Bremerhaven hat keinen Ford-Händler mehr
Nach gut 30 Jahren Präsenz in der Rickmersstraße schließt das traditionsreiche Autohaus Schlieben zum 31. Juli 2016 – danach gibt es in Bremerhaven keinen Ford-Händler mehr. Vier Jahre Mühe gehen damit für die Mitarbeiter zu Ende.
Bereits am 26. September 2012 hat das Autohaus Schlieben Insolvenz anmelden müssen. Verbindlichkeiten in Höhe von etwa einer Millionen Euro haben die Autohaus Schlieben GmbH zum Insolvenzantrag gezwungen. Ein ehemaliger Mitarbeiter soll über einen Zeitraum von fast zehn Jahren rund 250.000 Euro unterschlagen haben.
Das Amtsgericht Bremerhaven hat das Insolvenzverfahren am 1. Dezember 2012 eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Gerrit Hölzle zum Insolvenzverwalter bestimmt, der gemeinsam mit dem Geschäftsführer Jochen Schlieben den Betrieb umstrukturieren sollte.
Zunächst hat der Insolvenverwalter einen auf Autohäuser spezialisierten Wirtschaftsprüfer zu Rate gezogen. Dieser machte sich zunächst daran, den ungewöhnlich hohen Personalkosten, vornehmlich in der Verwaltung, zu Leibe zu rücken. Gleichwohl war man sich bewusst, daß die hohen Personalkosten nicht allein für die angehäuften Verbindlichkeiten ausschlaggebend waren. Das Neuwagengeschäft lief zu schleppend, das Reparaturgeschäft war ebenfalls rückläufig. Lag es an den vielen Neuwagen, die zu Zeiten der Abwrackprämie verkauft wurden? Oder war der Service nicht kundenorientiert? Auf jeden Fall glaubte die Geschäftsführung, gute Chancen zu haben, daß Unternehmen zu sanieren und zu erhalten. Man war zuversichtlich, die Einnahmen aus dem Reparaturgeschäft steigern zu können.
Auch an einen Verkauf des Autohauses hat der Insolvenzverwalter gedacht. Aber es ist ihm in den vergangenen vier Jahren nicht gelungen, einen potentiellen Käufer für die Immobilie zu interessieren. Möglicherweise sind die Umsatzsteigerungen im Neuwagengeschäft genauso hinter den Erwartungen zurückgeblieben wie die aus dem Reparaturgeschäft. Vielleicht lag es ja auch daran, daß die Gebäude nicht mehr zeitgemäß sind. Ein Investor hätte wohl neu bauen müssen.
Bis zuletzt verfolgten die Angestellten den Gedanken, eine Mitarbeitergesellschaft zu gründen und das Unternehmen in eigener Regie weiterzuführen. Allerdings hätte aus den erwirtschafteten Erträgen die bisherige Miete nicht gezahlt werden können. Die Mitarbeiter boten Frau Schlieben an, eine um etwa 50 % reduzierte Miete zu zahlen. Doch dazu war sie wohl nicht bereit. Ist der Grund für die Verweigerungshaltung darin zu suchen, daß der Insolvenzverwalter den ehemaligen Geschäftsführer Jochen Schlieben von seinen Aufgaben entbunden hat? Oder hätte Frau Schlieben aus den um die Hälfte reduzierten Mieteinnahmen ihre laufenden Grundstückskosten nicht decken können? Jedenfalls schrieb die Nordsee-Zeitung, der Insolvenzverwalter “bedauere, dass die Schliebens der Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern nicht nachkämen”.
Auf jeden Fall wird das Autohaus zum 31. Juli 2016 geschlossen werden. Bremerhaven hat nach der Schließung keine Ford-Vertretung mehr – und 20 Mitarbeiter müssen sich eine anderweitige Beschäftigung suchen. Aber vielleicht gibt es ja Hoffnung: Der Ford-Konzern will für Bremerhaven schnell einen neuen Vertragshändler suchen. Vorerst müssen Fordfahrer in den Landkreis ausweichen: nach Ihlienworth, Cuxhaven, Hagen, Bad Bederkesa oder Mulsum.
Quellen:
“Autohaus meldet Insolvenz an”, D. Rahe, Nordsee-Zeitung vom 28.09.2012
“Gute Chancen für Rettung von Schlieben”, Nordsee-Zeitung vom 13.11.2012
“Autohaus Schlieben schließt”, D. Schmidt, Nordsee-Zeitung vom 30.06.2016
“Ford kündigt Rückkehr an”, Nordsee-Zeitung vom 02.207.2016
“Schlieben bleibt bis Ende Juli”, Nordsee-Zeitung vom 04.07.2016