Das war meine Werft – Folge 5

Ein Schnür­bo­den ist einem Zei­chen­brett ähn­lich. Auf einem Zei­chen­brett kon­stru­iert der Tisch­ler einen Schrank oder der Archi­tekt ein Gebäu­de. Ein Schnür­bo­den ist wesent­lich grö­ßer und dient der Kon­struk­ti­on von sehr gro­ßen Bau­tei­len. zum Bei­spiel Schif­fen. Aber Zei­chen­brett und Schnür­bo­den die­nen bei­de dazu, die Umris­se der Bau­tei­le auf­zu­tra­gen, um die Abmes­sun­gen der her­zu­stel­len­den Ein­zel­tei­le im Maß­stab 1:1 zur Ver­fü­gung zu haben.

Schnürboden

Auf den Schnür­bo­den wur­den mit einer Schnur die Kon­struk­ti­ons­zeich­nung auf­ge­tra­gen. Der Fach­mann nann­te den Zei­chen­vor­gang “auf­ge­schnürt”.

Auch zum Auf­bau eines Ras­ters bedien­te man sich die­ser Tech­nik, indem man auf den Schnür­bo­den in regel­mä­ßi­gen Abstän­den Schnü­re spann­te und die Ras­te­rung der Kon­struk­ti­ons­zeich­nung dann auf den Schnür­bo­den über­trug.  Mit der Schnür­me­tho­de kann der Zeich­ner sehr schnell eine Gera­de auf­tra­gen. Gleich­zei­tig kann er die Schnur auch als Zir­kel ver­wen­den. Somit hat er die Mög­lich­keit, nahe­zu sämt­li­che geo­me­tri­sche For­men abzubilden.

Frü­her hat man für die Her­stel­lung eines Schnür­bo­dens (oft auch als Reiß­bo­den bezeich­net) einen gro­ßen Platz geglät­tet. Spä­ter ging man dazu über, den Schnür­bo­den in einem gro­ßen Saal unter­zu­brin­gen, oft­mals den Dach­bo­den einer Fabrik­hal­le, um unab­hän­gig von der Wit­te­rung arbei­ten zu können.

Auch in Werf­ten gab es seit dem Über­gang zum Eisen- und Stahl­schiff­bau Schnür­bö­den, die sich in der Regel auf dem Dach­bo­den der Schiff­bau­hal­le befan­den. Jeder Schiffs­neu­bau nahm hier sei­nen Anfang. 

Hier arbei­te­ten die Meis­ter ihres Faches, Kön­ner mit einem aus­ge­präg­ten räum­li­chen Ver­ständ­nis. Auf den Knien rut­schend, zeich­ne­ten die Schiffs­bau­er die Form des Schif­fes zunächst mit Blei oder Tusche im Maß­stab 1:1 mil­li­me­ter­ge­nau in den Holz­bo­den, akri­bisch nach den Maßen, die die Inge­nieu­re für das jewei­li­ge Schiff im Kon­struk­ti­ons­bü­ro errech­net haben. Haben sich die Inge­nieu­re ver­rech­net, hier auf dem Schnür­bo­den wur­de der Feh­ler bemerkt. Um die Zeich­nung halt­bar zu machen, wur­den die ein­ge­zeich­ne­ten Lini­en anschlie­ßend in die Ober­flä­che des Reiß­bo­dens, der weiß gestri­chen war, eingeritzt. 

CAD ersetzt den Schnürboden

Nach­dem das kom­plet­te Schiff gezeich­net war, konn­te man anhand der nun vor­han­de­nen Ori­gi­nal­ma­ße die Mal­len (Scha­blo­nen und Model­le) für die ein­zel­nen Schiffs­tei­le her­stel­len. So leg­te man Holz­lat­ten auf die Zeich­nung und bog die Lat­ten so weit, bis sie der genau Form der Zeich­nung ent­spra­chen. Anschlie­ßend leg­ten die Män­ner die Lat­ten auf dün­ne Holz­plat­ten, zeich­ne­ten Umris­se auf die Plat­ten und säg­ten Scha­blo­nen zurecht. Die Werk­stü­cke selbst wur­den dann in der Schiff­bau­hal­le nach den Model­len geschnit­ten, gebo­gen, geschmie­det oder gezimmert.

Auf dem Hel­gen wur­den die­se Tei­le dann – bei Wind und Wet­ter – durch Nie­ten mit­ein­an­der ver­bun­den. Sobald der Rumpf mit den Auf­bau­ten fer­tig gestellt war, lief er vom Sta­pel. Danach konn­ten am Aus­rüs­tungs­kai die Maschi­nen, die Innen­ein­rich­tung und die Deck­aus­rüs­tung ein­ge­baut werden.

In den 1980er Jah­ren, ver­dräng­te das Com­pu­ter Aided Design (CAD) die Schnür­bö­den. Heu­te ent­ste­hen die Schiffs­tei­le und gan­ze Schiffs­kon­struk­tio­nen mit Hil­fe von auf­wen­di­gen Pro­gram­men am Computer.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 27.08.2012
de.wikipedia.org

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