Kategorie: Görlitz

Ratten in der ehemaligen Nähmaschinenteilefabrik Görlitz

 

Geräu­sche von arbei­ten­den Men­schen und Maschi­nen drin­gen aus die­sem ehe­ma­li­gen Näh­ma­schi­nen­tei­le­werk auf der Jau­er­ni­cker Stra­ße schon lan­ge nicht mehr nach drau­ßen. Nur Klap­per­ge­räu­sche von losen Blech­tei­len gibt die Rui­ne noch von sich und stört die Nacht­ru­he der in der Nach­bar­schaft leben­den Bevöl­ke­rung. Kat­zen und Rat­ten haben sich hier ein­ge­rich­tet und ein Zuhau­se gefunden.

Nähmaschinenteilefabrik

Seit Jah­ren kla­gen die Anwoh­ner über den Zustand und den Anblick der Indus­trie­rui­ne. Seit dem Jah­re 2009 berich­tet die  Säch­si­schen Zei­tung regel­mä­ßig von Hoff­nun­gen, dass die Bra­che dem­nächst dem Erd­bo­den gleich gemacht wer­den wür­de. Es ist von Besich­ti­gun­gen zu lesen, von Pla­nun­gen und Abriss­ge­neh­mi­gun­gen und von gro­ßen Schrit­ten, die man auf dem Weg zum Abriss wei­ter­ge­kom­men sei. Auch von einem Brief des Eigen­tü­mers an den Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Band­mann konn­te man aus der Zei­tung erfah­ren. Nach dem Abriss möch­te der Eigen­tü­mer die Grund­stücks­flä­che zunächst von Alt­las­ten befrei­en und dann verkaufen.

Aber seit im Jah­re 2009 der Schorn­stein gesprengt wur­de, tat sich wei­ter nichts. Und wie die Säch­si­sche Zei­tung heu­te berich­tet, wird sich auch der für die­ses Jahr ver­spro­che­ne Abriss erneut ver­zö­gern. Man muss immer noch pla­nen und pla­nen und planen…Und so wur­de auch gar nicht erst ein neu­er Abriss­ter­min genannt.

Vie­le Mie­ter haben kei­ne Geduld mehr und tra­gen sich mit dem Gedan­ken, die Süd­stadt zu ver­las­sen.
Quel­le:
Säch­si­sche Zei­tung vom 17.2.2009, 6.8.2009, 18.5.2010, 25.10.2012 und weitere

Flamme der Wahrheit” im Naturschutz-Tierpark Görlitz

Wang­chen, Abge­ord­ne­ter des Exil­par­la­ments der Tibe­ter und Mönch bringt die “Flam­me der Wahr­heit” auch in den Natur­schutz-Tier­park Görlitz! 

Naturschutz-Tierpark GörlitzAm 19. Okto­ber klin­gel­ten im Natur­schutz-Tier­park Gör­litz die Tele­fo­ne heiß. TSEWANG NORBU, Mit­glied im Vor­stand des Ver­ei­nes der Tibe­ter in Deutsch­land e.V. (VTD) rief über­ra­schend an und teil­te mit, dass der Mönch und Abge­ord­ne­te für Euro­pa des Exil­par­la­ments der Tibe­ter THUBTEN WANGCHEN auf dem Weg von Ber­lin nach Prag ist und Zwi­schen­sta­ti­on im Natur­schutz-Tier­park Gör­litz machen möch­te. Er hat erfah­ren, dass es dort ein tibe­ti­sches Dorf gibt, und das ist in Euro­pa ein­ma­lig. THUBTEN WANGCHEN, 1954 in Tibet gebo­ren, muss­te im Alter von fünf Jah­ren nach Kath­man­du, Nepal flie­hen. Seit 1981 lebt er in Euro­pa, 1994 grün­de­te er das Tibet Haus Bar­ce­lo­na (Casa del Tibet) des­sen Direk­tor er bis heu­te ist. 
Als Abge­ord­ne­ter des Exil­par­la­ments der Tibe­ter reist er zur Zeit durch ganz Euro­pa, um mit der welt­wei­ten Kam­pa­gne „Flam­me der Wahr­heit“ („Fla­me of Truth”) Unter­schrif­ten für die Peti­ti­on für ein men­schen­wür­di­ges Leben des tibe­ti­schen Vol­kes in Tibet zu sam­meln. Seit 2009 haben sich in Tibet 56 Tibe­ter aus Pro­test gegen die ein­schrän­ken­de Poli­tik und die uNaturschutz-Tierpark Görlitznver­hält­nis­mä­ßi­ge Gewalt Chi­nas in Tibet selbst ange­zün­det; allein 12 in die­sem Jahr. In Euro­pa begann die Kam­pa­gne „Flam­me der Wahr­heit“ in Bace­lo­na am 2. Sep­tem­ber, dem Tag der Demo­kra­tie. Auf sei­nem „Fackel­lauf“ bereist THUBTEN WANGCHEN auch deut­sche Städ­te. Ham­burg und Ber­lin hat er schon besucht. Nach sei­nen Auf­ent­hal­ten in Prag und Wien wird auch noch Mün­chen fol­gen.
Doch am 19. Okto­ber mach­te er außer­plan­mä­ßig Sta­ti­on in Gör­litz. Glück­lich und über­wäl­tigt stand er im tibe­ti­schen Dorf, füt­ter­te die Yaks und Kame­le, freu­te sich über die Kasch­mir­zie­gen und strei­chel­te die Bril­len­scha­fe. Im tibe­ti­schen Bau­ern­haus äußer­te er zum wie­der­hol­ten Male: Er fühlt sich wie zu Hau­se. In dem tibe­ti­schen Dorf in Gör­litz ist es wie in Tibet. Das muss er dem Dalai Lama erzäh­len. Hier möch­te er ein­mal eine Woche woh­nen, denn in sei­ne Hei­mat kann er nicht. 1987 war er das letz­te Mal in Tibet… 
Natur­schutz Tier­park Gör­litz Zgorzelec

Im Winter ist die Muschelminna zur Kur

Die Görlitzer Muschelminna in ihrem Winterhaus | Foto: Hermann SchwiebertSeit ver­gan­ge­nem Don­ners­tag lässt die Gör­lit­zer Stadt­ver­wal­tung die Brun­nen win­ter­fest machen.  Mit der Muschel­min­na am Post­platz haben die städ­ti­schen Mit­ar­bei­ter ange­fan­gen. In der kom­men­den Woche wer­den dann die wei­te­ren Brun­nen ein win­ter­fes­tes Zuhau­se bekom­men, damit sie im Früh­ling wie­der unbe­scha­det die Gör­lit­zer Gäs­te und Bür­ger erfreu­en können.

Da die Brun­nen­sai­son nun vor­bei ist, wird die Gele­gen­heit genutzt und Ende Okto­ber mit der Sanie­rung des Brun­nen­be­ckens begon­nen. In den Win­ter­mo­na­ten wer­den die Fir­men in ihren Werk­stät­ten die neu­en Becken­tei­le und das Brun­nen­haus bau­en. Bei guten Wit­te­rungs­be­din­gun­gen soll dann Anfang 2013 das Brun­nen­haus drei Meter unter die Erde ver­senkt und der neue Brun­nen­ring auf­ge­baut werden. 

Ob und wie der Post­platz umge­stal­tet wird, ist wohl noch nicht ganz spruch­reif. Eine ent­spre­chen­de Beschluss­vor­la­ge soll dem Stadt­rat wohl bereits vor­lie­gen. Jeden­falls soll sich der Gör­lit­zer Stadt­rat bereits Anfang Mai mit knap­per Mehr­heit für eine Rück­kehr zu einem – nicht nur in der Bevöl­ke­rung umstrit­te­nen — Wege­kreuz ent­schie­den haben. 

Quel­len:
Säch­si­sche Zei­tung vom
  5. Okto­ber 2012 “Im Win­ter ist die Min­na ohne Brun­nen”
12. Okto­ber 2012 “Muschel­min­na im Winterrock”

Görlitz gedenkt am 6. Oktober der Revolution 1989

Frauenkirche Goerlitz

Erinnerung an die friedliche Revolution des Jahres 1989

Gör­litz hat den 6. Okto­ber als nicht arbeits­frei­en ört­li­chen Gedenk­tag für die Gro­ße Kreis­stadt Gör­litz bestimmt. An die­sem Tag wol­len die Gör­lit­zer gemein­sam an das ers­te Frie­dens­ge­bet 1989 in der Gör­lit­zer Frau­en­kir­che geden­ken.  Damals ver­sam­mel­ten sich über 800 Men­schen, um für Demo­kra­tie und Frei­heit auf­zu­ste­hen, trotz gro­ßer und berech­tig­ter Sor­ge und Angst vor gewalt­tä­ti­gen Über­grif­fen der dama­li­gen Staatsmacht. 

Nach dem ers­ten Frie­dens­ge­bet in der Frau­en­kir­che folg­ten wei­te­re Kir­chen in Gör­litz die­sem Zei­chen und öff­ne­ten ihre Häu­ser. Demons­tra­ti­ons­zü­ge im öffent­li­chen Raum ergänz­ten die Frie­dens­ge­be­te. Sie waren die ein­zi­ge Mög­lich­keit der öffent­li­chen Ver­samm­lung und des Aus­tauschs von Infor­ma­tio­nen für die Men­schen in Görlitz.

In Geden­ken an die­se fried­li­che Demo­kra­tie­be­we­gung der Gör­lit­ze­rin­nen und Gör­lit­zer öff­net das Rat­haus am Sams­tag, dem 6. Okto­ber 2012, in der Zeit von 15:30 bis 17:30 Uhr sei­ne Türen. 

Im gro­ßen Sit­zungs­saal wird die Aus­stel­lung „20 Jah­re fried­li­che Revo­lu­ti­on“, eine Foto­do­ku­men­ta­ti­on der Ereig­nis­se von 1989 in Gör­litz, gezeigt. Zeit­gleich stel­len sich im gro­ßen Sit­zungs­saal alle Stadt­rats­frak­tio­nen vor. Besu­cher kön­nen sich in der „Poli­tik-Mei­le“ über die Arbeit aller Frak­tio­nen infor­mie­ren und mit Stadt­rä­ten ins Gespräch kom­men. OB Sieg­fried Dei­nege steht an die­sem Tag eben­falls für Gesprä­che zur Verfügung.

Im Anschluss an das Offe­ne Rat­haus lädt um 18:00 Uhr die Evan­ge­li­sche Innen­stadt­ge­mein­de Gör­litz und die Pfar­rei Hei­li­ger Wen­zel zu einer öku­me­ni­schen Andacht in die Frau­en­kir­che ein. Das dank­ba­re Erin­nern an den Auf­bruch des Jah­res 1989 und den Mut der Men­schen wird dabei mit dem Beden­ken unse­rer Ver­ant­wor­tung heu­te und der Ermu­ti­gung auf dem Weg des Frie­dens, der Gerech­tig­keit und der Bewah­rung der Schöp­fung verbunden. 

Anschlie­ßend hat das Kir­chen­ca­fé der Drei­fal­tig­keits­kir­che einen Zeit­zeu­gen ein­ge­la­den. Unter dem Mot­to  „Ver­gesst den Okto­ber 1989 nicht“, liest Gün­ter Hof­mann (Dres­den) aus sei­nem „Buch der Erin­ne­rung.“ Bür­ge­rin­nen und Bür­ger der Stadt Gör­litz sind herz­lich ein­ge­la­den, die­sen Gedenk­tag gemein­sam mit der Stadt Gör­litz und den Kir­chen zu bege­hen und an die fried­li­che Revo­lu­ti­on des Jah­res 1989 zu gedenken.

Görlitz und sein Jugendstilkaufhaus

Mehr als 100 Jah­re ist es alt, das schöns­te Kauf­haus Deutsch­lands mit sei­nen vie­len Jugend­stil-Ele­men­ten wie Säu­len oder Glas­dach, mit dem beein­dru­cken­den Licht­hof und einem Sys­tem aus Trep­pen und Galerien.

Görlitz und sein JugendstilkaufhausEs ist schon ein ganz beson­de­res Klein­od, das Gör­litz da besitzt. Das Haus, das einst nach dem  Vor­bild des ehe­ma­li­gen Wert­heim-Waren­hau­ses in Ber­lin erbaut wur­de, zeigt sich noch heu­te im Ori­gi­nal­zu­stand. Es ist ein Glanz­stück der 1914 zu Ende gegan­ge­nen Bel­le Épo­que. Es gab zwar in den 20er-Jah­ren noch ande­re, die ähn­lich aus­sa­hen, aber die wur­den alle durch den Krieg oder Moder­ni­sie­rungs­ar­bei­ten in ihrer Ein­zig­ar­tig­keit zerstört. Der Eingangsbereich des Kaufhauses "Zum Strauss" mit seinen Arkaden. In der Anfangszeit musste das Kaufhaus mehrmals am Tag kurzfristig geschlossen werden, weil der Kundenandrang einfach zu groß war.

Im Jahr 1717 befand sich am heu­ti­gen Stand­ort der Gast­hof „Gol­de­ner Strauß“, wel­cher spä­ter zum Hotel expan­dier­te. Die­ses muss­te den Plä­nen für das Waren­haus wei­chen. Einst als Kauf­hausZum Strauß” vom Pri­vat­ei­gen­tü­mer Strauß gebaut, wur­de es bereits in den 1920er Jah­ren von Kar­stadt über­nom­men. Nach dem Krieg und der Tei­lung Deutsch­lands wur­de das Jugend­stil­kauf­haus 1950 Ansichtkarte um 1914: Frontansicht mit Droschkenplatzzunächst in die HO-Orga­ni­sa­ti­on, spä­ter in die DDR-Waren­haus-Ket­te „Cen­trum”, die nach der deut­schen Ver­ei­ni­gung vom Kar­stadt-Kon­zern über­nom­men wur­de, ein­ge­glie­dert. Seit 2005 gehör­te das Gebäu­de zu Her­tie und wur­de schließ­lich im Zuge der Kri­se des Unter­neh­mens am 15. August 2009 geschlos­sen. Ein Inves­tor ging plei­te, seit­dem küm­mert sich ein nie­der­län­di­scher Insol­venz­ver­wal­ter um das leer ste­hen­de Schmuckstück. Kaufhaus Strass, Damenputzabteilung um 1928

Das schö­ne Waren­haus steht seit August 2009 leer. Her­tie hat damals den Geschäfts­be­trieb ein­ge­stellt hat. Nun soll das Kauf­haus am 10. Okto­ber 2012 Lichthof zur "Weißen Woche" 1928zwangs­ver­stei­gert wer­den. Auf rund drei Mil­lio­nen Euro schätzt ein Gut­ach­ten den Wert des Gebäu­des. Zuviel, als das die Stadt Gör­litz sich enga­gie­ren möchte.

Das Kaufhaus gehört hier zur DDR-Warenhausgruppe "Centrum".Hun­dert Jah­re lang ver­kör­per­te das Kauf­haus, so steht es im Novem­ber 2011 in der hun­derts­ten Aus­ga­be der Stadt­BILD Gör­litz, ver­kör­per­te die­ses Kauf­haus das pul­sie­ren­de Zen­trum der Stadt und beleb­te dank sei­ner Magnet­wir­kung auch die umlie­gen­den Geschäfts­vier­tel. Selbst nach sei­ner Schlie­ßung ist der Bau­kör­per immer noch ein ein­zig­ar­ti­ges Archi­tek­tur­mo­nu­ment. Aber sei­ne lee­ren Fens­ter ver­mit­teln den Gör­lit­zern und den Besu­chern der Stadt einen trau­ri­gen Anblick und wir­ken läh­mend auf das geschäft­li­che Umfeld.

Kurz vor seiner Schließung im August 2009 gehörte das Kaufhaus zur Hertie-Gruppe. Hier sind sehr schön der beeindruckende Lichthof und das Zusammenspiel von Treppen und Galerien zu sehen.Zum Glück wacht die Gör­lit­zer Denk­mal­schutz­be­hör­de über das Kauf­haus. Zusam­men mit der ein­zig ver­blie­be­nen Mie­te­rin, der Par­fü­me­rie Thie­mann, hat sie das Gebäu­de bis­her vor grö­ße­ren Bau­schä­den bewahrt. Mit den nach Denk­mal­schutz­ge­setz zu for­dern­den Erhal­tungs­maß­nah­men gelang es, die Eigen­tü­mer zur Durch­füh­rung der not­wen­di­gen Repa­ra­tur­leis­tun­gen zu ver­pflich­ten und die­se auch zu realisieren.

Trotz aller Bemü­hun­gen der Kom­mu­ne und ein­zel­ner enga­gier­ter Bür­ger ist es bis­her nicht gelun­gen, geeig­ne­te Inter­es­sen­ten für eine sinn­vol­le Nut­zung der Immo­bi­lie zu fin­den. Die schlei­chen­de Gewöh­nung an einen unhalt­ba­ren Zustand ist unverkennbar.Hertie verkauft hier schon lange nichts mehr. Nur im Erdgeschoss hält eine Görlitzer Parfümerie die Stellung, der Rest des großen Kaufhauses steht leer. Wie mag die Zukunft für dieses einzigartige Gebäude aussehen?

Im Mai 2011 hat sich der Ver­ein Bür­ger­initia­ti­ve Gör­lit­zer Kauf­haus e. V. gegrün­det.  Inzwi­schen haben sich fast 100 Mit­glie­der unter dem Dach der Bür­ger­initia­ti­ve Gör­lit­zer Kauf­haus zusam­men­ge­schlos­sen. Dar­un­ter sind enga­gier­te Bür­ger, Unter­neh­men und Insti­tu­tio­nen aus Stadt und Regi­on, aber auch vie­le Freun­de und Bewun­de­rer des Gör­lit­zer Kauf­hau­ses aus aller Welt.
Quel­len:
Säch­si­sche Zei­tung vom 15. August 2011 und 8. Sep­tem­ber 2012

Stadt­BILD Aus­ga­be Novem­ber 2011
rohmert-medien.de
wiki­pe­dia

Flussbadeanstalten an Ilmenau und Neiße

Jetzt, wo der Som­mer bald dem Herbst wei­chen wird, den­ke ich zurück an mei­ne Kind­heit. Erin­ne­run­gen an hei­ße August­ta­ge in der zwei­ten Hälf­te der 50er Jah­re tau­chen auf, Tag­träu­me an Bege­ben­hei­ten, die ich längst in schwar­zen Löchern der Zeit ver­schüt­tet wähnte:

Wie oft war ich mit mei­nem Bru­der in die­sen Jah­ren in der Bade­an­stalt. Ja, damals hieß es noch “Bade­an­stalt”. Es gab kei­ne Hal­len­bä­der und auch kei­ne Frei­bä­der mit Schwimm­be­cken. Nein, man bade­te in der Ilmen­au, so wie es schon unse­re Eltern und Groß­el­tern taten. Im Nach­lass mei­nes Groß­va­ters fand ich vor vie­len Jah­ren ein paar schö­ne alte Fotos.

Hier sieht man die Flussbadeanstalt Halvensleben für Damen und HerrenAn der Ilmen­au gab es die Fluss­ba­de­an­stal­ten Hal­vens­le­ben und – wei­ter fluss­auf­wärts –Koop. Auf dem Bild sieht man die “Hal­vens­le­ben­s­che Fluss­ba­de­an­stalt für Damen und Her­ren”. Die Gebäu­de auf dem Bild waren in den 1950er Jah­ren aller­dings nicht mehr vor­han­den. Aber es gab noch eine Boots­ver­mie­tung und Falt­boot­fah­rer – Was­ser­wan­de­rer – fan­den hier eine Mög­lich­keit zu über­nach­ten. Mit dem Motorboot "Ilmenau" fuhr man zum Kaffeetrinken zum Petersberg oder zu Roten SchleuseIm Som­mer leg­te hier täg­lich das moto­ri­sier­te Aus­flugs­boot “Ilmen­au” an und nahm sei­ne Pas­sa­gie­re auf. Man fuhr zu den an der Ilmen­au lie­gen­den Ausflugslokalen. 

längst vergessenene Damenbadeanstalt in Lüneburg an der IlmenauSo zogen wir also wäh­rend der Feri­en­zeit mit­tags los. Bar­fuß natür­lich, damit die Schu­he geschont wer­den. Wie oft stie­ßen wir unse­re Zehen an den schie­fen Plat­ten der Bür­ger­stei­ge blu­tig. Oder ein ros­ti­ger Nagel ver­irr­te sich in unse­ren Fuß. 

Wer einen alten auf­ge­bla­se­nen Auto­rei­fen besaß, der konn­te sich glück­lich schät­zen. Der wur­de sich über die Schul­ter gehängt, die Tasche mit den Badeu­ten­si­li­en (man­gels Bade­ho­se nahm ich die Turn­ho­se) in die Hand und zehn Pfen­ni­ge Ein­tritts­geld gut ver­wahrt in der Hosen­ta­sche. Nach einer hal­ben Stun­de Fuß­weg erreich­ten wir die Bade­an­stalt Hal­vens­le­ben an der Ilmen­au in Lüne­burg. Auf einer Wie­se berei­te­ten wir unse­re Woll­de­cke aus, und dann ging es gleich ab zum Was­ser. Die Ilmen­au war hier aller­dings so tief, dass nur schwimm­tüch­ti­ge Was­ser­rat­ten hin­ein durf­ten. Natür­lich sprang auch ich – obwohl des Schwim­mens nicht mäch­tig — in die Ilmen­auf­lu­ten, den ret­ten­den Auto­rei­fen dabei fest umklammert. 

Wer schwim­men konn­te, spar­te sich das Ein­tritts­geld. Er schlich sich ein­fach auf der ande­ren Fluss­sei­te an das Ufer und durch­quer­te schwim­mend den Fluss. Die­sen ver­ließ er am Steg der Badeanstalt. 

Bereits Anfang der 1960er Jah­re nahm die Ver­schmut­zung der schnell flie­ßen­den Ilmen­au durch Indus­trie­ab­wäs­ser der­art zu, dass nach und nach alle Fluss­ba­de­an­stal­ten schlie­ßen mussten.

 

Die­se Fluss­ba­de­an­stal­ten gab es damals über­all in Deutsch­land, so auch in Gör­litz an der Nei­ße. In der Stadt­BILD Aus­ga­be vom August 2011 fin­det man die abge­druck­ten Jugend­er­in­ne­run­gen des Herrn A. Bischof, der sei­ne Jugend­jah­re in Gör­litz verbrachte:

Viadukt und Fußgängerstege um 1910Für uns Gör­lit­zer begann die Nei­ße oft schon ein gan­zes Stück fluss­ab­wärts, denn es war ein belieb­ter Sonn­tags­aus­flug, eine Wan­de­rung durch das roman­ti­sche Nei­ße­tal zu unter­neh­men. Man fuhr mit der Eisen­bahn zum Bei­spiel bis zur Hal­te­stel­le Roh­nau oder bis Rosen­thal und wan­der­te dann an der Nei­ße fluss­ab­wärts bis zum Klos­ter Mari­en­thal. Dort konn­te man in der Gast­stät­te gut spei­sen. Nach Hau­se ging es wie­der mit der Bahn.

Wanderweg an der Neiße um 1910Zu den belieb­ten Frei­zeit­be­schäf­ti­gun­gen in den 20er und 30er Jah­ren gehör­ten also Spa­zier­gän­ge am Nei­ßeu­fer, meist von der Ober­müh­le bis zum Wein­berg­haus, Kahn­fahr­ten und — an war­men Tagen — natür­lich das Baden. Käh­ne ver­schie­de­ner Grö­ße konn­te man aus­lei­hen am lKahnstation amViadukt um 1920inken Ufer ober­halb des Weh­res an der Ober­müh­le. Wer sich das Rudern spa­ren woll­te, konn­te sich auch sta­ken las­sen.

Badeanstalt an der Weinlache um 1920Es gab zwei Bade­an­stal­ten, ein­mal die grö­ße­re Anla­ge an der Wein­la­che unter­halb des Wein­ber­ges und dann das Städ­ti­sche Frei­bad am rech­ten Ufer zwi­schen dem Via­dukt und der Rei­chen­ber­ger Brü­cke. Das Wein­la­chen­bad war grö­ßer, idyl­li­scher und hat­te eine schö­ne Lie­ge­wie­se. Das Frei­bad war ein­fa­cher, besaß zwei Steg­an­la­gen, eine für zivi­le Nut­zung und eine für das Mili­tär. Dort wur­de den Sol­da­ten Kahnstation an der Obermühle um 1910das Schwim­men bei­gebracht, wobei wir Jungs gern zusa­hen, denn man­che Sol­da­ten waren was­ser­scheu und stell­ten sich ziem­lich blöd an. Natür­lich woll­ten wir mög­lichst bald Schwim­men ler­nen, um die Bade­freu­den unein­ge­schränkt genie­ßen zu kön­nen. Also war es unser Ziel, früh­zei­tig das Frei­schwim­mer-Zeug­nis zu erhal­ten. Der Bade­meis­ter Ull­rich im Frei­bad war ein guter Schwimmlehre.

Auf der Neiße herrschte reger Bootsverkehr um 1910Als ich als Sex­ta­ner an das Reform-Real­gym­na­si­um kam, wur­den wir Was­ser­be­geis­ter­ten für den Schü­ler-Ruder­klub “Aska­nia” gewor­ben. Die­ser ver­füg­te über ein Dut­zend Pad­del­boo­te, Einer und Zwei­er, die zunächst in einem Schup­pen bei der Fuß­gän­ger­brü­cke unter­ge­bracht waren. Spä­ter konn­ten wir unse­re Boo­te im Tur­bi­nen­haus an der Alt­stadt­brü­cke lagern. Das hat uns nicht so gut gefal­len, denn der schö­ne­re Teil der Nei­ße begann eigent­lich ober­halb des Weh­res der Ober­müh­le, obgleich die Fahrt vor­bei an den alten Ger­ber­häu­sern auch roman­tisch war.

Kahnstation mit Mühle und Wehr, 1930Reiz­vol­ler für uns war die Nei­ße ober­halb der Ober­müh­le und an den Leschwit­zer Wie­sen, wo unser Ruder­klub ein Stück Land gepach­tet hat­te. Dort konn­te man pri­ma baden. Manch­mal pad­del­ten wir bis zum Leschwit­zer Wehr, an dem Baden beson­de­ren Spaß machte. 

Auch im Win­ter konn­te ein Spa­zier­gang am Nei­ßeu­fer reiz­voll sein. Wenn man bis zum Wein­berg­haus ging, gab es dort einen Glüh­wein zum Auf­wär­men. Im Som­mer bot die tra­di­ti­ons­rei­che Aus­flugs­gast­stät­te “Nei­ße-Insel” ange­neh­men Auf­ent­halt im Frei­en unter einem herr­li­chen Baum­be­stand. Am Abend wur­de getanzt, bei Live-Musik und Illu­mi­na­ti­on. Die Besu­cher kamen mit dem Boot oder über die eiser­ne Fuß­gän­ger­brü­cke, die bei­de Nei­ßeu­fer ver­band. Ich erin­ne­re mich, dass zu den Wein­la­che-Fes­ten die gan­ze Neiß­epar­tie fest­lich beleuch­tet war. 

Noch eine Gast­stät­te an der Nei­ße muss erwähnt wer­den, die “Eis­kel­ler-Bau­de”, idyl­lisch und bei­na­he etwas ver­steckt direkt unter­halb der Akti­en­braue­rei gele­gen. Für uns Jun­gen war aber das unmit­tel­bar dane­ben lie­gen­de Boots­haus inter­es­san­ter, das damals dem Was­ser­sport­ver­ein “Wed­di­gen” gehör­te, mit einem gro­ßen Boots­kel­ler unter der Gast­stät­te und einem brei­ten Steg. Ganz in der Nähe lei­te­te die Akti­en­braue­rei Abwas­ser in die Nei­ße ein. Es war warm und roch ange­nehm nach Malz und war ein Tum­mel­platz für Fische und Angler.

Der Weg der Nei­ße durch Gör­litz. Am obe­ren Bild­rand die­ser alten Luft­auf­nah­me aus den 20er Jah­ren ist die Ruh­mes­hal­le zu erken­nen. Der Via­dukt und die eiser­ne Fuß­gän­ger­brü­cke sind nicht zu sehen. Dar­un­ter die Rei­chen­ber­ger Brü­cke. Dann die Fuß­gän­ger­brü­cke Lin­den­weg-Pra­ger Stra­ße, die Alt­stadt­brü­cke und die Fuß­gän­ger­brü­cke zwi­schen dem Niko­lai-Gra­ben und der Stra­ße “Auf den Blei­chen”. So vie­le Mög­lich­kei­ten gab es damals, die Nei­ße tro­cke­nen Fußes zu überqueren. 

Soweit der Bericht von Herrn A. Bischof.

Nach dem Zwei­ten Welt­krieg war auch die Nei­ße­ba­de­an­stalt nicht mehr nutz­bar. Unter­halb des Wein­ber­ges ver­sam­mel­ten sich damals scha­ren­wei­se die Bür­ger und bau­ten sich in zahl­lo­sen frei­wil­li­gen Ein­sät­zen mit Spa­ten, Hacke, Schau­fel und Lore ihr neu­es Volks­bad. Schon 1950 zog das Bad so vie­le Bade­lus­ti­ge an, dass es schon bald um eine Kahn­sta­ti­on erwei­tert wur­de. Natür­lich kam auch ein Imbiss hin­zu und Spiel­ge­rä­te und Strand­kör­be, wie es sie an den Ost­see­strän­den gibt. Lei­der wur­de in den 1980er Jah­ren die Was­ser­qua­li­tät so schlecht, dass auch hier der Bade­be­trieb schließ­lich ein­ge­stellt wer­den muss­te. Aber die älte­ren Gör­lit­zer erin­nern sich noch heu­te gern an jene Zeit zurück.

Als die Griechen nach Görlitz kamen

Als die Grie­chen nach Gör­litz kamen

Im Som­mer 1916 erreicht der Ers­te Welt­krieg die nord-grie­chi­sche Gren­ze. König Kon­stan­tin I. ist ver­schwä­gert mit dem deut­schen Kai­ser Wil­helm II. und ver­hält sich bis dahin strikt neutral.

Als die Griechen nach Görlitz kamenAls die Griechen nach Görlitz kamenKom­pli­zier­te  poli­ti­sche  Ver­wick­lun­gen im Ers­ten Welt­krieg hat­ten damals dazu  geführt,  dass  ein  gan­zes  Armee­korps  aus  Grie­chen­land  auf preu­ßi­schem   Boden   „inter­niert“
wer­den  soll­te  –  aus­ge­rech­net  in Gör­litz. Lager­plä­ne und Unter­la­gen aus dem Rats­ar­chiv Gör­litz doku­men­tie­ren den Son­der-Sta­tus, den das Lager hat­te. Unter den 170 Gefan­ge­nen­la­gern des Deut­schen Rei­ches bleibt es ein­zig­ar­tig. Es ver­fügt über einen exter­ri­to­ria­len Sta­tus, eige­ne Poli­zei­strei­fen patrouil­lie­ren und die Sol­da­ten bewe­gen sich frei. Eine grie­chisch­spra­chi­ge Zei­tung wird mit Hil­fe eines Gör­lit­zer Ver­lag­hau­ses gedruckt. Foto­gra­fi­sches Mate­ri­al und die Fei­er­lich­kei­ten bei der Ankunft der ers­ten Kon­tin­gen­te im Sep­tem­ber 1916 zei­gen, mit wel­cher Anteil­nah­me die Bevöl­ke­rung die Als die Griechen nach Görlitz kamenGäs­te aufnimmt.

Als die Griechen nach Görlitz kamenDie „Grie­chen kom­men“ hieß es also 1916 in Gör­litz, als die 6400 Sol­da­ten und Offi­zie­re der grie­chi­schen Armee an jenem Som­mer­tag auf dem Bahn­hof anka­men, um sich frei­wil­lig inter­nie­ren zu las­sen. Sie wur­den von tau­sen­den  Gör­lit­zern  jubelnd begrüßt. Bis 1919 berei­cher­ten  die  Grie­chen  das  Stadt­le­ben, schenk­ten den Gör­lit­zern süd­li­ches Flair und Lebens­art. Sie leb­ten und lieb­ten hier, eröff­ne­ten grie­chi­sche Restau­rants und Geschäfte.

Als die Griechen nach Görlitz kamenEs gibt sie noch, die Häu­ser, in  denen  die  Grie­chen  drei  Jah­re Gör­lit­zer Geschich­te mit­schrie­ben. Auf dem städ­ti­schen Fried­hof ste­hen noch die Grab­ma­le des grie­chi­schen Kom­man­dan­ten Johann Chatz­o­pu­los und wei­te­rer sechs Offi­zie­re. Die Ste­len wur­den 2003 mit Mit­teln der grie­chi­schen Bot­schaft saniert. Auf einem Grä­ber­feld dane­ben wur­den zwi­schen 1916 und 1919 126 grie­chi­sche Sol­da­ten bestat­tet. Alle Namen sind in den Lis­ten der Fried­hofs­ver­wal­tung bis heu­te ver­zeich­net, und die Grä­ber wer­den bis heu­te gepflegt.

Quel­len:
Säch­si­sche Zei­tung vom 5. Mai 2011 

berlin-athen.de

Tatort Friedhof

Zwei Orte, zwei Mel­dun­gen, aber die glei­chen Unver­fro­ren­hei­ten.

Wulsdorf Friedhof Mausoleum Ahlers

Am 9. August mel­det die Säch­si­sche Zei­tung, dass in Gör­litz-Rei­chen­bach wie­der mal die Die­be unter­wegs waren und von drei Grä­bern die Blu­men­scha­len ent­wen­det haben. Eine Grab­stel­le war sogar mit einem einen Meter hohen Eisen­zaun umge­ben, aber auch die­ser hielt den Dieb nicht von sei­nem Tun ab.

Bereits am 6. August war in der Nord­see-Zei­tung zu lesen, dass Metall­die­be nachts in den Wuls­dor­fer Fried­hof ein­ge­drun­gen sind. Hier wur­de alles geraubt, was nicht niet- und nagel­fest war: Grab­va­sen, Was­ser­häh­ne, Engel und auch Grab-Inschrif­ten. Die Hin­ter­blie­be­nen müs­sen die­sem Tun schon seit Wochen ohn­mäch­tig zusehen. 

Die Fried­hofs­ver­wal­tung woll­te wohl eine Über­wa­chungs­ka­me­ra instal­lie­ren, die­ses ist ihr aber aus daten­schutz­recht­li­chen Grün­den nicht erlaubt. Pie­tät­lo­se Gano­ven genie­ßen eben mehr Schutz als die Bestohlenen.