Das Wohn- und Geschäftshaus Hafenstraße 186
Das Wohn- und Geschäftshaus Hafenstraße 186
Die Chaussee Lehe-Bremerhaven wurde bereits im Jahre 1829 angelegt. In den Jahren 1886 bis 1889 wurde sie in eine städtische Straße mit breiten Bürgersteigen umgewandelt. Die Chaussee bekam den Namen Hafenstraße. Um 1890 war sie fast vollständig ausgebaut. Beidseitig war die Hafenstraße mit Ulmen bepflanzt. Die breiten Bürgersteige, die modernen Schaufenster und die Fahrbahn mit der elektrischen Straßenbahn und den Wagen- und Autoverkehr machten seinerzeit einen großstädtischen Eindruck.
Einst standen stolze Häuser in der Hafenstraße
Die Bremerhavener Häfen boomten. Die Werften, der Norddeutsche Lloyd und der Hafenumschlag benötigte immer mehr Arbeitskräfte. So siedelten sich viele Familien im benachbarten Lehe an. Im Jahre 1900 hatte Lehe 24.593 Einwohner.
Um diese Zeit wurde das Wohn- und Geschäftshaus Hafenstraße 186 erstellt. Es war ein sehr schönes repräsentatives Haus, das sich in die Gründerzeithäuser mit ihren Erkern, Ornamenten und kleinen Balkonen wunderbar einreihte. Viele von den so schön gestalteten Häusern haben den Zweiten Weltkrieg nicht überstanden.
Das Wohn- und Geschäftshaus Hafenstraße 186 aber hat den Krieg überlebt. Es war im Besitz von Elisabeth Ernst. Sie betrieb mit ihrem Ehemann Walter auf der linken Seite des Erdgeschosses den Friseursalon Ernst. Helmut, der Großneffe der Eheleute Ernst, lebte mit seinen Eltern und seiner älteren Schwester bis etwa 1957 in einer Etagenwohnung im 3. Stock dieses Hauses. 1955 oder 1956 zog ein Karnevalsumzug durch die Hafenstraße. Den konnte Helmut als Kind aus dem Wohnzimmerfenster beobachten. Auch das Quietschen der Straßenbahnen (Linien 2 und 3), wenn diese in die Lange Straße einbogen, hat Helmut noch in guter Erinnerung.
In der rechten Erdgeschoßhälfte befand sich die kleine Gaststätte „Bei Kitty“. Rechts neben dem Haus befindet sich das Eckgrundstück zur Felsstraße. Dieses Grundstück war schon immer unbebaut geblieben. Viele Jahre stand hier ein ausgemusterter Wohnwagen, in dem ein Handel für gebrauchte Liebes- und ähnliche Romane betrieben wurde.
Dem Verfall preisgegeben
Im Jahre 1977 verstarb die Hauseigentümerin Elisabeth Ernst durch einen Unfall. Das Wohn- und Geschäftshaus Hafenstraße 186 wurde verkauft. Damit begann der Verfall des einst so stolzen Jugendstilgebäudes, daß schon viele Jahre unbewohnt ist. Die Stadt Bremerhaven hat gegen herabfallende Erkerstücke und Glasscherben Sicherungsmaßnahmen ergreifen müssen. Beide Haushälften wurden durch ein Gerüst notdürftig gesichert
Schon häufig hat die Nordsee-Zeitung über den desolaten Zustand des Wohn- und Geschäftshauses Hafenstraße 186 berichtet. Anwohner und Passanten haben sich über das verrottete und zugemüllte Haus an der Hafenstraße 186 immer wieder beschwert. Das zugenagelte Fenster, die teilweise heruntergerutschten Plastikplanen in den Erdgeschoßfenstern und der Müll im Hauseingang bieten wirklichen keinen schönen Anblick.
Der private Eigentümer soll versprochen haben, daß das Objekt saniert wird. Doch bisher ist davon nichts zu sehen. Obwohl das Wohn- und Geschäftshaus Hafenstraße 186 weder denkmalgeschützt ist noch auf der Liste der Schrottimmobilien steht, mußte das Stadtbauamt kürzlich einschreiten. Der derzeitige Eigentümer soll mit der Innensanierung begonnen haben. Dabei wollte er offensichtlich tragende Deckenbalken ohne Baugenehmigung austauschen.
Quellen:
Hermann Schröder: “Geschichten der Stadt Lehe”, 1927 erschienen im Ernst-Bruns-Verlag Wesermünde-Lehe, Seite 226 und 228
Helmut Gawron: “Auf dem Proppen”, 2020 erschienen im Band 3 “Geschichten aus Lehe”. Seite 115, Hrsg. Burkhard Hergesell
Helmut Gawron: Schriftverkehr per Email im August 2021
Susanne Schwan: “Bremerhavens Gammelhäuser…”, www.noderlesen.de vom 26.03.2020
Susanne Schwan: “Was geschieht mit Bremerhavens Gammelhäuser?”, www.nord24.de vom 26.03.2020
Susanne Schwan: “Jugendstil-Juwelen verfallen”, Nordsee-Zeitung vom 14.04.2020
Susannen Schwan: Anwohner entsetzt über gammelige Immobilie”, Nordsee-Zeitung vom 13.07.2019
Zum 1. Mal war ich 1973 in der Kneipe. Da hieß sie — soweit ich mich erinnere — “Melodie”. Zu der Zeit hatte eine Babsi dort gearbeitet, eine Stimmungskanone. Ich war gerne dort. Später kann ich mich noch an einen Schuhladen erinnern. Schade, dass Gebäude mit soviel Erinnerungen so vor die Hunde gehen.
Vielen Dank für den netten Kommentar