Aus dem Heimatbuch von Kunnersdorf — Teil 1
Grund- und Gutsherrschaft Die Grund- und Gutsherrschaft in Kunnersdorf ist zugleich ein Abbild der lokalen Adelsgeschichte. Mit der Gründung des einseitigen Waldhufendorfes ging der westlich des Weißen Schöpses gelegene Gemarkungsanteil im Wesentlichen in das Eigentum des Landesherrn über. Dieser ließ die Ländereien anfangs als Lehen bewirtschaften. Später kamen sie zum Verkauf für entsprechend “harte Währung”. Die Dorfbewohner — Bauern, Gärtner und Häusler — sind nach anfänglichen Freiheiten zunehmend zu den sogenannten Hofdiensten und zu Abgaben an die jeweiligen Grundherren gezwungen worden. Ein bisher ältestes bekanntes Dokument aus dem Jahre 1435 verweist namentlich auf die Herrschaft in Kunnersdorf. Darin bestätigt der Bischof Johann von Meißen den Verkauf des Bischofszehnten im Dorfe Kunnersdorf, den der bisherige Besitzer Hans Eymud an den “Görlitzer Hauptmann Heincze Kottwitz” veräußert hat. Mehrfach wechselten in den folgenden Jahrhunderten die Eigentumsverhältnisse. Aus der Vielzahl der Grundherren und Rittergutsbesitzer soll nachfolgend eine Auswahl vorgestellt werden: Der reiche Görlitzer Großkaufmann Hans Frenzel erwirbt im Jahre 1505 Kunnersdorf. Liebstein wurde 1525 sein Eigentum. Erst zum Ende des 16. Jahrhunderts wechselte Kunnersdorf aus dem Besitz der Frenzel’schen Familie in andere Hände. Man kann annehmen, dass um 1600 das Alte Schloss, die spätere Schlossgärtnerei, erbaut wurde. Ab dem Jahre 1640, Joachim von Schachmann auf Köslitz und Girbigsdorf hat Kunnersdorf gekauft, sind bis 1772 Glieder der Schachmann’schen Familie Eigentümer des Dorfes. Das Neue Schloss ist nach einigen Angaben am Anfang und nach anderen Mitteilungen in der Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut worden. Nach denen von Schachmann wechselten die Eigentümerverhältnisse wieder in schneller Folge. Um 1850 ist die Regulierung der durch den preußischen Staat gesetzlich verordneten Abschaffung der Dienste und Abgaben der Einwohner an die Gutsherrschaft bzw. das Rittergut nach mehreren Jahrzehnten Verhandlungen abgeschlossen worden. Damit war die Gutsherrschaft in Kunnersdorf im Prinzip beendet. Im Jahr 1851 kaufte der belgische Gesandte am preußischen Hofe in Berlin, Jean Baptiste Nothomb, die ‚”Herrlichkeit Kunnersdorf en bloc — mit dem Landgut Charlottenhof und der Ziegelei –“. Der weltgewandte Baron von Nothomb, er war 1852 in den Adelsstand erhoben worden, bringt im hiesigen Schloss seine berühmte, umfangreiche europäische Sammlung von Karten und Dokumenten unter. Zahlreiche Gäste aus nahezu allen europäischen Ländern werden auf Schloss Kunnersdorf von ihm zu politischen und wirtschaftlichen Gesprächen empfangen. Seinem Einfluss ist auch die nachträgliche Errichtung des Bahnhofs Charlottenhof zu verdanken. Er ließ das Gut von einem Pächter bewirtschaften. Baron von Nothomb stirbt im Jahre 1881, und seine Erben verwalten noch bis 1885 das Kunnersdorfer Rittergut. Hugo von Stockhausen, preußischer Regierungsrat a.D. aus Köln und katholischer Konfession, ist ab 1885 durch Kauf der neue Eigentümer des Rittergutes. Mit der evangelischen Kirchengemeinde lag er in einem langjährigen, Aufsehen erregenden gerichtlichen Streit. Als Patron von Kirche und Schule monierte er viele Jahre die aus dieser Pflicht entstandenen Beiträge für Reparaturen und Anschaffungen im Kirchen- und Schulbereich. Fritz von Wrangel heiratete in die Familie von Stockhausen ein und war bis 1945 mit seiner Frau der letzte adlige Bewohner von Schloss Kunnersdorf. Durch die Bodenreform 1945/46 ist das Rittergut enteignet worden. Als “Siedlergut” nahm es Vertriebene aus ehemaligen deutschen Ostgebieten auf, die hier einen neuen Anfang als selbständige Landwirte fanden. An dieser Stelle ist einzufügen, dass zum Kunnersdorfer Rittergut im Osten der Gemarkung ein Vorwerk gehörte. Nachweislich schon seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts bestehend, wurde es später Charlottenhof genannt. Hans-Joachim Sciborski, Borkheide Aus: Kunnersdorf, Perle am Weißen Schöps. Lausitzer Heimatverlag 2009 Mit freundlicher Genehmigung desLausitzer Heimatverlages und des StadtBILD-Verlages Görlitz