Ausbildung auf der “Gorch Fock” vor 50 Jahren
Gerade hat Anfang März ein atlantisches Tauwetter der sibirischen Kälte des Jahrhundertwinters 1962/63 ein Ende bereitet, da versammelten sich am 1. April 1963 circa 80 Unteroffiziersanwärter und etwa die gleiche Anzahl Offiziersanwärter der noch jungen Bundesmarine in Kiel auf der Blücherbrücke. Sie wollten auf dem Knüppelkreuzer “Gorch Fock” ihre seemännische Ausbildung absolvieren.Am Anfang einer jeden Ausbildung steht immer die Theorie: Was bedeuten die Bordkommandos, wer hat welche Manöverstation, was ist ein Fockmast, was ein Großmast, was ist das “laufende Gut” und was sind Tampen? Der Seemann bedient sich einer besonderen Sprache, die gelernt werden muss.
Der Oberstabsbootsmann d. R. Hans J. Ryszewski war 1963 als 22-jähriger Unteroffiziersanwärter bei der 12. Auslandsausbildungsreise des Segelschulschiffes “Gorch Fock” dabei. Die Nordsee-Zeitung hatte Gelegenheit, Teile seiner Erinnerungen abzudrucken:
Die Soldaten schliefen natürlich in einem 80-Mann-Deck in Hängematten, jeder hatte für sein persönliches Hab und Gut einen Spind zur Verfügung, der eine Größe von 80 mal 50 Zentimeter hatte. gewaschen und rasiert wurde sich bei jedem Wetter an Oberdeck.
Bei der Hängemattenmusterung, die fünf Minuten nach dem Wecken auf dem Oberdeck stattfand, überprüften die Unteroffiziere, ob die Hängematten ordentlich gezurrt und verpackt waren. Das Oberdeck wurde täglich mit dem “Gebetbuch” geschruppt.
Am 16. April war die Hafenausbildung abgeschlossen, es ging zur praktischen Segelausbildung in die Ostsee. Drei tage lang wurden alle Segelmanöver eines Rahseglers geübt, bis die Schiffsführung mit dem Ergebnis zufrieden war. Nun konnte die 12. Ausbildungsreise beginnen.
Am Montag, 22. April, ging es los. Die “Gorch Fock” wurde vom Marine-Musikkorps Ostsee verabschiedet und erwiderte diesen Gruß mit drei Hurras auf die Stadt Kiel. Dann nahm sie Kurs auf den Nord- Ostsee-Kanal. Während der Kanalfahrt wies der Kommandant, Fregattenkapitän Hans Engel, in einer Rede die Besatzung eindringlichen auf die Sicherheitsmaßnahmen im Rigg hin: “Eine Hand für Dich – eine Hand fürs Schiff.”
Am 23. April um 9.30 Uhr lag die “Gorch Fock” in Brunsbüttel zum Aufriggen der Stenge und Rahen an den Dalben. Nur das Stammpersonal durfte diese komplizierte Arbeit in 30 – 45 Meter Höhe durchführen.
Bis hierher ein Teil des Berichtes der Nordsee-Zeitung vom 29.6.2013.
Mehr als 50 Jahre sind seit diesem Ereignis vergangen. Seither hatte der Rahsegler viele Höhen und Tiefen erlebt und viele Kommandanten gesehen. In seiner neuesten Ausgabe vom 9.12.2013 berichtet der Spiegel über den Nachwuchsmangel bei der Marine: “Im Jahr 2013 fehlen rund 1000 bis 1500 Soldaten”. Besonders groß soll der Mangel bei den Fachunteroffizieren sein, speziell in den technisch orientierten Verwendungen. In diesem Jahr sei eine “Personaloffensive Marine” gestartet.