Eisgekühlte Erinnerungen
Als die Neiße noch für Eis gut war, gab es solches bis in den Sommer hinein. Erinnerungen von Hans Schulz.
Es gibt in der heutigen Zeit kaum noch einen Haushalt ohne Kühlschrank oder Kühltruhe. Unsere Vorfahren hatten bei der Aufbewahrung und Kühlung verderblicher Lebensmittel die gleichen Probleme, nur war die Technik noch nicht so weit. Meist wurden begrenzt haltbare Lebensmittel noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts im Keller oder in der kühleren Jahreszeit außen am Fenster gelagert. Für Gastwirte und Gewerbetreibende erwies sich so eine Lösung freilich nicht als ausreichend. Sie nutzten daher das Angebot von Roh- und Kunsteishändlern, um ihre Waren vor zu zeitigem Verderb zu schützen.
Ein solcher Betreiber einer “Roh- und Kunsteishandlung” war auch Julius Hennig, der sein Lokal “Zum Eiskeller” am Inselweg an der Neiße betrieb. Im gefrorenen Neißearm wurde das Eis aus der Neiße in Blöcken geschnitten und im Eiskeller eingelagert wurde. Wie der Lokal-Name schon sagt, befand sich dieser gut geschützt tief unter dem Restaurant-Gebäude. Der Volksmund sagte übrigens stets “Eiskellerbaude” zu dem bis Mitte der 1960er Jahre bestehenden Ausflugslokal.
Das eingelagerte Eis wurde dann im späten Frühling und – so lange es reichte – noch im Sommer mit Pferdegespannen durch Görlitz gefahren und unterwegs an Firmen, aber auch Haushalte mit Eisschrank verkauft. So viele Görlitzer übrigens noch heute von der alten Gaststätte schwärmen (sie war auch Stammlokal von Kanusportlern, die nebenan ihr Bootshaus hatten), so wenig wissen von den tiefen Kellern unter ihr und der sehr schweren Arbeit der Eisbrecher auf der Neiße.
Quelle Bild und Text: sz-online vom 3. Februar 2007