Das ist bitter! Es ist knapp acht Monate her, dass der DeichSPIEGEL über die Neueröffnung des “Café National” berichten konnte. Und nun ist schon wieder alles vorbei. Am morgigen Sonntag werden die Caféhausgäste ein letztes Mal verabschiedet.
“Aus für die gepflegte Kaffeehauskultur” schreibt die Nordsee-Zeitung in ihrer heutigen Wochenendausgabe. Aber was macht eine Kaffeehauskultur eigentlich aus? Was ist es, das ein Kaffeehausbesuch so besonders macht?
Nun, ich denke, es sind die vielen kleinen Details, die stimmen müssen. Das Rascheln der Zeitungen, die für die Gäste bereitgehalten werden. Eine Zeitung oder eine Zeitschrift lädt den Gast zum Verweilen ein. Er weiß, er ist willkommen, er darf bleiben so lange er will und die Zeitungen studieren. Dazu gehört natürlich eine freundliche Bedienung. Aufmerksamkeit und Beflissenheit mögen Relikte vergangener Zeiten sein. Ein Kaffeehaus, wie ich es mir vorstelle, unterstreicht es mein Wohlbefinden. Und dann der köstliche Duft, der einem Kännchen mit frischem Kaffee entströmt. Das sind die Ingredienzien eines guten Kaffeehauses.
In einem Wiener Kaffeehaus war es durchaus üblich, dass ein Gast, der nur einen Kaffee bestellt hat, stundenlang an seinem Tisch sitzen bleiben durfte. Nicht wenige arbeiteten in “ihrem” Kaffeehaus als Schriftsteller, hier entstand die Kaffeehausliteratur. In vielen klassischen Wiener Kaffeehäusern wird an bestimmten Tagen der Woche abends Klaviermusik gespielt.
Die Kaffeehauskultur gibt es heute so gut wie nirgends mehr. Welcher Betrieb kann schon davon leben, dass die Gäste nur eine Tasse Kaffee verzehren! Heute ist alles auf Schnelligkeit ausgerichtet: coffee to go, Pizza to go, alles to go. Keiner bleibt, niemand gönnt sich mal eine halbe Stunde der Entspannung. Nur wer hektisch durch die Straßen eilt, den Kaffee in der einen Hand und das Handy in der anderen, nur der scheint wichtig zu sein und Erfolg zu haben.
Ach wie schade. Zur Eröffnung im letzten Jahr gab es neue Maschinen, neues Geschirr und eine neue Speisekarte, auf der zwischen 15 und 20 Kuchen- und Tortensorten offeriert wurden. Und nun gibt es das 140-jährige “Café National” ab Montag nicht mehr. Und es gibt keinen Ersatz in Bremerhaven. Wo soll man nun seinen traditionell gefilterten Kaffee trinken. Überall gibt es nur die Automaten, die auf Knopfdruck zischend Espresso, latte macchiato, Cappuccino oder Milchkaffe auf die Reise in die Tasse schicken.
Ein Kaffeehaus zu führen, welch ein Traum! Wer vielleicht mit dem Gedanken spielt, dass “Café National” zum Erfolg zu führen, dem empfehle ich den Blogbeitrag von Johannes Kleske “Wo bleibt die Kaffeehauskultur” zum Studium.