Die Monatszeitschrift StadtBILD hat in ihrer Ausgabe Nr. 79 vom Januar 2010 einen Aufsatz von Herrn H.-D. Müller über den Görlitzer Stadtpark veröffentlicht:
Zur Vorgeschichte von 1760 bis 1814
Einst befanden sich vor den Toren der Stadt am Frauentor in Richtung Süden die ausgeprägten Viehweiden oberhalb der Neiße gegenüber den angelegten Bleichen der Ostseite. An der Kahle zur Uferstraße entstand nach und nach der Garten von Hartmann bis 1766. Östlich von diesem kam der Schrickelsche Garten 1760 mit einem Wohnhaus, Pavillon und streng geometrisch gehaltenen Rabatten zur Geltung. Er lag zwischen Kahle und dem Lindenweg. Schon 1813 begann man in der Stadt mit der Planung und den Anfängen eines Ausbaus von Parkanlagen. Es war die Zeit Napoleons, welche die Stadt in Schrecken hielt. Görlitz gehörte seit 1635 zum Kurfürstentum Sachsen. In der Nähe der einstigen Freilichtbühne (jetzt nur noch Reste vorhanden) befindet sich oberhalb unter Zypressen ein Rondell. Rechts und links sind acht große steinerne Kugeln zu sehen. Die Mitte zeigt einen 1,50 Meter hohen Findling mit einem Kreuz und der Jahreszahl 1813.
Der Stadtpark, 1814 von dem berühmten Gartengestalter Lenné zunächst als botanischen Garten angelegt, hatte einen bereits guten Bestand teilweise seltener Baumarten. In der weiteren Entwicklung war es nicht nötig, kostspielige Erdbewegungen vorzunehmen. Von Natur aus waren bereits Hügel, Täler, Felsen, Wasserflächen und Aussichtspunkte vorhanden. Der Park konnte großflächig und mit weiträumigen Rasenflächen und Bäumen sowie Sträuchern eine Bepflanzung erfahren. Peter Joseph Lenné (1789 — 1866) — ein Gartenarchitekt. 1854 wurde er Generaldirektor der königlichen Gärten in Preußen. Er bemühte sich um eine verbesserte Ausbildung für Gartenbaumeister und Gärtner. So schuf er u.a. Parkanlagen von Sanssouci und den Berliner Tiergarten.
Der Stadtpark im Wandel der Zeit
Um 1925 legte der damalige Stadtgartendirektor Diekmann besonderen Wert auf weiteren Ausbau der Parkanlagen, so auch des Stadtparkes, und ließ die Stadt zur Perle einer Gartenstadt Deutschlands und Schlesiens werden. Die Promenade war eine Flaniermeile überwiegend von der Mittelschicht der Stadt aus dem Konsul- und Gründerzeitviertel. Ein Spaziergang vom Portikus in den anschließenden Stadtpark lud zum Verweilen ein.
Der hölzerne Portikus war anlässlich einer Huldigung an den neuen Landesherrn, dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. am 3. August 1815 auf dem Obermarkt errichtet worden. Ein Jahr später fand er an der Promenade seinen neuen Standort, wo er 1840 einen grundlegenden Umbau erfuhr. Dieser musste jedoch nach 1945 weichen.Beginnen wir nun einen Abstecher in die schönste Parkanlage der Stadt, von Westen kommend an einem Hauptweg. Besonders auffallend dabei sind historische Denkmäler, Skulpturen und ein Brunnen.
Nördlich eines Brunnens befindet sich das Humboldt-Denkmal mit dessen Büste. Der Schwerpunkt seines Schaffens lag auf dem Gebiet der Geowissenschaften. Die Inschrift auf dem Sockel lautet: “Dem Andenken an Alexander von Humboldt 1769 – 1859“. Es stammt von Daniel Christian Rauch und wurde 1871 aufgestellt.
Oberhalb der Rosenterrasse steht das Parkhäuschen, 1845 als Wohnung für den Parkgärtner erbaut. Heute wird das Parkhaus als “Café Parkhäuschen” genutzt. Zuvor war es Domizil der Parkverwaltung der Stadt.
Der schöne alte Baumbestand enthält neben heimischen Bäumen auch Plantanen, kanadische Eichen, Zypressen, diverse Rot- und Weißbuchen, einen Gingkobaum sowie Magnolien und besonders beschriftete exotische Gewächse. Auch erfreut jeden Besucher im Mai/ Juni ein in mehreren Farben blühender Rhododendronhang gegenüber dem Meridianstein. Einige seltene und gut gewachsene Bäume sind besonders gekennzeichnet als “Naturdenkmal”.
Rund um den Goldfischteich
Die Freilichtbühne entstand im Laufe der 195Oer Jahre in einem Tal, umgeben von Felsen in der Nähe des Goldfischteiches, nach dem Entwurf des Gartenbaudirektors Henry Kraft und im Nationalen Aufbauwerk mit 1400 Plätzen. Die Einweihung erfolgte zu Pfingsten 1956. Ein Denkmal besonderer Darstellung befindet sich gegenüber dem Goldfischteich. Im Sockel befindet sich die in Stein gehauene Schrift ”Vermächtnis eines Görlitzer Kindes des Herrn Adolf Berthrann 1919”.
Ja, der Goldfischteich, einst Prunkstück mit Wasserspielen in den 1960er Jahren ist heute ein ungepflegter Teich, und man kann nur noch die Regulierung mit dem Schacht erkennen für Wasserab- und zufuhr. Der Stadtpark bietet auf allen Wegen viel Plätze zum Verweilen auf Bänken mit schönem Ausblick auf die Parkanlage. Auch gibt es eine Schachanlage. Für die Eltern mit Kindern ist der modern eingerichtete Spielplatz mit einer Burg auf Rädern ein Vergnügen. Ferner sind Klettergerüste eine Attraktion.
Beenden wir nun den Rundgang durch den Stadtpark und verlassen ihn über den Lindenweg zum Ufer der Neiße zum heutigen Mercure Parkhotel. Auf diesem Grundstück war einst ein reichlich besuchtes Eisstadion für Eishockey- und Familiensport. In Weiterführung des Tales befindet sich der Stadthallengarten. In diesem gab es einen Musikpavillon und davor noch heute 2 Tanzflächen. In den schönen Sommernächten in den 50er Jahren waren Tanzveranstaltungen mit Orchester ein Highlight. Eine Nutzung nach der Schließung der Stadthalle war nur bedingt möglich. Die Stadthalle, ein im Jugendstil angelegter Monumentalbau, liegt am Rande des Stadtparkes und ist 1908 von Architekt Bernhard Sehring gestaltet worden. Lange Zeit war dieser Bau einer der größten Konzert- und Festsäle der Grenzstadt Niederschlesiens mit der Hauptstadt Breslau. Vor der Wende ist die Stadthalle als Kulturzentrum der Stadt genutzt worden. Der reiche Skulpturenschmuck der Dachzone und neuklassizistische Stuckelemente an der Decke im Inneren sind architektonische Meisterleistungen. Im Jahr 2004 ist diese für Görlitzer Bürger einmalige Kulturstätte der Stadt verloren gegangen.
1961 ist der Meridianstein in Gestalt eines Globus errichtet worden. Die Inschrift erinnert an das Jahr der ersten Weltraumfahrt des ersten sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin 1961. Die Bronzeschiene auf der kreisförmigen Kugel bezeichnet genau die Lage des “15. Meridians“, des Längenkreises der mitteleuropäischen Zeit. Der Meridianstein hat seinen Bestand an dieser Stelle auch für künftige Generationen.
Text mit freundlicher Genehmigung des StadtBILD-Verlages Görlitz