90 Jahre Viermaststahlbark “Kruzenshtern”
Als die Viermaststahlbark “Kruzenshtern” am 24. Juni 1926 in der Schiffswerft Joh. C. Tecklenborg in Wesermünde vom Stapel lief, hieß sie noch “Padua”. Gebaut wurde sie für die Hamburger Reederei Laeisz. Mit der “Pamir” und der “Passat” gehörte sie zu den berühmten Flying P‑Linern, die für ihre Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit berühmt waren. Die Flying P‑Liner waren in den Farben der Reederei gestrichen: schwarzes Überwasserschiff, rotes Unterwasserschiff und weiße Wasserlinie.
Eigentlich war die Zeit der Segelschiffe schon vorbei, als der Reeder Carl Heinrich Laeisz der Tecklenborg-Werft den Auftrag erteilte, eine Viermastbark zu bauen. Längst verdrängten Dampfer und Motorschiffe die Windjammer von den Weltmeeren. So sollte die “Padua” auch das letzte frachtfahrende Segelschiff der Welt sein, dass ganz ohne Motor gebaut wurde. Die Reederei Laeisz benötigte den Rahsegler in der Salpeterfahrt nach Chile und zum Transport von Weizen von Australien nach Europa. Aber auch als Ausbildungsschiff für angehende Schiffsoffiziere und Kapitäne sollte die “Padua” dienen.
Also machte man sich auf der Tecklenborg-Werft an die Arbeit und konzipierte eine Viermastbark als frachtfahrendes Segelschulschiff. Dazu bedienten sich die Schiffsbauer der Risse der im Jahre 1903 vom Stapel gelaufenen “Pangani”, die im Januar 1913 nach einem Zusammenstoß mit einem französischen Dampfer sank. Die etwa 114 Meter lange und 14 Meter breite “Padua” wurde als Viermastbark getakelt. 34 Segel mit einer Segelfläche von rund 3.400 Quadratmeter verleihen dem Windjammer eine Geschwindigkeit von bis zu 17,4 Knoten. Die Jungfernfahrt führte das Schiff in 87 Tagen nach Talcahuano in Chile. Zwei Jahre später startete sie in Hamburg und erreichte den gleichen Zielhafen in nur 76 Tagen.
Die letzte Fahrt unter deutscher Flagge führte die “Padua” 1938/1939 von Bremen über Valparaiso nach Port Lincoln in Australien, um von dort Weizen zu holen. Diese Strecke bewältigte sie bereits 1933/1934 in der Rekordzeit von 67 Tagen. Nach seiner Rückkehr wurde der Windjammer als Schulschiff in der Ostsee eingesetzt. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges lag er im Flensburger Hafen und fuhr über Kiel und Lübeck nach Swinemünde, wo er im Januar 1946 als Reparationszahlung an die damalige UdSSR abgegeben werden musste. Die sowjetischen Behörden ließen die Bark nach Kronstadt schleppen, überholten sie und tauften sie um auf den heutigen Namen “Kruzenshtern”. Der Heimathafen ist nun Kaliningrad.
Bis 1961 liegt die “Kruzenshtern” im Hafen, irgendwann in dieser Zeit erhält sie ihren ersten Motor. Schließlich wird der Segler dem Hydrografischen Institut zugeteilt und unternimmt als ozeanografisches Forschungsschiff Fahrten in den Atlantik, die Karibik und in das Mittelmeer.
Nachdem in den Jahren 1968 bis 1971 weitere Umbauten und Modernisierungen ausgeführt wurden, findet die “Kruzenshtern” wieder als Schulschiff für Offiziersanwärter Verwendung. Als regelmäßige Teilnehmerin an Regatten auf der ganzen Welt hat sie viele Preise und Auszeichnungen erworben. Anlässlich des 300-jährigen Bestehens der russischen Flotte nahm die “Kruzenshtern” 1995/1996 an einer Weltumsegelung teil. Die Reise sollte sie weltberühmt machen – sie legte in 308 Tagen 39.000 Seemeilen zurück. Und auf der “Columbus 1992”, einem Transatlantik-Rennen, dass zu Ehren der Entdeckung Amerikas veranstaltet wurde, erreichte der Viermaster auf der Fahrt von Boston nach Liverpool eine Spitzengeschwindigkeit von 17,4 Knoten.
Heute können sich auch Trainees um eine Mitfahrt auf dem Schiff bewerben. Die Einnahmen sollen zum Unterhalt des Schiffes beitragen. Und immer wieder ist die “Kruzenshtern” ein gern gesehener Gast in Bremerhaven, der kaum eine Windjammerparade auslässt und regelmäßig zum “Open Ship” einlädt.
Quellen:
Harry Gabcke: Bremerhaven in zwei Jahrhunderten 1919–1947, Seite 40
Kruzenshtern.info
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