Die letzten schönen Tage
Wer konnte heute im Haus bleiben und dem vielleicht letzten Sonnentag die Stirn bieten! Wer wollte wohl der letzten Wärme entsagen? Ich konnte es nicht, mich trieb es hinaus. Hinaus, bevor die Winterstürme kommen und für eine lange Zeit das Kommando übernehmen. Hinaus, bevor die Tage nur noch grau sind und der nächste Sommer weit.
Das Gedicht “Herbsttag” von Rainer Maria Rilke fiel mir ein. Und heute war ich froh, dass wir früher in der Schule Gedichte auswendig lernen mussten. Und während ich das Gedicht leise rezitierte, nahm ich meine Kamera und fotografierte diesen wunderschönen alten Baum.
Herr: Es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren
und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten reif zu sein
gib Ihnen noch zwei südlichere Tage
dräng sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr
wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird lesen, wachen, lange Briefe schreiben
und wird auf den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.