Der Wasserturm des Leher Baumeisters Johann Hinrich Eits

In mei­ner Rei­he “Was­ser­tür­me“ habe ich Euch bereits die vier Bre­mer­ha­ve­ner Was­ser­tür­me vor­ge­stellt, die noch heu­te das Stadt­bild von Bre­mer­ha­ven prä­gen: 1852 wur­de der Schwoon’sche Was­ser­turm an der Hafen­stra­ße erbaut, 1886 folg­te der Was­ser­turm an der Lan­ge­ner Land­stra­ße und 1891 der Was­ser­turm am Geest­e­mün­der Neu­markt. Erst 1927 errich­te­te man den Wohn­was­ser­turm in Wuls­dorf. Es gab aber noch einen wei­te­ren, heu­te weit­ge­hend ver­ges­se­nen Was­ser­turm. Die­sen Turm aus dem Jah­re 1838  möch­te ich heu­te in Erin­ne­rung rufen.

Blick von der Geeste Richtung Hafenstraße (1901)

In sei­nem Buch: “Die ers­ten 100  Jah­re Bre­mer­ha­vens” berich­tet Georg Bes­sel, dass in der auf­stre­ben­den Stadt Bre­mer­ha­ven der Man­gel an Trink­was­ser “ein schlim­mer Übel­stand” war. Alle Ver­su­che, brauch­ba­re Quel­len zu fin­den, waren fehl­ge­schla­gen. Wegen der Nähe zur Weser war man immer nur auf Brack­was­ser gestoßen. 

Blick von der Geeste Richtung Hafenstraße

1832 begann man auf dem Markt­platz einen arte­si­schen Brun­nen zu boh­ren. Es waren bereits viel Arbeit und Kos­ten inves­tiert, als 1834 in einer Tie­fe von 167 Fuß (48 Meter) eine Röh­re brach. So muss­te auch die­ser Ver­such auf­ge­ge­ben wer­den. Man behalf sich wie bis­her mit Zis­ter­nen und besorg­te sich das Was­ser aus Lehe, das zu jener Zeit noch ein eigen­stän­di­ger Fle­cken war. 

1900 Eits'sche Wasserturm

Und so ver­sorg­ten die Leher den benach­bar­ten Hafen­ort bis 1838 mit Was­ser in Fäs­sern, die müh­se­lig mit Pfer­de­fuhr­wer­ken von Lehe nach Bre­mer­ha­ven trans­por­tiert wur­den. Für Spe­di­teu­re, Pfer­de und die höl­zer­nen Fuhr­wer­ke war es damals Schwerst­ar­beit, die schwe­ren Was­ser­fäs­ser zu transportieren. 

Beson­ders unan­ge­nehm waren die Schwie­rig­kei­ten der Trink­was­ser­be­schaf­fung für die Schif­fe. Eine Zeit­lang hol­te der ehe­ma­li­ge Fähr­päch­ter Schnib­be das Was­ser täg­lich von der obe­ren Weser und ver­kauf­te es im Hafen. Das Oxhoft kos­te­te 9 Gro­te.

Um 1900 Hafenstraße

Die Kun­den schimpf­ten aber regel­mä­ßig, dass er die Weser nicht weit genug hin­auf­fah­ren wür­de und bis­wei­len statt süßen Was­sers nur unge­nieß­ba­res Brack­was­ser bun­ke­re. Auch war die­se Art der Beschaf­fung von Frisch­was­ser außer­or­dent­lich zeit­rau­bend. Ein Schiff mit 150 Pas­sa­gie­ren muss­te 5 Tage war­ten, bis es auf die­se Wei­se genü­gend Was­ser an Bord hat­te. Und dabei war die regel­mä­ßi­ge Fahrt des Was­ser­schif­fes sehr vom Win­de abhän­gig; wenn er zum Aus­lau­fen güns­tig war, so war er für das Was­ser­schiff ungünstig. 

Hafenstraße

Da leg­te 1833 der in Lehe gebo­re­ne Bau­meis­ter Johann Hin­rich Eits, der in Bre­mer­ha­ven wohn­te und dort vie­le Häu­ser gebaut hat­te, sei­nen Plan vor, von Lehe eine Was­ser­lei­tung nach Bre­mer­ha­ven zu legen. Bei der soge­nann­ten Grau­pen­müh­le befand sich unge­fähr dort, wo heu­te der Alte Was­ser­turm in Lehe steht, ein ergie­bi­ger Brun­nen. Jedoch, die Depu­ta­ti­on lehn­te die­ses Ansin­nen zunächst ab. Aber Eits gab nicht auf und erhielt im Jah­re 1838 von Bre­men und von Han­no­ver end­lich die lang ersehn­te Erlaubnis. 

Hafenstraße

Zusam­men mit dem Bre­mer­ha­ve­ner Spe­di­teur Johann Georg Claus­sen kauf­te Eits die Leher Grau­pen­müh­le für 7.000 Taler, bau­te die Was­ser­lei­tung und erstell­te einen 15 Meter hohen höl­zer­nen Was­ser­turm. Mit Hil­fe einer von Zug­tie­ren betrie­be­nen Pump­an­la­ge wur­de das dem Brun­nen ent­nom­me­ne Was­ser auf den Turm hin­auf beför­dert und in einem Tank gesam­melt. Von dort wur­de es dann ab 8.  August 1839 durch die neue Was­ser­lei­tung nach Bre­mer­ha­ven gedrückt. 

Hafenstraße mit Wassertürmen & Pauluskirche (um 1909)

Auf dem Grund­stück Kir­chen­stra­ße 3  ergoss sich das Was­ser in ein Bas­sin und wur­de für 6 Gro­te das Oxhoft ver­kauft. Die Schif­fe im heu­ti­gen Alten Hafen wur­den von hier aus durch eine aus beweg­li­chen Röh­ren und Rin­nen bestehen­de Lei­tung ver­sorgt, von der aus die See­leu­te mit Hil­fe von Leder­schläu­chen ihre Was­ser­fäs­ser fül­len konnten. 

Trotz die­ser Ver­bes­se­rung wur­de noch jahr­zehn­te­lang der größ­te Teil des Trink­was­sers wei­ter­hin in Zis­ter­nen gewon­nen. Denn die­se ers­te pri­va­te Was­ser­lei­tung von Eits und Claus­sen erwies sich schon nach kur­zer Zeit als man­gel­haft. In den Zei­tun­gen heißt es sehr oft, dass sie “wie­der ein­mal” eine “leh­mi­ge Flüs­sig­keit” gelie­fert haben, die man wohl kaum als Was­ser bezeich­net kön­ne. Gleich­wohl lehn­ten sie sich vehe­ment dage­gen auf, als Anfang der 1850er Jah­re Mel­chi­or Schwoon, Johann Köper und Carl Phil­ipp Asch­off eine zwei­te Was­ser­lei­tung planten. 

Wassertürme (Schwoon hinten, Eits vorn, 1900)

Doch der Wider­stand war zweck­los. Der Senat war wohl der Mei­nung, dass Kon­kur­renz das Geschäft bele­ben wür­de und erteil­te somit den Unter­neh­mern die erbe­te­ne Kon­zes­si­on. Mit der neu­en Was­ser­lei­tung und einem  Was­ser­werk mit einer Dampf­pum­pen­an­la­ge bedien­te Schwoon alle Stra­ßen der Stadt. Damit wur­de zum ers­ten Mal der Anschluss der ein­zel­nen Häu­ser an eine Was­ser­lei­tung ermöglicht. 

Lessingschule, Pauluskirche, Eits' Wassertum (Blick von der Kinderkuhle, 1907)

Schwoon errich­te­te sei­nen Was­ser­turm direkt neben dem Eits’schen Brun­nen in Lehe an der Hafen­stra­ße. Eits bau­te dar­auf­hin einen neu­en 26 Meter hohen gemau­er­ten Was­ser­turm und stell­te sei­ne För­der­an­la­ge eben­falls auf Dampf­be­trieb um. Der Schwoon’sche Turm jedoch erwies sich schnell als zu nied­rig. Das Was­ser stieg in den Häu­sern nur bis zur ers­ten Eta­ge. So stock­te Schwoon sei­nen Turm um 9 Meter auf sei­ne heu­ti­ge Höhe auf. 

Für das Trink­was­ser wur­de ein außer­or­dent­lich hoher Preis ver­langt. Die pri­va­ten Kun­den muss­ten für einen Kubik­me­ter des häu­fig man­gel­haf­ten Trink­was­sers 1 Mark und mehr bezah­len. In ver­gleich­ba­ren Städ­ten wur­den nur 10 bis 20 Pfen­nig in Rech­nung gestellt. Von Schif­fen wur­den sogar Prei­se von 1,40 bis 1,80 Mark verlangt. 

Hafen, Ecke Kistnerstr (1906 - Quelle.. Postkartenkalender)

So war es höchs­te Zeit, dass sich die Stadt­ver­wal­tung um die Trink­was­ser­ver­sor­gung küm­mer­te. Ein Ver­such, sich mit den bei­den bestehen­den Unter­neh­mun­gen über eine Erwei­te­rung und Ver­bes­se­rung ihrer Wer­ke unter Betei­li­gung der Stadt zu eini­gen, blieb ergeb­nis­los. Die Stadt­ver­wal­tung beschloss, ein eige­nes städ­ti­sches Was­ser­werk zu errichten. 

Der har­te Kon­kur­renz­kampf zwi­schen Eits und Schwoon wur­de durch die Ehe­schlie­ßung der Kin­der bei­der Fami­li­en und Zusam­men­schluss bei­der Betrie­be im Jah­re 1870 bei­gelegt. Der Turm der Fami­lie Eits, der an der Stel­le stand, an der sich heu­te das Gebäu­de mit Post und Spar­kas­se befin­det, wur­de spä­ter aufgegeben. 

Quel­len:
Georg Bes­sel: “Die ers­ten hun­dert Jah­re Bre­mer­ha­vens”.
Har­ry Gab­cke: “Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten”.
Bre­mer­ha­ve­ner Face­book-Grup­pe
juwiversum.bplaced.net

Mein ganz beson­de­rer Dank gilt Sabi­ne F., Lia­ne und Peter R. sowie Jür­gen W.
Ohne deren his­to­ri­sches Bild­ma­te­ri­al und Wis­sen hät­te ich über den Eits’schen Was­ser­turm nicht so aus­führ­lich schrei­ben können. 

2 Antworten

  1. Ina Holthaus sagt:

    Sehr inter­res­sant zu lesen — muss­te mir immer wie­der vor­stel­len, wie man da so leb­te und nicht ein­fach mal eben den Was­ser­hahn auf­dre­hen konn­te fuer’n Glas Was­ser, mal eben Haen­de waschen, Tee kochen .….…von vie­len ande­ren Sachen, die uns heu­te selbst­ver­staend­lich sind, mal ganz abgesehen.
    Dan­ke an alle, die die­sen Bericht moeg­lich gemacht haben

  2. Evelyn Babin sagt:

    Super inte­res­ant ueber die Geschich­te von Bre­mer­ha­ven zu lesen. Man nimmt so man­ches ein­fach nur hin ohne dar­ueber nach­zu­den­ken. Dan­ke an Alle, die sich die Mue­he machen uns zu infor­mie­ren und zum Den­ken inspirieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.