Das war meine Werft – Folge 8
Die Mitglieder der Bremer Deputation hatten eine ganz konkrete Vorstellung, was den Zweck des neuen Hafenortes anging: Bremerhaven sollte dem Seehandel dienen, und seine Einwohner hatten diese Aufgabe zu unterstützen.
Nachdem Bürgermeister Johann Smidt für die Stadt Bremen mit dem Staatsvertrag vom 11. Januar 1827 für 73.658 Taler vom Königreich Hannover ein Stück Land an der Geestemündung erworben hatte, genoss der Schiffbau im neuen Bremerhaven eine Schlüsselposition. So war es nur verständlich, dass die knappe Grundstücksfläche am Geesteufer in möglichst viele Parzellen aufgeteilt wurde. Dadurch sollten sich zahlreiche Werften ansiedeln können und der Wettbewerb gefördert werden.
Die Ansiedlung von neuen Bürgern wurde ebenfalls reglementiert. Nur Bürger, die einen Nachweis der freien Verfügbarkeit über die eigene Person vorlegen konnten, bekamen ihren “Einwanderungsantrag” bewilligt. Außerdem musste der Bewerber einen Nachweis vorlegen können, dass er bisher einen sittlichen Lebenswandel geführt hat. Und er musste sich zu einer christlichen Religion bekennen. Bürgermeister Smidt soll die Auffassung vertreten haben, dass Juden in einem christlichen Staatswesen “Fremdkörper” seien und in Bremerhaven nicht geduldet werden sollen.
Um sicherzustellen, dass der Neubürger der Gemeinde Bremerhaven nicht zur Last fällt, musste dieser einen Bürger benennen. Außerdem hatte er entweder ausreichendes Vermögen vorzuweisen oder die Kenntnisse und Fähigkeiten zum Betreiben eines “nahrhaften” Gewerbes. Arbeiter sollten über einen entsprechenden Gesundheitszustand verfügen.
Von der Deputation werden die Bremer zusätzlich auf den Mangel an “tüchtigen Handwerkern” und auf die gute Verdienstmöglichkeiten in Bremerhaven aufmerksam gemacht. Gleichzeitig soll aber eine gewisse Risikobereitschaft einer der entscheidenden Faktoren für die Niederlassung in Bremerhaven in den Gründungsjahren gewesen sein. In einem Bremerhavener Geschichtsbuch heißt es dazu: “(…) der junge Hafenort hatte zu dieser Zeit das Stadium eines Experiments noch nicht durchlaufen. Gerade in den ersten Jahren nach Eröffnung des Hafens bestand angesichts der massiven Kritik an der neuen Anlage keine zwingende Notwendigkeit, die Zukunft des Ortes optimistisch zu beurteilen.”
Quelle:
Nordsee-Zeitung vom 24.08.2012