Die Windjammer kommen — Teil 12
Fünf Jahre harte Arbeit haben die Organisatoren hinter sich. Es wurde geplant, Einladungen an die Teilnehmer verschickt, die angenommen wurden – und manchmal wieder abgesagt wurden. So liegt das 3‑Mast-Vollschiff “Amerigo Vespucci” der italienischen Marine wohl unvorhergesehen noch in der Werft. Jedenfalls ist der Segler, der gegenüber der Fregatte “Karlsruhe” festmachen sollte, auf der Schiffsliste nicht mehr aufgeführt.
Nachem nun alles Wichtige und auch manches Unwichtige erledigt ist und hoffentlich alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden konnten, muss die Organisatoren nur noch ihr Lampenfieber in Griff bekommen. Aber heißt es so schönt: “Es wird schon!”
Foto: alex‑2.de
Etwa ab 11 Uhr sammeln sich die Schiffe am 12. August auf Höhe des Insumer Ochsenturmes. Anschließend werden sie in zwölf Gruppen Richtung Bremerhaven fahren. Das bisherige Flaggschiff “Gorch Fock” wird in diesem Jahr erstmals nicht an der Sail teilnehmen können. Unaufschiebbare Instandsetzungsarbeiten an dem als Bark getakelten Schulschiff der Deutschen Marine erfordern dringend einen Werftaufenthalt. So wird es der gerade erst mit grünen Segeln ausgerüstete Großsegler “Alexander von Humboldt II” sein, der bei der diesjährigen Einlaufparade als Sail-Flaggschiff vorausfahren wird.
Aber es sind ja nicht nur die Großsegler, die so eine Schiffsparade ausmachen. Nein, es sind auch die unzähligen kleinen Schiffe und Schiffchen, die in kaum einer Aufzählung erwähnt werden. Ohne die aber ein Festival der Schiffe nicht vorstellbar wäre. Die Segelyachten, die Ewer, die Kutter, die Rund- und Plattbodenschiffe.
Bild: hafenlust-ol.de
Die genietete stählerne “Theepot” hat die Boomsma-Werft im niederländischen Sneek in den 1920er Jahren gebaut. Das Schiff ist eine sogenannte Lemster Aak und zählt zu den Plattbodenschiffe. Diese Schiffe haben keinen Kiel und wurden speziell für flache Gewässer wie das Wattenmeer gebaut. Mit ihren Seitenschwertern wirken die Schiffe einer Abdrift beim Segeln entgegen. Am Mast wird ein Gaffelsegel mit kurzer, geschwungener Gaffel gefahren. Als Vorsegel werden Fock und Klüver gesetzt. In den Niederlanden ging man mit diesen schnellen Seglern jahrzehntelang Heringe und Anjovis fischen.
Die nur neun Meter lange “Theepot” hat noch auf keiner Sail oder Festwoche gefehlt. Als Mitglied der Schiffergilde Bremerhaven segeln die Eigner das Schiff nach den Regeln traditioneller Seemannschaft in den Monaten April — Oktober in Nord- und Ostsee. Da der Mast mit Bordmitteln schnell gelegt werden kann, werden auch angrenzende Binnenreviere und Flussläufe befahren. Die Reisen führten bisher in die Niederlande, nach Dänemark, Schweden und Polen.
Übrigens führt die “Theepot“ im Masttop einen blauen Flögel – dieser weist ihn als ehemaliges Berufsfahrzeug aus. Sportfahrzeuge führen indessen einen roten Flögel.
Bild: bremerhaven.de
Die nur 6,50 Meter lange Tusnelda zählt ebenfalls zu den Plattbodenschiffen, das aufgrund ihres geringen Tiefganges ideal für das Befahren flacher Gewässer ist. Das Stahlschiff hat an der Backbord- und an der Steuerbordseite jeweils ein Schwert. Am Schiff wurde viel edles Holz verbaut, dass alle zwei bis drei Jahre geschliffen und lackiert werden muss.
Bild: bremerhaven.de
Das Plattbodenschiff “Jonkvrouw” ist eine Zeeschouw. Hierbei handelt es sich um ein Flachboden-Fischerboot mit einem flachen sechseckigen Vor- und Achterspiegel. Es wurde zum Transport von Gütern und Vieh eingesetzt. Eine Zeeschouw hat hervorragende Segeleigenschaften. Da der Mast niedergelegt werden kann, eignet sich die “Jonkvrouw” auch zum Befahren von Binnengewässern.
Bild: bremerhaven.de
Das Motorsegelschiff “Angela von Barßel” wurde als Tjalk im Jahr 1896 auf der holländischen Bauwerft A. Muler gebaut. Die Tjalk ist ein weit verbreiteter Schiffstyp der friesisch-emsländischen-oldenburgischen Fluß-und Küstenschiffahrt im 19. Jahrhundert. Tjalken transportierten den Brenntorf zu den großen Städten und zu den Ziegeleien an der Ems.
Die “Angela von Barßel” wurde in den Jahren 1985 und 1986 von Mitgliedern des Trägervereins liebevoll restauriert. Der Heimathafen ist Barßel im Oldenburger Münsterland.
Die Sail macht hungrig. Daran haben auch die Organisatoren gedacht und dafür Sorge getragen, dass genügend Speisekarten für die verschiedensten Geschmäcker etwas anbieten. 44 Imbiss-Stände werden sich auf dem Sail-Gelände verteilen und Köstlichkeiten wie “Flamm-Lachs über dem Feuer gegrillt” oder Bugerschinken oder Schaschlik feilbieten. Und wer lieber das Süße mag, der darf sich auf “Baumkuchen über dem Feuer gebacken” freuen.
Viele große und kleine Schiffe, die zur Sail Bremerhaven 2015 erwartet werden, habe ich Euch in den vergangenen Tagen vorgestellt. Wem das nicht reicht, der sollte sich die Homepage der Stadt Bremerhaven anschauen. Dort findet Ihr eine Liste sämtlicher Schiffe, ein Verzeichnis der Liegeplätze der Großsegler, das komplette Programm der Sail 2015 und viele weitere Informationen.
Oftmals begegnen Euch maritime Begriffe wie “Die Alex II” ist als Bark getakelt oder etwa die “Young Endeavour” ist eine Brigantine. Wenn Ihr Euch für den Sail-Besuch schlau machen wollt, findet Ihr auf der Homepage von Uwe Beerens ein tolles maritimes Lexikon.
Und nun lasst in den kommenden Tagen die Seele baumeln und habt viel, viel Spaß auf der Sail Bremerhaven 2015.