus größer als heute, es erstreckte sich über das gesamte Areal, das von der Bismarckstraße, Am Holzhafen und der Rheinstraße begrenzt wurde. Natürlich konnte ein Hafenbecken von so geringer Wassertiefe keine Schiffe aufnehmen. Aber die Wasserfläche war ja auch nur zum Flößen und Zwischenlagern des Holzes gedacht.
Neuer Holzhafen
Am 25. Mai 1877 war es dann soweit, der neue Holzhafen wurde eingeweiht. Eigentlich war es ja eher ein Holzlagerbecken, das, wie auch der Hauptkanal, fast immer mit Baumstämmen zugedeckt war. Manch ein wagemutiger “Geestemünder Butjer” konnte es sich nicht verkneifen, auf den schwimmenden Stämmen herumzuturnen.
Nach und nach siedelten sich besonders am Nordufer des neuen Holzhafens immer mehr holzbearbeitende Firmen an. Gleichwohl ging nach der Wende vom neunzehnten in das zwanzigste Jahrhundert der Holzumschlag stetig zurück. Als auch das Becken immer wieder zu verschlicken drohte, schlug schon 1925 ein von der Stadt beauftragter Gutachter vor, den Holzhafen und den Hauptkanal zuzuschütten und in eine Grünanlage umzuwandeln. Aber erst ein Großbrand sollte die Wende bringen.
Großbrand im Sägewerk
Am Nachmittag des 23. Mai 1934 brach in dem Säge- und Hobelwerk Christian Külken, Am Holzhafen 1, der größten Holzimport- und Holzverarbeitungsfirma der Unterweserorte, in der zuletzt 100 Personen beschäftigt wurden, ein Großfeuer aus, das sich mit unglaublicher Schnelligkeit ausdehnte und fast den gesamten Betrieb in Schutt und Asche legte. Die großen Werkanlagen, das Maschinenhaus, die bedeutenden Vorräte an Holz und sonstigen Materialien, das gesamte Inventar, Arbeitsgerät usw. sind ein Opfer der Flammen geworden. Lediglich das Kontorgebäude und ein in der Nähe befindliches Lager von Edelhölzern konnte gerettet werden.
Da vor dem Ersten Weltkrieg um den Holzhafen herum auch immer mehr Wohnhäuser gebaut wurden, mussten die hier ansässigen Gewerbebetriebe nach und nach ihren Standort aufgeben. Schließlich wurde der Holzhafen nicht mehr benötigt. 1937 begann man damit, das Hafenbecken auf ein Drittel seiner ursprünglichen Fläche zu verkleinern und zu einem Zierteich umzugestalten. Eine parkähnliche Umbauung spendete der Bevölkerung eine Oase der Ruhe. Leider wurde auch dieses Gebiet ein Opfer des großen Bombenangriffes vom 18. September 1944.
Uferböschung muß saniert werden
So schön, wie der Rest des alten Holzhafens sich dem Besucher heute auch präsentiert, unter der Wasseroberfläche ist er krank. Die hölzerne Unterkonstruktion, auf der die geklinkerte Uferböschung rund um den Holzhafen ruht, ist so marode, das aufgrund des Böschungsgewichtes das Pflaster abzusacken droht. Sollte dieses eintreten, wären auch die angrenzenden Grünflächen und Wege nichtmehr sicher. Darum hat das Gartenbauamt beschlossen, die Uferkante zu sanieren. Die erforderlichen 184.000 Euro wurden schon entsprechend in den Haushalt eingestellt.
Neben dem Bürgerpark zählt der Holzhafen, der eigentlich nur noch aus einem großen Wasserbecken besteht, zu den beliebtesten Treffpunkten der Bremerhavener Bevölkerung — mit blühenden Kirschbäumen, einladenden Grünflächen und einem imposanten Springbrunnen in seiner Mitte. Und damals, als die Winter noch kalt waren und der Holzhafen zufror, traf man sich hier auch zum Schlittschuhlaufen.
Heute befindet sich dort, wo einst der Hauptkanal in den Holzhafen mündete, der Elbinger Platz — einer der verkehrsreichsten Straßen in Bremerhaven.
Quellen:
feuerwehr-bremerhaven.de
bremerhaven.de
laufpass.com
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Ich freue mich immer wieder ueber diese herrlichen Berichte. Erst jetzt lerne ich dadurch die Geschichte Bremerhavens richtig kennen , bzw. erinnere mich dann an Erzaehlungen von meinen Eltern, die 1901/1902 geboren wurden und in Wulsdorf ihr zu hause hatten.
Die alten Foto sind ein wahrer Schatz, kann mich nicht sattsehen daran.
Ganz herzlichen Dank
Ina Holthaus, Virginia, USA
Hallo Frau Holthaus,
ich habe mit großer Freude Ihren Kommentar gelesen. Es ist schön zu wissen, dass meine Online-Zeitung “DeichSPIEGEL” in den USA so große Begeisterung auslöst. Viele ehemalige Bremerhavener — aber auch aus anderen Teilen Deutschlands — die jetzt in USA oder Australien oder anderswo auf der Welt wohnen, schreiben mir und bitten mich um weitere Artikel. Meine Cousine hat 1963 in München einen US-Soldaten geheiratet und wohnt seither mit ihm in Arizona. Auch habe ich viele Verwandte, deren Vorfahren schon um 1850 Deutschland verlassen haben. So habe ich einen Kontakt nach Florida, wir besuchen uns regelmäßig, mal in Deutschland, mal in Florida.
Ich habe eine lange Liste mit Email-Adressen ehemaliger Bremerhavener. Ich schreibe Ihre Adresse nun dazu. In unregelmäßigen Abständen versende ich interessante Dinge.
Vielleicht haben Sie ja auch noch Bilder von Ihren Eltern bekommen, die Sie mir für weitere Berichte zur Verfügung stellen möchten? Ich würde mich sehr darüber freuen.
Ganz herzliche Grüße von der Wesermündung
Hermann Schwiebert
Ganz