Kategorie: Bremerhaven damals und heute

Bremerhavens Bars und Kneipen

Lauscht man den Geschich­ten älte­rer Bre­mer­ha­ve­ner, so erfährt man, dass es hier in der See­stadt mal die höchs­te Knei­pen­dich­te Deutsch­lands gege­ben haben soll. In den 1950er und 1960er Jah­ren soll es gewe­sen sein, als es hier von Bars und Knei­pen nur so wim­mel­te. Heu­te ist das alles längst Geschich­te. Eine ech­te Club- und Dis­co­kul­tur hat Bre­mer­ha­ven, die ein­zi­ge Groß­stadt an der Nord­see­küs­te, nicht mehr zu bieten.

2014-11-18 Café de Fiets

Auch vor der “Alten Bür­ger”, der ehe­ma­li­gen Kai­ser­stra­ße, hat das Knei­penster­ben in den letz­ten 20 Jah­ren sei­ne Spu­ren hin­ter­las­sen. Gleich­wohl fin­det man hier auch heu­te noch – wenn auch manch­mal ver­steckt – inter­es­san­te Sze­nen­knei­pen. Eine davon ist das Café de Fiets.

2013-10-17 Café de Fiets

Seit nun­mehr zwan­zig Jah­ren bie­tet die Inha­be­rin Mari­ta Steen­buck in ihrer Kul­tur­knei­pe ihren Gäs­ten eine gemüt­li­che Atmo­sphä­re zum Quat­schen und Klö­nen. Sie legt  Wert dar­auf, dass man sich in ihrem Lokal ein wenig wie im eige­nen Wohn­zim­mer fühlt. Ver­schie­den Sofas und Ses­sel laden Gäs­te aller Gene­ra­tio­nen zum Kos­ten einer der 16 Bier­sor­ten oder 14 Cock­tails ein. Eine bun­te Mischung aus Kunst­pla­ka­ten und Bier­wer­bung bil­det die Deko­ra­ti­on. Und Fahr­rä­der in jeder Form und jeder Grö­ße sieht man hier – bedeu­tet der nie­der­län­di­sche Name “Fiets” doch nichts ande­res als Fahrrad.

1994 eröff­ne­te Mari­ta Steen­buck ihr Café de Fiets in der “Alten Bür­ger”. Seit dem Jah­re 2011 fin­det man das Lokal, das auch eine abwechs­lungs­rei­che Spei­se­kar­te anbie­tet, in Am Git­ter 3, eine Sei­ten­stra­ße der “Alten Bür­ger”. Fast­food kommt hier aber nicht auf den Teller. 

Für das 16 – 18-jäh­ri­ge Publi­kum hat die Wir­tin Live­mu­sik gebucht. Etwa 60 Tage im Jahr sind fest ein­ge­plant. Zusätz­lich gibt es in jedem Monat min­des­tens ein Extra-Kon­zert. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei: Rock, Folk, Jazz und Pop. 

2014-11-18 Anzeige Café de Fiets

Das Café de Fiets hat mitt­wochs und Don­ners­tags ab 18 Uhr geöff­net. Frei­tags und Sonn­abends ab 19 Uhr. Und am kom­men­den Sams­tag, 22. Novem­ber, wird der 20. Geburts­tag des Cafés gefeiert.
Quel­len:
Ulrich Mül­ler: Wie im eige­nen Wohn­zim­mer, Nord­see-Zei­tung vom 17.10.2013
Sonn­tags­jour­nal vom 16.11.2014, Anzei­ge: “20 Jah­re Café de Fiets”

Die Geschichte des Zollinlandplatzes

Den Zollin­lands­platz kennt wohl jeder Bre­mer­ha­ve­ner. Auch den Fans des im Jah­re 1893 gegrün­de­ten ehe­ma­li­gen Fuß­ball­ver­eins Bre­mer­ha­ven 93 ist der Zollin­lands­platz nicht fremd. Schließ­lich befand sich auf die­sem Platz das Ver­eins­sta­di­on – das Zollinlandstadion.

Die ers­ten Spu­ren des Namens Zollin­lands­platz fin­det man in der Zoll­ge­schich­te der ehe­ma­li­gen deut­schen Klein­staa­ten. Um 1790 gab es in Deutsch­land für heu­te unvor­stell­ba­re 1.800 Zoll­gren­zen. Schick­te zum Bei­spiel jemand Waren von Königs­berg nach Köln, wur­den die­se rund 80 mal kon­trol­liert und besteu­ert. Allein der Staat Preu­ßen ver­füg­te noch gegen Ende des 18. Jahr­hun­derts über 67 Zollgrenzen. 

Geographische Blätter

Bre­mer­ha­ven war die­sen Zöl­len nicht unter­wor­fen, da der bre­mi­sche Staat als unab­hän­gi­ges Staats­we­sen kei­ne Zöl­le ent­rich­ten muss­te. Bre­mer­ha­ven und Geest­e­mün­de bil­de­ten mit ihren Häfen ein ein­heit­li­ches Zoll­aus­schluss­ge­biet. Um das Schmug­geln in der neu gegrün­de­ten Stadt Bre­mer­ha­ven zu bekämp­fen, grün­de­ten Bre­men und Han­no­ver schon 1827 ein Zoll­kar­tell. 1866 unter­zeich­ne­ten Preu­ßen und Bre­men einen Ver­trag über eine Zoll­ab­fer­ti­gungs­stel­le am Neu­en Hafen, die 1867 errich­tet wur­de. Eine zwei­te Zoll­ab­fer­ti­gungs­stel­le wur­de 1872 am Alten Hafen eingerichtet. 

Zollinlandbahnhof

Die Zoll­gren­ze zwi­schen Alt-Bre­mer­ha­ven und Lehe (Zollin­land) war mit einem Grenz­zaun gesi­chert. Den Grenz­über­gang in der Hafen­stra­ße ver­sperr­te ein Schlag­baum. Ger­ne gin­gen die Leher in Alt-Bre­mer­ha­ven ein­kau­fen, da sie ihre Waren dort zoll­frei kau­fen konn­ten. Das erreg­te natür­lich den Miss­mut benach­tei­lig­ten Leher Kauf­leu­te. Erst als Bre­men 1888 dem Deut­schen Zoll­ver­ein bei­trat, fie­len die Zoll­schran­ken zwi­schen Alt-Bre­mer­ha­ven und Lehe. Damit gehör­ten die Gele­gen­hei­ten zum bil­li­gen Ein­kauf in Alt-Bre­mer­ha­ven der Ver­gan­gen­heit an. Aber die Bezeich­nun­gen “Frei­ge­biet”, “Zollin­lands­platz” und “Zollin­land­stra­ße” sind als Spu­ren der Zoll­schran­ken erhal­ten geblieben.

1892 wur­de in Lehe in der Molt­ke­stra­ße ein Güter- und Ran­gier­bahn­hof gebaut. Weil sich der Bahn­hof im ehe­ma­li­gen Zollin­land­ge­biet befand, bekam er den Namen “Zollin­land­bahn­hof“. Eine lan­ge Lebens­dau­er hat­te der Bahn­hof aller­dings nicht. Im Rah­men der Hafen­er­wei­te­rung änder­te man in Bre­mer­ha­ven auch die Stre­cken­füh­rung der Eisen­bahn. Die soge­nann­te Hafen­bahn, die die ver­kehrs­rei­che Hafen­stra­ße in Lehe über­quer­te, wur­de eingestellt. 

Als Fol­ge wur­de der nun nicht mehr benö­tig­te Zollin­land­bahn­hof 1923 geschlos­sen, die Glei­se ent­fernt und das Ran­gier­ge­län­de an die Stadt Bre­mer­ha­ven ver­kauft. Die rich­te­te auf dem Gelän­de für meh­re­re Bre­mer­ha­ve­ner Sport­ver­ei­ne – dar­un­ter eben Bre­mer­ha­ven 93 – eine Sport­an­la­ge ein. Das Zollin­land­sta­di­on war gebo­ren. Auf eine Tri­bü­ne muss­ten Sport­ler und Zuschau­er aller­dings noch bis 1956 war­ten. Trotz­dem hat die­ser klei­ne Sport­platz, der etwa 5.000 Zuschau­ern Platz bot, Geschich­te geschrieben. 

1949 Bremerhaven 93

Auf dem lie­be­voll “Zöl­li” genann­ten Platz war immer eine Bom­ben­stim­mung, und die Zuschau­er saßen unmit­tel­bar am Ran­de des Spiel­fel­des. Sonn­tag für Sonn­tag pil­ger­ten die Fans zum Platz, um “ihre” erfolg­rei­che Mann­schaft Bre­mer­ha­ven 93 zu unter­stüt­zen. Beson­ders den 6. Dezem­ber 1959 wer­den Fans und Spie­ler von Bre­mer­ha­ven 93 und Ham­burg St. Pau­li wohl lan­ge in Erin­ne­rung behal­ten haben. An die­sem Tag stan­den sich die Mann­schaf­ten auf dem Zollin­land­platz gegenüber:

Der schwarze Mann

Für den Ober­li­ga­ver­ein Bre­mer­ha­ven 93 sah es nicht gut aus, St. Pau­li führ­te bereits in der Halb­zeit 2:0, in der 71. Minu­te ver­kürz­te Bre­mer­ha­ven 93 auf 2:1. Dann geschah das Wun­der – oder auch das Unglück. Der Bre­mer­ha­ve­ner Nie­me­th köpf­te den Ball auf das geg­ne­ri­sche Tor – und  ein Zuschau­er half nach. Er stand am Pfos­ten, lenk­te den Ball mit der Faust ins Tor und ver­schwand im Gewühl der 10.000 Zuschau­er. Der Schieds­rich­ter erkann­te auf Tor, und die von den St. Pau­lia­nern schon gewon­nen geglaub­te Par­tie ende­te mit dem Ergeb­nis 2:2. Der unbe­kann­te Zuschau­er ist als schwar­zer Mann vom Zollin­land in die Ver­eins­ge­schich­te eingegangen.

Zolli

Heu­te kämp­fen auf dem “Zol­li” kei­ne Fuß­ball­mann­schaf­ten mehr um Sieg oder Nie­der­la­ge. Das schon seit Jah­ren ver­wais­te Sta­di­on wur­de der Vege­ta­ti­on über­las­sen. Die Zuschau­er­tri­bü­nen sind längst abge­ris­sen. Nur das Gebäu­de, das zum Umklei­den der Mann­schaf­ten dien­te und Toi­let­ten und einen klei­nen Shop beher­berg­te, steht noch ver­lo­ren auf dem Gelände.

2014 Zolli

Aller­dings bemü­hen sich vie­le Akteu­re, für den Platz eine neue Ver­wen­dung zu fin­den. Der Platz soll umge­stal­tet wer­den, Wege und Grün‑, Spiel- und Begeg­nungs­flä­chen erhal­ten. Eigent­lich soll­ten die­se Maß­nah­men schon bis Ende Sep­tem­ber 2014 umge­setzt sein. Für die­ses Jahr sol­len noch Inves­ti­ti­ons­mit­tel aus der Städ­te­bau­för­de­rung in Höhe 200.000 Euro zur Ver­fü­gung ste­hen. Am 20. Sep­tem­ber 2014 hat es auch schon ein gro­ßes Fest zur Umge­stal­tung des “Zol­li” gege­ben. Allein, es fehlt wohl doch der poli­ti­sche Wil­le. Jeden­falls sind bis heu­te kei­ne Umbau­maß­nah­men festzustellen.

Quel­len:
F. Sei­del: Das Armuts­pro­blem im deut­schen Vor­märz bei Fried­rich List, Sei­te 4
C. Nagel und M. Pahl: FC St. Pau­li – Alles drin: Der Ver­ein und sein Vier­tel
Her­bert Kört­ge: Die Stra­ßen­na­men der See­stadt Bre­mer­ha­ven, Sei­te 137
Y. Gott­hardt: Zol­li erwacht aus dem Schlaf, Nord­see-Zei­tung vom 22.09.2014
C. Boll­mann: War­ten auf die Zol­li-Lösung, Nord­see-Zei­tung vom 30.10.2014
C. Hes­ke: Ein­gän­ge und Wege für den Zol­li, Sonn­tags­jour­nal vom 22.06.2014
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten – 1827–1918, Sei­te 138
Har­ry Gab­cke: See­stadt Bre­mer­ha­ven – frü­her und heu­te, Sei­te 22
Deut­sche Geo­gra­phi­sche Blät­ter, Heft 1 und 2, Band XXXIII
Georg Bes­sell: Die ers­ten  Jah­re Bre­mer­ha­vens, Sei­te 552
Groundhopping.de 15.09.2002 — FC Bre­mer­ha­ven ./. SV Meppen
juwiversum.bplaced.net/

Das Restaurant Delphin in der ehemaligen Leher Deichstraße

Die Leher Stra­ße “Auf den Sül­ten” wur­de um 1860 ange­legt. Sie ist eine der ers­ten öst­li­chen Sei­ten­stra­ße der mitt­le­ren Hafen­stra­ße. Der Name geht zurück auf eine Salz­sie­de­rei, die ein Bre­mer Bür­ger im Jah­re 1550 an der Gees­te anleg­te. Das Wort Sül­ten bedeu­tet Sulfhaus, also Salz­haus. Damit kann auch ein Lager­haus für impor­tier­tes Salz gemeint sein.

Auf den Sülten mit Blick zur Hafenstraße

Heu­te ist es nahe­zu in Ver­ges­sen­heit gera­ten, dass die Stra­ße einst den Namen “Deich­stra­ße” trug. Erst als im Jah­re 1925 aus die Orte Geest­e­mün­de und Lehe  zur Stadt Weser­mün­de wur­den, bekam die Stra­ße den Namen “Auf den Sülten”.

Auf den Sülten in Bremerhaven Lehe| Blick Richtung Geeste

Noch bis heu­te ist die Stra­ße eine beschau­li­che Gas­se mit einem Fahr­weg aus roman­ti­schem Kopf­stein­pflas­ter geblie­ben. Am öst­li­chen Aus­gang der Gas­se kommt man auf die Werft­stra­ße, in der sich in den spä­ten 1870er Jah­ren eine klei­ne Boots­werft ange­sie­delt hat – die spä­te­re Del­phin-Werft.  Und hier, an der Eimün­dung der Deich­stra­ße in die Werft­stra­ße steht das Eck­haus mit der ehe­ma­li­gen Anschrift Deich­stra­ße Nr. 17.

Um 1910 Auf den Sülten in Lehe

Foto: Stadt­ar­chiv Bremerhaven

Die Gast­stät­te, die sich im Erd­ge­schoss des Hau­ses befand, hieß “Restau­rant Del­phin” ‑gleich gegen­über befand sich ja die “Del­phin-Werft”. Bis 1927 führ­te ein bekann­ter Maler das Lokal, dann über­nahm es eine Wit­we, die es bis 1938 führ­te. Das Lokal soll noch bis min­des­tens 1962 bewirt­schaf­tet wor­den sein.

Restaurant Delphin in Lehe

An den Bil­dern kann man erken­nen, dass das sanier­te Gebäu­de — viel­leicht im Rah­men der Sanie­rungs­maß­nah­men — sein Türm­chen ver­lo­ren hat. Das “Restau­rant Del­phin” gibt es nicht mehr.
Quel­len:
Peter Raap: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 728 vom August 2010
Her­bert Kört­ge: Die Stra­ßen­na­men der See­stadt Bremerhaven

Windmühlen an der Unterweser — Teil 1

Wind­müh­len an der Unterweser 

Einst haben auch in Bre­mer­ha­ven und umzu vie­le Wind­müh­len an der Unter­we­ser gestan­den. Eini­ge haben als Muse­um den Sprung in die Gegen­wart geschafft, ande­re sind längst in Ver­ges­sen­heit gera­ten. Nur noch die Namen von Stra­ßen und Plät­ze zeu­gen von ihrer frü­he­ren Exis­tenz. Der Deich­SPIE­GEL begibt sich ab heu­te auf die zwar ver­blassten aber teil­wei­se doch noch vor­han­de­nen Spu­ren, die die Wind­müh­len hier an der Unter­we­ser hin­ter­las­sen haben.

Dreschmaschine mit eingebautem Göpel

Wo das ers­te Getrei­de land­wirt­schaft­lich ange­baut wur­de, kann nicht mehr ermit­telt wer­den. Auf jeden wur­de schon vor mehr als 10.000 Jah­ren im Nahen Osten Getrei­de ange­baut und gezüchtet.

Es hat lan­ge gedau­ert, bis durch Züch­tun­gen aus Süß­grä­sern das uns heu­te bekann­te Getrei­de ent­stan­den ist. Alle Getrei­de­sor­ten wie Wei­zen, Rog­gen, Gers­te, Hafer, Hir­se, Mais und auch Reis wur­den aus Süß­grä­ser gezüch­tet. Für den Ver­zehr wer­den die Früch­te nach der Rei­fe zunächst durch Dre­schen von der abge­mäh­ten Pflan­ze befreit. Anschlie­ßend wer­den die so gewon­ne­nen Kör­ner gemah­len, um die Scha­le zu ent­fer­nen. In grau­er Vor­zeit wur­de das gemah­le­ne Getrei­de ein­fach mit Was­ser ver­mengt und als Brei geges­sen. Spä­ter gab man den Brei auf hei­ße Stei­ne und buk Fladenbrot.

Sattel-Steinmühlen

Die Ägyp­ter stell­ten schon vor über 5.000 Jah­ren Brot her, es war ihr Haupt­nah­rungs­mit­tel. So gab man den Ägyp­tern in der Anti­ke auch den Bei­na­men Brot­esser. Mit Hil­fe von Sat­tel-Stein­müh­len zer­rie­ben die ägyp­ti­schen Frau­en täg­lich die Kör­ner von Emmer­wei­zen oder Gers­te zu fei­nem Mehl. Anschlie­ßend ver­kne­te­ten Bäcker das Mehl mit Treib­mit­tel und Was­ser zu einem Teig, den sie mit Milch, Gewür­zen, Honig oder Früch­ten ver­fei­ner­ten und eine Zeit lang gehen lie­ßen. Dann füll­ten sie den Teig in zwei­tei­li­ge Ton­töp­fe und stell­ten die­se auf glü­hen­de Koh­len. Am Ende der Back­zeit wur­den die Töp­fe aus dem Feu­er geholt und die Lai­be mit kräf­ti­gen Stock­schlä­gen aus den Gefä­ßen geklopft.

Die Römer impor­tier­ten gro­ße Men­gen Getrei­de aus Ägyp­ten. Sie bau­ten die ers­ten gro­ßen Müh­len, mit denen sie sehr fei­nes Mehl her­stel­len konn­ten. Römi­sche Legio­nen sol­len das Getrei­de dann wei­ter in den Nor­den gebracht haben.

Das Getreide wird geerntet. Eine schwere Arbeit

Wie aber wei­ter oben schon erwähnt, muss das Getrei­de zunächst zu Mehl gemah­len wer­den. Ende des 16. Jahr­hun­derts kamen die moder­nen Hol­län­der­wind­müh­len auf, bei denen sich nicht mehr das gan­ze Müh­len­ge­häu­se son­dern nur noch die Turm­hau­be dreh­te. Beson­ders nörd­lich der Mit­tel­ge­bir­ge fan­den im nord­eu­ro­päi­schen win­di­gen Tief­land die Wind­müh­len vom Mit­tel­al­ter bis zum aus­ge­hen­den 18. Jahr­hun­dert eine gro­ße Verbreitung.

In der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts wur­de in Preu­ßen die Gewer­be­frei­heit ein­ge­führt und 1810 zunächst in Preu­ßen und bis 1866 im gesam­ten deut­schen Gebiet das Bann­recht abge­schafft. Das Bann­recht oder auch Müh­len­zwang ver­pflich­te­te alle Unter­ta­nen eines Grund­herrn, ihr Getrei­de aus­schließ­lich in der Bann­müh­le mah­len zu las­sen. Damit wur­de ein Wett­be­werb zwi­schen den Müh­len ver­hin­dert und der Mül­ler hat­te ein gere­gel­tes Ein­kom­men. Mit Abschaf­fung des Bann­rechts nahm die Wind­müh­len­in­dus­trie einen deut­li­chen Auf­schwung. 1895 gab es im Deut­schen Kai­ser­reich 18.362 Windmühlen.

          Die Windmühle in der Deichstraße

Unterweser Gallerie-Holländermühle von Heinrich Dohrmann auf dem Geestdeich

Auch in der heu­ti­gen Deich­stra­ße stand für kur­ze Zeit eine reet­ge­deck­te Gal­le­rie-Hol­län­der­müh­le. Sie wur­de 1835 im Auf­trag des Bre­mer Bür­gers Hein­rich Dohr­mann auf dem Geest­deich errich­tet, etwa dort, wo seit 1863 die Ram­pen­stra­ße in die 1857 ange­leg­te Deich­stra­ße mündet.

Unterweser Die Mühle auf dem Geestedeich wurde 1888 abgerissen

Zur dama­li­gen Zeit war es noch üblich, den Brot­teig selbst zuhau­se her­zu­stel­len und zum Backen zum Bäcker zu brin­gen. Dazu kauf­te man das Mehl in der Müh­le oder ließ das auf dem Lan­de bil­lig beschaff­te Getrei­de in der Müh­le zu Mehl malen.

In der Nähe der Rampenstraße stand die Mühle von Heinrich Dohrmann

Schon 1846 trenn­te sich Hein­rich Dohr­mann von sei­ner Müh­le. Er gab sie an den Lebens­mit­tel­händ­ler Carl Johann Fried­rich Hasha­gen ab. 1888 wur­de die Müh­le abge­ris­sen. Heu­te erin­nert nur noch der Name “Müh­len­stra­ße” an die einst gro­ße Wind­müh­le an der Deichstraße.

Quel­len:
Mari­an­ne Töl­le: Leben­di­ge Geschich­te | Im alten Ägypten
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten 1827 – 1918
Gise­la Tie­de­mann: Wind- und Was­ser­müh­len zwi­schen Elbe und Weser
Hei­mat Nord­see­küs­te 2014 – Von Land und Leu­ten an Weser und Elbe

Vom Bremerhavener Volksgarten zur ersten Stadthalle

In fast jeder Stadt gab es Gebäu­de, von denen heu­te kaum noch jemand etwas weiß. Nur noch alte Bil­der und Ansichts­kar­ten geben dar­über Aus­kunft. Und nur noch anti­qua­ri­sche Bücher erzäh­len uns die zeit­ge­nös­si­schen Geschich­ten über die alten Häu­ser. Sonst wür­den sie wohl für immer aus unse­rer Erin­ne­rung verschwinden.

Auch dass es einst in Bre­mer­ha­ven in der Deich­stra­ße einen “Volks­gar­ten” gab, weiß heu­te kaum noch jemand:

Stadttheater und Volksgarten 1901 in der Deichstraße in Bremerhaven

Schon früh begann in Bre­mer­ha­ven auch das kul­tu­rel­le Leben. In den 1860er Jah­ren gab es bereits vie­le Gesangs­ver­ei­ne. Noch viel frü­her haben in Bre­mer­ha­ven gele­gent­lich rei­sen­de Schau­spie­ler­grup­pen  für Unter­hal­tung gesorgt. Zunächst wur­de in einem Hin­ter­haus an der  Fähr­stra­ße in den 1840er Jah­ren eine dau­er­haf­te Unter­hal­tungs­mög­lich­keit ein­ge­rich­tet. Spä­ter fan­den die Vor­stel­lun­gen in der Wirt­schaft von Claus Meyn statt. Das war an der Ecke Bür­ger­meis­ter-Smidt-Stra­ße und Mit­tel­stra­ße. Heu­te steht an dem Ort die Sparkasse.

Aber auch an ande­ren Orten wur­de Thea­ter gespielt. So stell­te zum Bei­spiel der Schiff­bau­er Cor­ne­li­us sei­nen Besitz an der Gees­te zur Ver­fü­gung. Für Cor­ne­li­us war sei­ne “Kunst­bu­de” ein gutes Geschäft, befand sich doch im Saal sein Schank­tisch, an dem er wäh­rend der Vor­stel­lung Bier aus­schenk­te. An rot gestri­che­nen Tischen  konn­te man in aller Gemüts­ru­he sein Bier trin­ken und sei­ne Pfei­fe rau­chen, wäh­rend auf der Büh­ne die Lei­den­schaf­ten tob­ten. Soll­te das Stück nach den Zwi­schen­ak­ten fort­ge­führt wer­den, soll Cor­ne­li­us zur Büh­ne rüber­ge­brüllt haben: “Noch nich wed­der anfan­gen. De Her­rens hefft eren Grog noch nich ut!” Und über den Köp­fen der Zuschau­er saus­ten auch schon mal Rat­ten durch das Gebälk.

Gruß aus dem Volksgarten Bremerhaven aus dem Jahre 1901

1868 kauf­te Musik­di­rek­tor Schwie­fert das Grund­stück des Cor­ne­li­us und bau­te es groß­zü­gig zum  wohl größ­ten Saal- und Gar­ten-Eta­blis­se­ment um – dem “Volks­gar­ten” auf der Deich­stra­ße. Neben einem gro­ßen Saal ent­stan­den ein Kon­zert­gar­ten und ein neu­es Thea­ter­ge­bäu­de. Hier fand fort­an das Bre­mer­ha­ve­ner Gesell­schafts­le­ben statt. Im Som­mer waren im Kaf­fee­gar­ten abends bei Lam­pion­be­leuch­tung Kon­zer­te der belieb­ten Albert-Kapel­le. Im gro­ßen Saal fan­den Ver­eins­fes­te, Bäl­le und Tanz­un­ter­richt statt.

Der Bür­ger­club mit sei­nem Wohl­tä­tig­keits­ba­sar war beson­ders beliebt. Wochen vor­her wur­de gestrickt, gehä­kelt und gestickt. Dann wur­de im gro­ßen Saal eine Buden­stadt auf­ge­baut, und es wur­de alles ver­kauft. Aber an einem Stand konn­te man kei­ne Hand­ar­bei­ten kau­fen. Hier boten rei­zen­de Sou­brett­en und belieb­te Schau­spie­le­rin­nen ihre locken­den Lip­pen zum Küs­sen an – aber es gab kei­nen Kuss unter zehn Mark für die Wohlfahrtskasse.

Sub­ven­tio­nen bekam der Musik­di­rek­tor für sein “Stad­thea­ter” nicht. Es war sein rein pri­va­tes Unter­neh­men, um das sich die Stadt nicht küm­mer­te.  Um einen zer­schlis­se­nen Vor­hang erset­zen zu kön­nen, wur­de zwi­schen den Akten ein Vor­hang mit Rekla­me gezeigt. Die Rekla­me allein mach­te es bei der chro­ni­schen Kas­sen­lee­re mög­lich, einen neu­en Vor­hang anzuschaffen.

Um die Zuschau­er anzu­lo­cken, wur­den vor­wie­gend unter­halt­sa­me Stü­cke gespielt. Kaba­rett­ein­la­gen, Varie­té­vor­stel­lun­gen und sogar Ring­kämp­fe gehör­ten zum Pro­gramm, um die Thea­ter­kas­se zu füllen.

1927 Stadthalle in der Deichstraße in Bremerhaven

Aber auch anspruchs­vol­le Auf­füh­run­gen bekam man im “Stadt­thea­ter Bre­mer­ha­ven” zuse­hen. Die Dar­bie­tun­gen des “Gemisch­ten Chors” unter Musik­di­rek­tor Wol­te­mas fand bei der Bre­mer­ha­ve­ner Bevöl­ke­rung gro­ße Zustim­mung. Und ab 1872 gab es sogar Opern zu sehen. Mit Ver­dis “Trou­ba­dour” fing es an, und vie­le wei­te­re bedeu­ten­de Wer­ke folg­ten. Mit “Lohen­grin” und “Tan­nen­häu­ser” stan­den in der Sai­son 1877 sogar Wer­ke von Richard Wag­ner auf dem Spielplan.

Anfang der 1880er Jah­re hat ein Kon­sor­ti­um den “Volks­gar­ten” gekauft und an der Stra­ßen­sei­te ein gro­ßes Haupt­ge­bäu­de bau­en las­sen. Gleich­wohl fan­den die Thea­ter­auf­füh­run­gen wei­ter­hin in den alten Räu­men an der Gees­te statt. 1903 wur­de der Thea­ter­saal wegen Feu­er­ge­fahr geschlos­sen. Die Feu­er­po­li­zei ver­füg­te den Abriss. Nun muss­te man auf die recht unzu­läng­li­che Büh­ne des gro­ßen Saa­les im “Volks­gar­ten” ausweichen.

1927 Straßenfront der Stadthalle in Bremerhaven in der Deichstraße

Zu Beginn der 1920er Jah­re befass­te sich die Stadt Bre­mer­ha­ven mit dem Gedan­ken, eine schö­ne reprä­sen­ta­ti­ve Stadt­hal­le zu bau­en. Kon­gres­se soll­ten hier tagen und Ver­an­stal­tun­gen abge­hal­ten wer­den. So beschlos­sen die Stadt­ver­ord­ne­ten 1925, den “Volks­gar­ten” ent­spre­chend umzu­bau­en. Nach den Plä­nen von Stadt­bau­rat Hage­dorn ent­stand eine schö­ne und leis­tungs­fä­hi­ge Stadt­hal­le mit einer Gar­ten­an­la­ge. Mit­tel­punkt war der vom alten “Volks­gar­ten” über­nom­me­ne gro­ße Saal mit sei­ner pracht­vol­len Akus­tik. Der Neue Saal mit 400 Sitz­plät­zen und eine Rei­he von klei­ne­ren Sälen und Neben­räu­men wur­den neu gebaut.

1927 Konzertgarten der Stadthalle in Bremerhaven

Am 30. April 1927 fand die Hun­dert­jahr­fei­er Bre­mer­ha­vens statt, und die Stadt­hal­le an der Deich­stra­ße wur­de der Bevöl­ke­rung über­ge­ben. 1.400 Besu­cher fan­den in dem gro­ßen Saal Platz. Kon­zer­te, Bäl­le, Aus­stel­lun­gen, Varie­té, Par­tei­ver­samm­lun­gen, sport­li­che Wett­kämp­fe und vie­le ande­re Ver­an­stal­tun­gen wur­den hier abge­hal­ten. Bei gutem Wet­ter ging man gern in den ter­ras­sen­för­mig für 1.500 Besu­chern ange­leg­ten Kon­zert­gar­ten am Geesteufer.

Lei­der war die Hun­dert­jahr­fei­er auch das größ­te Ereig­nis, das in der Stadt­hal­le gefei­ert wer­den konn­te. Nur 17 Jah­re spä­ter fiel auch sie den Luft­an­grif­fen auf die Stadt zum Opfer. Nach dem Krieg wur­de sie nicht wie­der auf­ge­baut, heu­te steht an die­ser Stel­le die Goetheschule.

Quel­len:
Georg Bes­sel: Geschich­te Bremerhavens
Georg Bes­sel: Die ers­ten 100 Jah­re Bre­mer­ha­vens – von 1826 bis 1927
Har­ry Gab­cke: Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten 1827 – 1918
Jür­gen Krü­ger: Stadt und Leu­te Ges­tern und Heu­te, 150 Jah­re Bremerhaven

Bremerhavener Scharnhorstquartier weckt viele Erinnerungen

Kurz nach­dem hier im Deich­SPIE­GEL der Arti­kel über das Bre­mer­ha­ve­ner Erhal­tungs­ge­biet rund um das Scharn­horst­quar­tier erschien, hob in der Face­book­grup­pe “Du kommst aus Bre­mer­ha­ven wenn…” eine leb­haf­te Dis­kus­si­on über frü­he­re Zei­ten an.

Gneisenaustraße Nr. 2 im Bremerhavener Scharnhorstquartier

Björn erin­ner­te sich, auf dem gro­ßen Bal­kon in der Gnei­sen­au­stra­ße Nr. 2 Fuß­ball gespielt zu haben, wenn er als Kind dort sei­ne Groß­el­tern besucht hat. Er weiß auch noch, dass er den Bal­kon oft­mals über den geklin­ker­ten Pfei­ler am Ein­gang erklom­men hat­te. Dafür gab es dann von Mut­ter oder Oma “eine ganz schö­ne Jacht­rei­se”.

Irm­traud erzähl­te, dass man die Groß­el­tern um die­sen tol­len Bal­kon benei­det hat. Und auch Björns Klet­ter­par­tien sei­en nicht unbe­ob­ach­tet geblie­ben. In der Har­den­berg­stra­ße wohn­te damals eine Eta­ge unter Oma der Bür­ger­meis­ter von Bre­mer­ha­ven. Eine Limou­si­ne hol­te ihn mor­gens immer ab. Tags­über sind die Kin­der über den Zaun geklet­tert und haben in dem etwas ver­wil­der­ten Gar­ten des Bür­ger­meis­ters gespielt.

Irm­traud berich­tet in der Face­book­grup­pe auch über die damals übli­chen Wohn­ver­hält­nis­se. In der Har­den­berg­stra­ße 11 haben Groß­el­tern und Eltern eine Woh­nung gemein­sam bewohnt. Erst als die Irm­traud und ihre Schwes­ter zur Welt kamen, zogen die Groß­el­tern in ihr neu­es Haus. Irm­trauds Eltern aber leb­ten bis zu deren Tod in der Woh­nung Har­den­berg­stra­ße 11.

Irm­traud wohnt schon lan­ge nicht mehr in Bre­mer­ha­ven. Aber wenn sie zu Besuch in der Stadt ist, zieht es sie unwei­ger­lich zu eine Stipp­vi­si­te in die Hardenbergstraße…

Habt Ihr auch Erin­ne­run­gen an Eure Zeit im Scharn­horst­quar­tier? Schreibt sie hier doch ein­fach auf!

Im Bremerhavener Scharnhorstgebiet nahmen viele Reformen ihren Anfang

Frü­her war alles bes­ser als heu­te”, wird die “Die Gute Alte Zeit” oft­mals glo­ri­fi­ziert. Doch wie war es frü­her wirk­lich? Damals, als tech­ni­scher und wirt­schaft­li­cher Fort­schritt gera­de erst anfin­gen, die Lebens­be­din­gun­gen zu verbessern.

Zeichnung von Heinrich Zille

Hein­rich Zil­le gibt uns dar­über Aus­kunft, wie die armen Leu­te um die Jahr­hun­dert­wen­de gelebt haben. Als sei­ne Eltern mit dem neun­jäh­ri­gen Hein­rich 1867 nach Ber­lin zie­hen — wie Hun­dert­tau­sen­de ande­re Arbeits­su­chen­de auch — haus­ten sie bis zu sei­nem 14. Lebens­jahr unter ärm­li­chen Bedin­gun­gen in einer Kel­ler­woh­nung. In den Hin­ter­hö­fen herrscht Armut und Kri­mi­na­li­tät, Schmutz und Elend. Von den Häu­sern blät­tert der Putz ab, in den dunk­len Hin­ter­hö­fen quel­len die Müll­ei­mer über. Zu den Trep­pen­auf­gän­gen mit den aus­ge­tre­te­nen Stu­fen gelangt nur spär­lich das Tageslicht.

Woh­nun­gen sind knapp in Ber­lin, damals schon. Die Nach­fra­ge über­steigt stän­dig das Ange­bot. Und eine skru­pel­lo­se Grund- und Bau­spe­ku­la­ti­on sorgt dafür, dass es auch so bleibt. Wer kein Geld hat, der stran­det in den Miets­ka­ser­nen­vier­teln der armen Leu­te – in den feuch­ten Gas­sen, dort, wo das “Lum­pen­pro­le­ta­ri­at” lebt. Vier bis sechs Stock­wer­ke sind die her­un­ter­ge­kom­me­nen Häu­ser hoch, qua­dra­tisch um einen düs­te­ren und sti­cki­gen Hin­ter­hof ange­legt, der erfüllt ist vom Lärm der klei­nen Handwerksbetriebe.

Das Klop­fen, Häm­mern und Sägen aus den Werk­stät­ten über­tönt das Kin­der­ge­schrei und das Rufen und Schwat­zen der Müt­ter. Hier auf den Hin­ter­hö­fen ste­hen die Müll­ei­mer und manch­mal auch der Abort gleich daneben.

trostlose Wohnverhältnisse

Vie­le Woh­nun­gen haben nur ein beheiz­ba­res Zim­mer, das in der Regel gleich­zei­tig als Küche, Wohn- und Schlaf­stu­be dient. Die Gemein­schafts­toi­let­te auf dem Trep­pen­po­dest oder eben im Hof neben den Müll­ei­mern wird manch­mal von mehr als 40 Per­so­nen benutzt. Fens­ter haben die Woh­nun­gen nicht, Licht und Luft kom­men spär­lich über Licht­schäch­te – wenn die Woh­nung nicht gleich im licht­lo­sen Kel­ler liegt. Drang­vol­le Enge herrscht über­all. Kin­der, Kran­ke und zwi­schen­drin viel zu schnell geal­ter­te Frau­en, die für sie­ben Pfen­nig die Stun­de bis zur Erschöp­fung auf ihrer auf Raten gekauf­ten Näh­ma­schi­ne tre­ten, um für einen Zwi­schen­händ­ler Kin­der­män­tel oder Maler­kit­tel zu fabrizieren.

Um ihre Mie­te bezah­len zu kön­nen, sind vie­le gezwun­gen, in den ohne­hin schon über­füll­ten Woh­nun­gen “Schlaf­bur­schen” auf­zu­neh­men. Dann müs­sen die Kin­der ihr Bett frei machen und auf dem Fuß­bo­den schlafen.

Am 1. April und am 1. Okto­ber ist “Zieh­tag”, dann herrscht reger Umzugs­ver­kehr. Bela­den mit ihren weni­gen Hab­se­lig­kei­ten zie­hen die Mie­ter von einer trost­lo­sen Woh­nung in eine noch trost­lo­se­re – womög­lich in einen Kel­ler oder in einen soeben fer­tig gestell­ten, noch feuch­ten Neubau.

Trockenwohner

Tro­cken­woh­nen” nennt man jene Mie­ter, die eine frisch ver­putz­te Woh­nung gera­de so lan­ge bewoh­nen dür­fen, bis sie genü­gend aus­ge­trock­net ist und zah­lungs­kräf­ti­ge­ren Mie­tern ange­bo­ten wer­den kann.

Bre­mer­ha­ven ist nicht Ber­lin, hier ström­ten die Men­schen nicht zu Tau­sen­den in die Stadt. Aber die Wohn­ver­hält­nis­se wer­den hier nicht bes­ser gewe­sen sein. Doch hier in Bre­mer­ha­ven soll­te das ändern, hier gab es Men­schen in der Ver­wal­tung, die Ver­ant­wor­tung über­nah­men und alles taten, um die Woh­nungs­not in Bre­mer­ha­ven zu lindern.

Von 1905 bis 1933 war der  ehe­ma­li­ge Bre­mer­ha­ve­ner Stadt­bau­meis­ter Johann Hein­rich Juli­us Hage­dorn auch für den Woh­nungs­bau ver­ant­wort­lich und setz­te sich in den 1920ger Jah­ren maß­geb­lich für den sozia­len Woh­nungs­bau in Bre­mer­ha­ven ein. Unter sei­ner Regie ent­stand auf dem zwi­schen Gnei­sen­au­stra­ße, Kai­ser­stra­ße, Kant­stra­ße und Wal­de­mar-Becké-Platz gele­ge­nem Are­al ein neu­es Wohn­quar­tier mit rund 520 neu­en Wohnungen.

Lageplan Scharnhorstviertel Bremerhaven

Das in der Wei­ma­rer Repu­blik neue, ver­fas­sungs­recht­lich abge­si­cher­te Grund­recht auf gesun­den Wohn­raum setz­te die Stadt Bre­mer­ha­ven in die­sem Neu­bau­ge­biet auf vor­bild­li­cher Wei­se um. Viel frü­her als ande­re deut­sche Städ­te schuf Bre­mer­ha­ven zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts die gesetz­li­chen Maß­ga­ben für die Errich­tung gesun­den Wohnraums.

Man­gel, Huma­nis­mus und sozi­al­po­li­ti­sche Ver­ant­wor­tung stan­den am Beginn einer Ent­wick­lung, die in einer vor­bild­li­chen Bau­ord­nung von 1908 und einem refor­mier­ten Stra­ßen­plan von 1913 mün­de­te. Auf Grund­la­ge die­ser neu­en Geset­ze konn­te der Kampf gegen Feuch­te und Schim­mel­bil­dung, Typhus und Krank­hei­ten im tra­di­tio­nel­len Miet­woh­nungs­bau auf­ge­nom­men werden.

Wohnblock im Erhaltungsgebiet Bremerhaven

Damit auch die unte­ren Woh­nun­gen vom Tages­licht erreicht wer­den konn­ten und eine Quer­lüf­tung mög­lich war, sahen die neu­en Vor­schrif­ten ein­zu­hal­ten­de Bau­hö­hen in Abhän­gig­keit zur Stra­ßen­brei­te vor. Auch wur­den Toi­let­ten und ein Was­ser­an­schluss zur Auf­la­ge gemacht. Leicht geschwun­ge­ne Stra­ßen und ver­setz­te Ein­mün­dun­gen soll­ten die Mono­to­nie einer Block­rand­be­bau­ung entgegenwirken.

Klinkerbau mit Mezzaningeschoss an der Bürgermeister-Smidt-Strasse

Unter­stüt­zung bei die­sem gro­ßen Neu­bau­vor­ha­ben rings um die Scharn­horst­stra­ße fand der Bre­mer­ha­ve­ner Stadt­bau­meis­ter beim Ber­li­ner Stadt­pla­ner Prof. Theo­dor Göcke. Gemein­sam woll­ten sie ein neu­es Wohn­quar­tier für sozi­al Schwa­che bau­en, in dem Arbei­ter­fa­mi­li­en groß­zü­gi­ge und gesund­heit­lich unbe­denk­li­che Wohn­ver­hält­nis­se vorfinden.

Wohnungsbesichtigung

Sie haben dar­auf geach­tet, dass die in Block­rand­be­bau­ung gestal­te­ten Wohn­häu­ser mit Fens­tern aus­ge­stat­tet wer­den, durch die aus­rei­chend Tages­licht und fri­sche Luft in die für dama­li­ge Ver­hält­nis­se gro­ßen Wohn­räu­me gelan­gen kann. Außer­dem soll­ten Bal­ko­ne oder Log­gi­as den Mie­tern einen Ort der Erho­lung an der fri­schen Luft bie­ten. In den Bau­ten drü­cken sich die Idea­le einer huma­nis­ti­schen Reform­be­we­gung aus.

Musterwohnung im Bremerhavener Scharnhorstviertel

Aber nicht nur die Qua­li­tät der Woh­nun­gen waren den Pla­nern wich­tig. Auch auf die Ästhe­tik der Gebäu­de leg­te man gro­ßen Wert. Auf­wen­dig gestal­te­te Klin­ker- aber auch struk­tu­rier­te Putz­fas­sa­den, plas­tisch gemau­er­te Haus­ein­gän­ge, Stu­cka­tu­ren und Werk­stein­skulp­tu­ren sind so cha­rak­te­ris­tisch für die­se sti­lis­tisch am Expres­sio­nis­mus ori­en­tier­ten Bau­ten, dass eini­ge Fas­sa­den in der “alten Bür­ger” unter Denk­mal­schutz gestellt wurden.

Erhaltungsgebiet Bremerhaven Gneisenaustrasse

Die Genos­sen­schaft der Staats­be­diens­te­ten reich­ten 1913 den ers­ten Bau­an­trag für die Häu­ser an der Ecke Har­den­berg- und Gnei­sen­au­stra­ße ein. Und die­ser Antrag brach­te sie erst­mals alle zusam­men: Wal­de­mar Becké, den spä­te­ren Stadt­di­rek­tor und Ober­bür­ger­meis­ter, Juli­us Hage­dorn, den Stadt­bau­di­rek­tor, der ja bereits feder­füh­rend bei der neu­en Bau­ord­nung und dem Stra­ßen­plan mit­ge­wirkt hat­te, und der Ober­leh­rer Fried­rich Burk, Vor­sit­zen­der des Bre­mer­ha­ve­ner Mie­ter­ver­eins, 1927 Mit­be­grün­der der heu­ti­gen GWF und zu die­ser Zeit als kon­ser­va­ti­ver Stadt­ver­ord­ne­ter Wort­füh­rer für den sozia­len Woh­nungs­bau. Gemein­sam lern­ten sie die Woh­nun­gen ohne Tages­licht und Toi­let­ten ken­nen — Woh­nun­gen ohne flie­ßend Was­ser und fin­ger­di­ckem Schim­mel auf Wän­de und Mobi­li­ar. Sie beka­men ein Bild von den Wohn­ver­hält­nis­sen der unte­ren Ein­kom­mens­schich­ten und leg­ten den Grund­stein für eine städ­ti­sche Wohnungsfürsorge.

Putzbauten im Bremerhavener Erhaltungsgebiet

Und plötz­lich mach­te sich der Wohn­raum­man­gel spür­bar bemerk­bar. Der 1. Welt­krieg war vor­bei, und die Sol­da­ten kehr­ten heim, hei­ra­te­ten und grün­de­ten Fami­li­en. Zähl­te Bre­mer­ha­ven im Jah­re 1917 noch knapp 18.000 Ein­woh­ner, so waren es nur zwei Jah­re spä­ter fast 22.000.

Die Zahl der Woh­nungs­su­chen­den explo­dier­te. 1921 waren es mehr als 1.000 Men­schen, vor­wie­gend Fami­li­en mit gerin­gem Ein­kom­men, aber auch Erwerbs­lo­se. Und ihr  Anspruch auf gesun­den Wohn­raum war ja nun in der Wei­ma­rer Ver­fas­sung fest­ge­schrie­ben – eine sozi­al-libe­ra­le Errun­gen­schaft der neu­en Demo­kra­tie nach dem Zusam­men­bruch der Monarchie.

Haus in Bremerhavens Scharnhorstquartier

Aber wie soll­te Bre­mer­ha­ven die­sem ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Anspruch gerecht wer­den? Der pri­va­te Woh­nungs­bau lag am Boden, weil Bau­stoff­man­gel und Miet­preis­bin­dung nie­man­dem eine Aus­sicht auf eine ange­mes­se­ne Ren­di­te bot. Und auch alle Bemü­hun­gen, eine Bau­ge­nos­sen­schaft zu grün­den, ver­lie­fen im Sande.

Es half nichts, die Stadt Bre­mer­ha­ven muss­te selbst tätig wer­den — und sie wur­de es. Auf Antrag Hage­dorns beschloss die damals nur 22.300 Ein­woh­ner zäh­len­de Stadt Bre­mer­ha­ven im Jah­re 1921 ein städ­ti­sches Woh­nungs­bau­pro­gramm – einer­seits ein sozi­al­po­li­ti­scher Beschluss, ande­rer­seits aber auch ein öffent­li­ches Kon­junk­tur­pro­gramm für die Bauwirtschaft.

Klinkerbau Bremerhaven Waldemar-Becke-Platz 2 - 6

Schon 1925/1926 ent­stan­den in der Har­den­berg­stra­ße die ers­ten Putz­bau­ten; zwar mit klas­si­schem Grund­riss, aber doch mit attrak­tiv gro­ßen Woh­nun­gen mit eige­nen Toi­let­ten und Bade­zim­mer, mit Bal­kon oder Log­gia. Schnell kamen wei­te­re Bau­ten an der Gnei­sen­au­stra­ße hin­zu. Hier errich­te­te in den Jah­ren 1926/1927 der Bre­mi­sche Staat ein Gebäu­de­kom­plex mit Woh­nun­gen für die Poli­zis­ten der benach­bar­ten Kaser­ne. Ab 1927 betei­lig­te sich die gemein­nüt­zi­ge Woh­nungs­für­sor­ge GmbH des Reichs­bun­des deut­scher Mie­ter, die heu­ti­ge  GWF Woh­nungs- und Immo­bi­li­en GmbH, mit fünf Bau­grup­pen am städ­ti­schen Wohnungsbauprogramm.

Klinkerbau Bürgermeister-Smidt-Straße in Bremerhaven

Die bei­den ers­ten bis 1929 fer­tig­ge­stell­ten Bau­grup­pen an der Har­den­berg- und Scharn­horst­stra­ße wur­den detail­ver­liebt aus­ge­führt und erhiel­ten eine expres­si­ve Fas­sad­en­glie­de­rung.  Auch die Bre­mer­ha­ve­ner Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft mbH nahm hier ab 1930 ihre Bau­tä­tig­keit auf. Sie alle hat­ten das gemein­sa­me Ziel, die Woh­nungs­not in Bre­mer­ha­ven zu lin­dern. Sie stell­ten der Bevöl­ke­rung inner­halb von sie­ben Jah­ren rund 500 neue Woh­nun­gen zur Verfügung.

Hauseingang Bürgermeister-Smidt-Strasse 177

Mit der Fer­tig­stel­lung der Bau­blocks zwi­schen der Stein- und Kant­stra­ße und den Häu­sern der Bre­mer­ha­ve­ner Woh­nungs­bau­ge­sell­schaft an der Fich­te­stra­ße ende­ten 1931 die Bau­tä­tig­kei­ten im Erhal­tungs­ge­biet. Mit der Schlie­ßung der Teck­len­borg-Werft 1928 nahm die Ver­schlech­te­rung der wirt­schaft­li­chen Lage in Bre­mer­ha­ven ihren Anfang. Und ab dem Jah­res­wech­sel 1929/1930 mach­te sich auch die ein­set­zen­de Welt­wirt­schafts­kri­se dra­ma­tisch bemerk­bar. Für wei­te­re Bau­vor­ha­ben fehl­te der Stadt das Geld.

Hauseingang Scharnhorststr. 9

Das Wohn­quar­tier rund um die Scharn­horst­stra­ße kann man aber wohl zu den größ­ten kom­mu­nal­po­li­ti­schen Leis­tun­gen Bre­mer­ha­vens zäh­len kann. Hier im Erhal­tungs­ge­biet lässt sich noch heu­te der in der Wei­ma­rer Repu­blik statt­ge­fun­de­ne Wan­del in Städ­te­bau und Archi­tek­tur gut erkennen.

Hauseingänge im Erhaltungsgebiet

Natür­lich nagt auch an die­sen Gebäu­den der Zahn der Zeit so gewal­tig, dass umfang­rei­che Sanie­rungs­maß­nah­men erfor­der­lich gewor­den sind. Die Stadt, die GWF Woh­nungs- und Immo­bi­li­en GmbH und die Städ­ti­sche Woh­nungs­ge­sell­schaft Stä­wog wol­len in die­sem und in den nächs­ten bei­den Jah­ren in Gebäu­de, Stra­ßen und in das Wohn­um­feld vier Mil­lio­nen Euro investieren.

Für eine denk­mal­ge­rech­te Sanie­rung hat die Stadt Bre­mer­ha­ven ins­ge­samt 2,2 Mil­lio­nen Euro ein­ge­plant. Dar­in sind die För­der­mit­tel für die Woh­nungs­ge­sell­schaf­ten ent­hal­ten – ein Drit­tel stammt aus dem Bun­des­pro­gramm “Städ­te­bau­li­cher Denkmalschutz”.

Für die Sanie­rung der Scharn­horst- und der Har­den­berg­stra­ße hat die Stadt Bre­mer­ha­ven 1,1 Mil­lio­nen Euro ver­an­schlagt. Dafür sol­len die Stra­ßen nach his­to­ri­schem Vor­bild erneu­ert wer­den. Die Haus­zu­gän­ge sol­len mit Mosa­ik­pflas­ter und ein­ge­rahm­ten Beton­plat­ten wie­der eine Gestal­tung wie in den 1920er Jah­ren anneh­men. Die irgend­wann ver­schwun­de­nen Ligus­ter­he­cken, die ein­mal die Vor­gär­ten vom Stra­ßen­raum abgrenz­ten, sol­len wie­der ange­pflanzt werden.

Schließ­lich hat die zustän­di­ge Bre­mer­ha­ve­ner Bau­be­hör­de den neu­en Bebau­ungs­plan Nr. 436 “Erhal­tungs­ge­biet Scharn­horst­stra­ße” auf­ge­stellt, der den Bebau­ungs­plan “Stein­stra­ße” aus dem Jah­re 1978 inso­weit ersetzt, als die­ser das Erhal­tungs­ge­biet tangiert.

Klinkerbau Bürgermeister-Smidt-Straße 171 - 185 in Bremerhaven

Die Gebäu­de an der Bür­ger­meis­ter-Smidt-Stra­ße bis in Höhe der Scharn­horst­stra­ße sind nun als Bau­denk­ma­le (Ensem­ble) in die Denk­mal­lis­te des Lan­des Bre­men ein­ge­tra­gen. Zudem soll ent­spre­chend sei­ner bau­ge­schicht­li­chen Bedeu­tung das gesam­te Plan­ge­biet als Erhal­tungs­ge­biet fest­ge­setzt wer­den, was eine grund­sätz­li­che Geneh­mi­gungs­pflicht bau­li­cher Anla­gen und ihrer Nut­zung zur Fol­ge hat.

Wer sich inten­si­ver über die Erhal­tung der das Stadt­bild prä­gen­den Gestal­tungs­merk­ma­le infor­mie­ren möch­te, kann sich die sehr infor­ma­ti­ve Bro­schü­re “Städ­te­bau­li­cher Denk­mal­schutz – Erhal­tungs­ge­biet Scharn­horst­stra­ße” bei der GWF Woh­nungs- und Immo­bi­li­en GmbH als pdf-Datei herunterladen.

Quel­len:
GEO-Epo­che Nr. 12: Deutsch­land um 1900, Sei­ten 154 bis 161
gfw-bremerhaven.de, Bro­schü­re “Städ­te­bau­lich­er­Denk­mal­schutz…”
sonntagsjournal.de, vom 31.08.2014, Sei­te 6
staewog.de, Mie­ter­zei­tung vom März 2014, Sei­te 8

Die längst vergessenen Häuser 20 und 22 in der Neuelandstraße in Lehe

Der schreck­li­che Luft­an­griff am 18.09.1944 auf Bre­mer­ha­ven war nicht der ers­te Bom­ben­an­griff, den die Alli­ier­ten auf Bre­mer­ha­ven flo­gen. Bereits im Juni des glei­chen Jah­res ver­lo­ren Leher Bür­ger durch einen Bom­ben­an­griff ihr Hab und Gut.

Heu­te erin­nern in der Neu­e­land­stra­ße in Lehe nur noch Bau­lü­cken an Gebäu­de, die längst abge­ris­sen wur­den. Eini­ge Häu­ser aus der Grün­der­zeit waren bau­fäl­lig, ande­re wur­den Opfer des Luft­an­grif­fes. Auch die heu­te längst ver­ges­se­nen Häu­ser Num­mer 20 und 22 wur­den durch Bom­ben zerstört.

Die Grün­dung Bre­mer­ha­vens im 19. Jahr­hun­dert nahm der Bedarf an Wohn­raum stän­dig zu. In Bre­mer­ha­ven war der Bau­grund natur­ge­mäß sehr begrenzt, und so wich man in die Nach­bar­ge­mein­den aus. In der Gemein­de Lehe ent­stan­den damals beson­ders vie­le neue Stra­ßen­zü­ge. Im Jah­re 1850 wur­de auf dem Flur­stück “Neue Land” die Neu­e­land­stra­ße gebaut.

In die­ser Stra­ße wur­den gegen Ende des 19. Jahr­hun­derts die Häu­ser mit den Num­mern 19, 20, 22, 34 und 36 erstellt.

Neuelandstrasse, Blick vom Süden - heute

Das Haus Num­mer 20 hat­te einen stra­ßen­sei­ti­gen Spitz­gie­bel und im ers­ten Stock einen Erker. Der Blend­gie­bel des Hau­ses Num­mer 22 wies eben­falls zur Stra­ße hin. Die Orna­men­te an den Fas­sa­den erin­ner­ten an die Gründerzeit.

Neuelandstraße 24

In den Häu­sern befan­den sich klei­ne Woh­nun­gen mit Küche, Kam­mer, Stu­be und Kor­ri­dor. Die Gemein­schafts­toi­let­ten befan­den sich außer­halb der Woh­nun­gen. Im Hofe waren Wasch­kü­chen und Hüh­ner­stäl­le untergebracht.

Neuelandstraße Garagenhof

Die Was­ser­ver­sor­gung für bei­de Häu­ser erfolg­te durch eine Zis­ter­ne, die wäh­rend des 2. Welt­krie­ges zum Luft­schutz­raum umfunk­tio­niert wur­de. Ab 1933 waren bei­de Häu­ser an das elek­tri­schen Strom­netz angeschlossen.

Gewöhn­lich flo­gen die Bom­ber über Weser­mün­de nur hin­weg. Aber am 18. Juni 1944 war es anders. Die Bom­ben fie­len auf Bre­mer­ha­ven Mit­te und auf Lehe. Es gab vie­le Todes­op­fer und ver­letz­te 290 Men­schen, zum Teil sehr schwer. 257 Woh­nun­gen wur­den kom­plett zer­stört und 241 schwer beschädigt.

Auch die Häu­ser Neu­e­land­stra­ße Num­mer 18 bis Num­mer 22 wur­den zer­stört. Heu­te befin­det sich auf dem Grund­stück ein Garagenhof.

Quel­le:
Peter Raap: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 774 vom Juni 2014, Sei­ten 1 + 2