Das war meine Werft – Folge 4
Die ersten Werften in Bremerhaven darf man sich nicht so groß vorstellen, wie die heutigen Werften. Es waren kleinere Familienbetriebe, die hauptsächlich Holzschiffe gebaute haben. Dennoch wurden diese Schiffe auch Mitte des 19. Jahrhunderts schon sehr präzise und mit großem handwerklichen Können gebaut.
Da war zum Beispiel der Bootsbauplatz vom Schiffszimmerbaas Cornelius Jantzen Cornelius. Er hatte 1821 von der hannoverschen Regierung ein Grundstück gepachtet und baute hierauf eine Helling für Schiffsneubauten und –reparaturen. Als Neubauten lieferte Cornelius aber nur kleinere für den Küsten- oder Binnenverkehr geeignete Fahrzeuge ab. Doch 1827 verließ ein Prahm seine Werft, der bis zu vier Fuhrwerke trug und diese oberhalb der heutigen Alten Geestbrücke über die Geeste transportieren konnte.
Auch der 1775 in Vegesack geborene Schiffbauer und Reeder Johann Lange beschäftigt sich mit seiner an der Lesum-Mündung gelegene Werft zunächst vornehmlich mit Reparaturen und Umbauten. Doch schon bald begann er, einige Schiffe für die Bremer Heringsfischerei-Compagnie zu bauen. Und schon am 7. Mai 1817 liefert Lange das erste von ihm gebaute Flussdampfschiff „Die Weser“ – eines der ersten deutschen Dampfschiffe — ab.
Gerade hatte Friedrich Wilhelm Wencke im Jahre 1833 seine Neubauwerft fertiggestellt, als er 1834 von seinem Nachbarn Lange den Auftrag erhielt, das erste Bremerhavener Seeschiff — die 87 Lasten große Brigg “Wilhelm Ludwig” — zu bauen.
Danach liefert die Wencke-Werft jährlich etwa drei hölzerne Segelneubauten ab – viele davon werden als Auswanderungsschiffe eingesetzt.
Die Amortisationszeit eines Schiffsneubaues betrug zu damaliger Zeit etwa drei bis vier Überseefahrten. Wurden diese erfolgreich abgewickelt, konnte man das Schiff mit Gewinn verkaufen. So lässt auch Wencke sich nicht lange bitten, steigt als Reeder in den Überseeverkehr ein und baut seine Schiffe auf eigene Rechnung.
Das Jahr 1841 ist für die Wencke-Werft ein weiterer großer Meilenstein – der hölzerne Seeraddampfer “Manchester” für die “Hanseatische Dampfschiffahrts-Gesellschaft” in Hamburg wird abgeliefert. Es ist der erste seegehende Dampfer der Wencke-Werft und soll für die nächsten zehn Jahre auch ihr größtes Schiff sein.
Zwei Schiffe werden wohl immer mit Wenckes Namen verbunden bleiben:
Zunächst ist es die Schonerbrigg “Hansa”, die am 15. Juni 1869 gemeinsam mit dem Schraubendampfer “Germania” Bremerhaven verließ, um an der Zweiten deutschen Polarexpedition teilzunehmen. Schon am 20. Juli werden die Schiffe in der Grönlandsee im Nebel aufgrund eines Signalfehlers für immer getrennt.
Am 14. September friert die “Hansa” fest, driftet nach Süden und wird am 19. Oktober durch Eispressung so stark beschädigt, dass sie schließlich am 21. Oktober sinkt. Die 14 Mann starke Besatzung kann gerettet werden.
Die “Germania” durchbricht das Packeis, erreicht ihre nördlichste Position, und begibt sich am 13. September in ihren Winterhafen in einer Bucht der Sabine-Insel. Am 11. September 1870 läuft die Germania wieder in Bremerhaven ein.
Noch bekannter als die eben erwähnten Schiffe wurde die 1885 an das Geestemünder Fischhandelsunternehmen Friedrich Busse ausgelieferte “Sagitta” mit dem Fischereikennzeichen PG 3. Der Name Sagitta bedeutet Pfeil und sollte wohl den Geschwindigkeitsvorteil gegenüber den bis dahin in der Fischerei üblichen Segelschiffen herausstellen. Die Umstellung des Fischfanggeschirrs im Jahre 1886 von Langleinen auf Baumkurre machte das Schiff wirtschaftlich so erfolgreich, dass dieser Schiffstyp nun von mehreren Fischereigesellschaften bestellt wurde. Am 26. März 1901 lief die “Sagitta” zu ihrer 636. Fangreise nach Island aus, wurde letztmals am 5. April vor Island beim Fischen gesichtet und gilt seither als verschollen.
Nach dem Tod des Werftgründers Friedrich Wilhelm Wencke im Jahre 1859 führte zunächst sein Schwiegersohn Friedrich Wilhelm Albert Rosenthal und ab 1881 Wenckes Sohn Nicolaus Diedrich die Geschäfte von Werft und Reederei. Die Werft wurde 1900 geschlossen und später an Georg Seebeck verkauft.
Quellen:
Nordsee-Zeitung vom 04.01.2010 und vom 24.08.2012
Familie Lange und ihre Werft