Als sich unverheiratete Frauen noch in Spinnstuben trafen
Es ist noch gar nicht so lange her, dass es sich für unverheiratete Frauen nicht schickte, ein Wirtshaus zu betreten. Soweit sie das entsprechende Alter hatten, trafen sich im Wirtshaus die jungen Männer. Mädchen aber versammelten sich üblicherweise in den Spinnstuben, um für die Aussteuer zu spinnen oder andere Handarbeiten zu verrichten.
Gerade in ländlichen Gegenden waren Spinnstuben Orte einer dörflichen Kultur. Man traf sich abwechselnd auf dem einen oder anderen Hof zum Spinnen und tauschte nebenbei die neuesten Nachrichten aus. Manchmal waren junge Burschen anwesend, die Musik machten, und dazu wurden gemeinsam Volkslieder gesungen. Bei feuchtfröhlicher Ausgelassenheit kam es dann und wann auch zu ersten mehr oder weniger schüchternen sexuellen Kontakten.
Aber die jungen Männer besuchten die Spinnstuben nicht immer. Doch wenn das Wirtshaus den Zapfhahn absperrte, gingen sie bei den Spinnstuben vorbei, um die jungen Mädchen auf dem Nachhauseweg zu begleiten. Das war eine willkommene Gelegenheit, unbeobachtet eine neue Beziehung anzubahnen oder mal mit der Liebsten alleine zu sein.
Natürlich war dieses unsittliche Treiben der weltlichen und geistlichen Obrigkeit ein Dorn im Auge, und in Spinnstubenverordnungen wurde geregelt, wann man sich treffen und wie lange die Geselligkeit andauern durfte. Teilweise wurden die Spinnstuben ganz verboten.
Auch in vielen Dörfern im Elbe-Weser-Dreieck trafen sich junge Mädchen in Spinnstuben. Und auch hier hat sich bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein evangelischer Pfarrer über den Moralverlust beklagt und meinte, dass die Sittlichkeit manchmal zu wünschen übrig lässt.
Um 1900 besaß in dieser Gegend fast jeder Hof ein oder zwei Spinnräder. Mit viel Feingefühl stellten die jungen Mädchen bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg aus mitgebrachter Wolle ihre Aussteuer für die spätere Ehe her.
Heimatverbände und Volkshochschulen versuchten nach dem Zweiten Weltkrieg, den Brauch der Spinnstuben wieder aufleben zu lassen. In den Städten hatte man damit kaum Erfolg, doch auf den Dörfern nahm man das Angebot mit Freude an. Auch im Heimatverein Debstedt treffen sich seit 25 Jahren jeden ersten Dienstag im Monat Bürger, die Freude am Spinnen haben. Zwischen 14 und 17 Uhr lassen sie unter dem alten Gebälk des Heimathauses ihre Spinnräder surren.
Quellen:
Nordsee-Zeitung vom 19.06.2014
de.wikipedia.org
Guten Tag.Mich interessiert der Bericht NZ.vom19.6.2014: Als sich un-
verheiratete Frauen noch in Spinnstuben trafen.Wie kann ich den Artikel drucken?Mit den beiden Fotos.Gruß,Siegfried Stegmann
Hallo Herr Stegmann,
ich werde Ihnen den Artikel in der kommenden Woche zusenden.
Schöne Grüße von der Wesermündung,
Hermann Schwiebert