Amerikaner in Bremerhaven — Folge 1
In der Dr.-Franz-Mertens-Straße steht noch heute ein in den Jahren 1937 – 1939 gebauter Gebäudekomplex, der am 02.10.1939 als Marinelazarett offiziell eigeweiht wurde. Nach der Kapitulation im Mai 1945 übernahm die amerikanische Besatzungsmacht das Lazarett für die Behandlung ihrer in Norddeutschland stationierten Soldaten und ihrer Angehörigen.
In den Jahren 1961 und 1962 wurde das US Army Hospital Bremerhaven (33rd Station Hospital) vollständig renoviert und für modernste medizinische Verfahren eingerichtet. So gab es eine Serologie, eine Röntgenabteilung, eine Zahnklinik und eine Augenklinik. Auch ein EKG konnte hier geschrieben und ausgewertet werden.
Für die medizinische Rehabilitation der Soldaten stand eine umfangreiche Physiotherapie zur Verfügung, die ebenfalls nach modernsten Erkenntnissen eingerichtet war: Whirlpool, Wärmebehandlung mit Elektrotherapie, Übungsgeräte aller Art und ein großes Bewegungsbecken für verschiedene Wasseranwendungen.
Doch obwohl hier im Bremerhavener US-Hospital alle medizinischen Fachrichtungen angeboten wurden, war es manchmal erforderlich, Patienten an das US-Hospital in Frankfurt zu verlegen. Besonders als in den Jahren 1990 und 1991 aus den Irak-Kriegen Soldaten mit schweren psychischen Störungen zurückkamen, wurden diese an Spezialisten nach Frankfurt überwiesen.
Es war eine schlimme Zeit für die amerikanischen Soldaten. Niemand hatte mehr damit gerechnet, in einen Krieg ziehen zu müssen. Es war eine Zeit, in der das ohnehin gut gesicherte Hospital besonders gründlich bewacht wurde – Terrorangst. Selbst die Unterseite der Autos der Krankenschwestern wurde mit einem Spiegel inspiziert.
Wer das Hospitaltor passierte, der betrat eine andere Welt – er war in Amerika. Dort, wo heute die Apotheke am Blink ihren Verkaufsraum hat, war früher die Kantine. Natürlich wurden amerikanische Gerichte serviert. Auf der Speisekarte standen Steak, Maccaroni Cheese und Hamburger. Und wie es in Amerika üblich ist, wurden an einem großen Büfett viele Salat- und Obstsorten angeboten. Das Zahlungsmittel war natürlich der Dollar.
Heute ist das alles vorbei. Am 01.04.1993 haben die Amerikaner das US-Hospital für immer geschlossen und das Grundstück an die deutsche Verwaltung zurückgegeben. Heute beherbergt der vierstöckige aus Ziegel und Beton errichtete Bau das Nordsee Wirtschafts-Zentrum. Aber Gesundheit spielt immer noch eine große Rolle. Es gibt eine Apotheke, Ärzte verschiedener Fachrichtungen, eine Tagesklinik für ambulante Operationen sowie ein Sanitätshaus und verschiedene andere Geschäfte.
Wenn man vom Innenhof her das Haupthaus betritt, erblickt man das große Treppenhaus. Hier scheint die Zeit stillgestanden zu sein, es hat sich nichts verändert. Das schöne Treppengeländer und die bemalten Bleiverglasungen an den Fenstern sind erhalten worden. In der 3. Etage steht noch immer eine alte Rezeption.
Und überall sieht man noch immer englischsprachige Schilder: “AFTER 1630 PLEASE RING BELL”, fordert das eine auf oder “Scrub suits hats required beyond red line” ein anderes.
Eine kleine Besonderheit haben uns die Amerikaner aber hinterlassen: Die Türöffnungsmechanismen aus der Zeit der Amerikaner sind geblieben. Die breiten Türbügel dienen gleichzeitig als Türklinke, sodass die Türen sich automatisch öffnen, wenn man dagegen drückt.
Quellen:
U. S. Army, Europe Medical Bulletin, Vol. 20, No. 1, January 1963
Martina Albert: Medizin auf neuestem Stand, Nordsee-Zeitung vom 10.03.2015
Marco Butzkus: 16 Jahre – 16 Leben, Die amerikanische Seite Bremerhavens
www.usarmygermany.com