Fast 100 Jahre war das Görlitzer Jugendstilkaufhaus ununterbrochen in Betrieb. Doch seit das Hertie-Warenhaus das Kaufhaus am 15. August 2009 schloss, steht das Gebäude leer. Nur noch die Parfümerie Thiemann hält die Stellung und konnte gemeinsam mit der Görlitzer Denkmalschutzbehörde das Gebäude bisher vor größeren Bauschäden bewahren.
Dem Lübecker Unternehmer Winfried Stöcker liegt die Oberlausitz am Herzen. Schon kurz nach der Wende hat er das Grundstück seiner Eltern in Rennersdorf gekauft, die 1960 ihre kleine Spinnerei wegen der damals in der DDR beginnenden Enteignungswelle verlassen mussten.
Nun hat er das denkmalgeschützte Görlitzer Jugendstilkaufhaus erworben, um es wieder als Kaufhaus zu nutzen – sowohl internationale Händler als auch Görlitzer Geschäftsinhaber sollen willkommen sein, sich hier anzusiedeln. Details hat der neue Eigentümer aber noch nicht verraten wollen. Vermutlich sind die Pläne noch nicht ganz spruchreif. Die Sächsische Zeitung titelte am 14.09.2013: “Investor plant Görlitzer Kaufhaus im Stil des KadeWe” und berichtete, dass Winfried Stöcker ein Sanierungsvolumen von 20 Millionen Euro in das Jugendstilkaufhaus investieren will. Und er wünsche sich, dass die Stadt Görlitz ihre bisherige Haltung aufgibt und unter dem Marienplatz eine zweistöckige Tiefgarage gebaut werden kann.
Winfried Stöcker soll sich das Berliner “Kaufhaus des Westens” (KaDeWe) als Vorbild für seine Pläne genommen haben. Mit seiner einzigartigen Architektur könnte aus dem Görlitzer Gebäude ein “Kaufhaus der Oberlausitz” (KaDeO) werden.
Laut Sächsische Zeitung sollen zunächst die Etagen saniert und danach am hinteren Gebäudeteil angebaut werden. Das Erdgeschoss sei für einen Lebensmittelmarkt vorgesehen. Fahrstühle und Rolltreppen bringen die Kunden und Besucher in das oberste Geschoss, wo sie in einem Café und Restaurant verweilen können. Auf den Etagen werden sich Kunden und Touristen – auch aus Breslau oder Dresden kommend — in verschiedenen Geschäften mit hochwertigen internationalen Markenprodukten versorgen können.
Nein, ein Allerweltskaufhaus soll es nicht werden, dann würden sich nicht genügend Kunden aus Breslau oder Liberec oder Zittau auf den Weg nach Görlitz machen. Doch auch der nicht so gut betuchte Kunde soll hier im “KaDeO” willkommen sein, um seinen täglichen Haushaltsbedarf einzukaufen.
Bleibt zu hoffen, dass die Görlitzer endlich einen ernstzunehmenden Investor gefunden haben, der nicht nur darin denkt, möglichst gute Rosinen aus dem Investment zu picken und der Stadt dann wieder den Rücken zu kehren.
Aber abseits aller Planerei steht jetzt erst mal die Feier zum 100-jährigen Bestehen des Kaufhauses an. Zunächst war als Termin der 30. September 2013 eingeplant – genau 100 Jahre nach der Ersteröffnung. Doch der überraschende und plötzliche Verkauf des Kaufhauses an Winfried Stöcker hat eine Terminverschiebung notwendig gemacht. Die große Kaufhaus-Geburtstagsparty steigt jetzt in der Adventszeit und soll vom 13. – 15. Dezember dauern. Wer dann nach Görlitz kommt, kann die Kaufhausfeier gleich mit einem Besuch auf dem Schlesischen Christkindelmarkt verbinden.
Am kommenden Mittwoch, dem3. Oktober, werden die Angestellten der Thiemann-Parfümerie ihre Kunden in Kostüme aus der Zeit um 1910 bedienen. Die Verkaufsvitrinen sollen dann mit Ausstellungsgegenständen aus den Anfangsjahren des Kaufhauses bestückt sein.
Quelle und weitere Informationen:
Pressemitteilungen der Bürgerinitiative Görlitzer Kaufhaus
vom 27.06.2013, 14.09.2013
DeichSPIEGEL vom 14.09.2012
alles-lausitz.de
derhandel.de