Das war meine Werft – Folge 6
Die nun industriell gefertigten Schiffe werden immer größer, schneller und teurer. Der immense Kapitalbedarf verdrängt die Familienbetriebe und erfordert die Gründung von Aktiengesellschaften.
Obgleich in Europa das erste Trockendock schon 1495 in Portsmouth angewandt wurde, sollte es noch mehrere hundert Jahre dauern, bis es sich für den Schiffbau im 19. Jahrhundert allgemein durchsetzte. Jahrhundertelang war Holz das dominierende Baumaterial. Erst mit Beginn der Industrialisierung begannen die Schiffbauer, verstärkt Eisen einzusetzen, und etwa ab 1890 ersetzte vernieteter Stahl das Eisen.
Die Umstellung vom Holzschiffbau zum Stahlbau war für die traditionellen Betriebe auch aus finanzieller Sicht nicht einfach. Große Mengen an Kapital mussten beschafft werden, um die teuer gewordenen Schiffsbauten und die dafür erforderlichen Maschinen zu finanzieren. Auch kostete die Umschulung neuer Arbeiter viel Geld, und für diese mussten neue und teure Arbeitsplätze eingerichtet werden. Schlossereien, Gießereien, Kessel- und Kupferschmieden sowie moderne Konstruktionsbüros mit Schnürboden gehörten jetzt zur Standardeinrichtung.
Das hierzu erforderliche Kapital überstieg die Möglichkeiten eines Familienbetriebes. Die Familienbetriebe wandelten sich um in Aktiengesellschaften, um so große Mengen an Kapital beschaffen zu können. Gleichzeitig war das Risiko der Einzelunternehmer jetzt begrenzt auf ihr Aktienkapital. Allerdings verringerte sich das Mitspracherecht des ehemaligen Alleineigentümers erheblich; jetzt waren die Aktionäre die neuen Herren im Betrieb und hatten das Sagen.
Nächster Schritt bei der Verschiebung der Besitzverhältnisse ist die seit etwa 1890 in Deutschland fortschreitende wirtschaftliche Konzentration, die durch den Einstieg der Schwerindustrie in das Werftgeschäft gezeichnet ist. Nach der Krise in den 1920er Jahren steigen die Großbanken mit ihrem Kapital in den Schiffbau ein. Höhepunkt dieser Entwicklung im Unterweserraum war die Entstehung der “Deschimag” in den Jahren 1926 bis 1928. Es war der erste Großkonzern der deutschen Schiffbauindustrie. Unter den acht hier vereinten norddeutschen Werften war auch die Tecklenborg und die Seebeckwerft, die auf diese Weise ihre Eigenständigkeit verloren.
Quelle:
Nordsee-Zeitung vom 27.08.2012