Kategorie: Bremerhaven damals und heute

Der Jedutenberg in Wulsdorf

Bei der Wuls­dor­fer Dio­ny­si­us­kir­che befin­det sich eine etwa fünf Meter hohe Anhö­he natür­li­chen Ursprun­ges, der Jedu­ten­berg genannt wird. Bei  einem Jedu­ten­berg han­delt es sich um einen Denk­mal­typ, der in den nie­der­säch­si­schen  Land­krei­sen Fries­land und Weser­marsch vorkommt. 

Jedutenberg

Foto: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 743 vom Novem­ber 2011

Da die Wikin­ger Anfang des 9. Jahr­hun­derts beson­ders die an den schiff­ba­ren Flüs­sen gele­ge­nen Küs­ten­län­der häu­fig über­fie­len und plün­der­ten, befahl Karl der Gro­ße, an den Fluss­mün­dun­gen Ver­tei­di­gungs­an­la­gen zu errich­ten. Zu die­sen Ver­tei­di­gungs­an­la­gen gehör­ten unter ande­rem auch der Tüür-Lüürs-Berg in Bramstedt, der Jedu­ten­berg in Wuls­dorf, der Büt­te­ler Berg in Lehe, der Pasch­berg in Lan­gen und die Pipins­burg in Sievern.

Auf den Erhe­bun­gen stand ein mit einem Aus­guck besetz­ter höl­zer­ner Turm. Näher­ten sich feind­li­che Schif­fe der Küs­te, wur­de vom Wach­pos­ten ein Warn­feu­er ent­zün­det, das im wei­ten Umkreis die Bevöl­ke­rung alar­mier­te. Von Hügel zu Hügel wur­de das Signal bei­der­seits der Unter­we­ser wei­ter­ge­ge­ben, um vor dem dro­hen­den Über­fall zu war­nen. Ab Ende des 10. Jahr­hun­derts wur­den die Über­fäl­le immer weni­ger. Irgend­wann kamen die Wikin­ger nicht mehr, und die Befes­ti­gungs­an­la­gen ver­lo­ren ihre Bedeutung.

Wulsdorfer Kirche um 1920

Als Ergeb­nis einer kürz­lich vor­ge­nom­me­nen Pol­len­ana­ly­se geht man nun davon aus, dass zumin­dest die mehr als drei Meter hohe Sand­auf­fül­lung des Jedu­ten­ber­ges in Wuls­dorf 500 Jah­re jün­ger sei, als bis­her ange­nom­men. Mit etwa 1000 Kubik­me­ter Boden aus der nähe­ren Umge­bung sol­len die Men­schen irgend­wann ab 1300 nach Chris­tus die ursprüng­li­che Düne zum Jedu­ten­berg auf­ge­türmt. War­um das geschah, weiß man bis­her nicht. Auf jeden Fall wol­len die Wis­sen­schaft­ler nicht bestrei­ten, dass der Jedu­ten­berg als Aus­guck gedient hat.

Kriegerdenkmal auf dem Jedutenberg

Wie dem auch sei, heu­te umsäumt ein alter Baum­be­stand den Wuls­dor­fer Jedu­ten­berg, auf dem nach dem deutsch-fran­zö­si­schen Krieg 1870 bis 1871 ein Denk­mal für die Gefal­le­nen errich­tet wur­de. Und zum Rodeln ist er ein belieb­ter Abhang – wenn  es denn mal einen Schnee­win­ter gibt.

Quel­len:
Nord­see-Zei­tung vom 15.05.2014
Egon Stuve: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 743 vom Novem­ber 2011

Die alte Schmiede in der Lange Straße 136 in Lehe

Als es noch Pfer­de­fuhr­wer­ke gab, war auch die nächs­te Schmie­de nicht weit. Hufe muss­ten beschla­gen und Pfer­de­wa­gen repa­riert wer­den. Ein Schmied hat­te in die­ser Zeit gut zu tun. Auch in Lehe war das bis in die 1930er Jah­re so. Lang­sam ver­dräng­ten aber die Auto­mo­bi­le mehr und mehr die Pfer­de­ge­span­ne, und die Schmie­de­meis­ter muss­ten sich ande­re Betä­ti­gungs­fel­der suchen.

1957 notier­te die Nord­see-Zei­tung, dass in der Stadt Bre­mer­ha­ven in den letz­ten 10 Jah­ren 7 Betrie­be geschlos­sen haben und es nun nur noch 5 Schmie­den gibt. Und eine die­ser Schmie­den befand sich in der Lan­ge Stra­ße 136 in Lehe, genau dort, wo heu­te ein gro­ßer Wohn­block das Stra­ßen­bild dominiert.

Heu­te weiß wohl nie­mand mehr so genau, wann an die­ser Stel­le die ers­te Schmie­de ent­stand. Der aus Imsum stam­men­de letz­te Schmied Hein­rich Bock­hop erwähn­te im Jah­re 1956 gegen­über der BBZ, dass sei­ne wind­schie­fe und ruß­ge­schwärz­te Schmie­de wohl schon 200 Jah­re alt sei. Alten Auf­zeich­nun­gen zufol­ge soll der ers­te hier täti­ge Schmie­de­meis­ter der mit Rebec­ca See­beck ver­hei­ra­te­te Johann Diede­rich Wes­sel gewe­sen sein. Der Sohn Johann Died­rich Wes­sel hei­ra­te­te am 10. August 1821 Rebec­ca Erichs. Johann Died­rich Wes­sel ließ sich 1856 ein Wohn­haus, eine Schmie­de und einen Wagen­schup­pen bau­en. Am 5. April 1856 starb Johann Died­rich, und sein am 14. Dezem­ber 1827 in Lehe gebo­re­ner Sohn Chris­toph führ­te die Schmie­de nun weiter.

Chris­toph Wes­sel hei­ra­te­te am 2. Mai 1862 Min­chen Mei­er. Aus die­ser Ver­bin­dung gin­gen sie­ben Kin­der her­vor, dar­un­ter als zweit­äl­tes­te Kind der am 19.01.1865 gebo­re­ne Jun­ge Johann Diede­rich. Als der Vater Chris­toph im Jah­re 1876 ver­starb, über­nahm tra­di­ti­ons­ge­mäß der Sohn die Schmie­de und beschäf­tig­te vie­le Gesel­len, die sich wäh­rend ihrer damals übli­chen Wan­der­jah­re vor­über­ge­hend in Bre­mer­ha­ven auf­hiel­ten. Einer die­ser “Wan­der­bur­schen” war der aus Din­gen stam­men­de Schmie­de­ge­sel­le Hein­rich Bockhof.

Johann Diede­rich ver­kauf­te sei­ne Schmie­de etwa 1920 an die Fir­ma “Hen­schen und Jans­sen – Huf­be­schlag, Wagen­bau und Schlos­se­rei. Bereits fünf Jah­re spä­ter über­nahm die Klemp­ner­fir­ma Gebrü­der Bohn­hardt die Schmie­de, behiel­ten sie aber eben­falls nur für eine kur­ze Zeit.

In die­sen Jah­ren hat­te der Schmie­de­ge­sel­le Hein­rich Bock­hop gehei­ra­tet und mit sei­ner Ehe­frau Wil­hel­mi­ne Sud­hop sei­ne Söh­ne Hein­rich und Her­mann bekom­men. Er leg­te sei­ne Prü­fung zum Schmie­de­meis­ter ab, und als die Schmie­de 1931 von der Klemp­ner­fir­ma Gebrü­der Bohn­hardt zum Ver­kauf ange­bo­ten wur­de, griff er zu. Finan­zi­ell waren es schwie­ri­ge Anfangs­jah­re für den neu­en Betriebs­in­ha­ber. Als der Krieg aus­brach und die Gesel­len zum Kriegs­dienst ein­ge­zo­gen wur­den, fehl­ten Hein­rich Bock­hop auch noch die hel­fen­den Hände.

Nach dem Krieg waren die Auf­trags­bü­cher wie­der gut gefüllt. Allent­hal­ben muss­te etwas repa­riert oder ange­fer­tigt wer­den, und auch Hufe wur­den wie­der beschla­gen. In der Schmie­de wur­den nun zwei Gesel­len beschäf­tigt, der Sohn Hein­rich und Max West. In der Schmie­de­es­se brach­ten sie die Huf­ei­sen zum Glü­hen und pass­ten es den Pfer­den an. Wenn das glü­hen­de Eisen mit dem Huf des Pfer­des in Berüh­rung kam, zisch­te es gewal­tig und ein Geruch von ver­brann­tem Horn erfüll­te die Umge­bung. Die Schmie­de war ein ste­ter Aben­teu­er­platz der Nachbarschaftskinder.

Mietwohnblock in Lehe, Lange Strasse 136

Foto: 03.06.2014, Her­mann Schwiebert

Hein­rich Bock­hop war bereits 76 Jah­re alt, als er sich aus dem Schmie­de­be­trieb zurück­zog. Als er 1965 starb, gab es die Schmie­de schon nicht mehr. Sie wur­de 1964 abge­ris­sen. Und schon kurz dar­auf erstell­te eine Bau­ge­sell­schaft an die­sem Ort einen gro­ßen Wohn­block mit Mietwohnungen.

Quel­len:
Peter Raap: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 760 vom April 2013
Peter Raap: Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 772 vom April 2014
Hans Klaus­ter­mey­er: Erin­ne­run­gen – Lan­ge Stra­ße (1924–2014)

Nach­trag vom 30.10.2014
Der Deich­SPIE­GEL bedau­ert sehr, dass er auf Drän­gen von Peter Raap  zwei Zeich­nun­gen, die die Schmie­de zeig­ten, aus Grün­den des Urhe­ber­rechts ent­fer­nen muss­te und sei­nen inter­es­sier­ten Lese­rin­nen und Lesern lei­der nicht mehr zur Ver­fü­gung stel­len darf.

Der Wasserturm des Leher Baumeisters Johann Hinrich Eits

In mei­ner Rei­he “Was­ser­tür­me“ habe ich Euch bereits die vier Bre­mer­ha­ve­ner Was­ser­tür­me vor­ge­stellt, die noch heu­te das Stadt­bild von Bre­mer­ha­ven prä­gen: 1852 wur­de der Schwoon’sche Was­ser­turm an der Hafen­stra­ße erbaut, 1886 folg­te der Was­ser­turm an der Lan­ge­ner Land­stra­ße und 1891 der Was­ser­turm am Geest­e­mün­der Neu­markt. Erst 1927 errich­te­te man den Wohn­was­ser­turm in Wuls­dorf. Es gab aber noch einen wei­te­ren, heu­te weit­ge­hend ver­ges­se­nen Was­ser­turm. Die­sen Turm aus dem Jah­re 1838  möch­te ich heu­te in Erin­ne­rung rufen.

Blick von der Geeste Richtung Hafenstraße (1901)

In sei­nem Buch: “Die ers­ten 100  Jah­re Bre­mer­ha­vens” berich­tet Georg Bes­sel, dass in der auf­stre­ben­den Stadt Bre­mer­ha­ven der Man­gel an Trink­was­ser “ein schlim­mer Übel­stand” war. Alle Ver­su­che, brauch­ba­re Quel­len zu fin­den, waren fehl­ge­schla­gen. Wegen der Nähe zur Weser war man immer nur auf Brack­was­ser gestoßen. 

Blick von der Geeste Richtung Hafenstraße

1832 begann man auf dem Markt­platz einen arte­si­schen Brun­nen zu boh­ren. Es waren bereits viel Arbeit und Kos­ten inves­tiert, als 1834 in einer Tie­fe von 167 Fuß (48 Meter) eine Röh­re brach. So muss­te auch die­ser Ver­such auf­ge­ge­ben wer­den. Man behalf sich wie bis­her mit Zis­ter­nen und besorg­te sich das Was­ser aus Lehe, das zu jener Zeit noch ein eigen­stän­di­ger Fle­cken war. 

1900 Eits'sche Wasserturm

Und so ver­sorg­ten die Leher den benach­bar­ten Hafen­ort bis 1838 mit Was­ser in Fäs­sern, die müh­se­lig mit Pfer­de­fuhr­wer­ken von Lehe nach Bre­mer­ha­ven trans­por­tiert wur­den. Für Spe­di­teu­re, Pfer­de und die höl­zer­nen Fuhr­wer­ke war es damals Schwerst­ar­beit, die schwe­ren Was­ser­fäs­ser zu transportieren. 

Beson­ders unan­ge­nehm waren die Schwie­rig­kei­ten der Trink­was­ser­be­schaf­fung für die Schif­fe. Eine Zeit­lang hol­te der ehe­ma­li­ge Fähr­päch­ter Schnib­be das Was­ser täg­lich von der obe­ren Weser und ver­kauf­te es im Hafen. Das Oxhoft kos­te­te 9 Gro­te.

Um 1900 Hafenstraße

Die Kun­den schimpf­ten aber regel­mä­ßig, dass er die Weser nicht weit genug hin­auf­fah­ren wür­de und bis­wei­len statt süßen Was­sers nur unge­nieß­ba­res Brack­was­ser bun­ke­re. Auch war die­se Art der Beschaf­fung von Frisch­was­ser außer­or­dent­lich zeit­rau­bend. Ein Schiff mit 150 Pas­sa­gie­ren muss­te 5 Tage war­ten, bis es auf die­se Wei­se genü­gend Was­ser an Bord hat­te. Und dabei war die regel­mä­ßi­ge Fahrt des Was­ser­schif­fes sehr vom Win­de abhän­gig; wenn er zum Aus­lau­fen güns­tig war, so war er für das Was­ser­schiff ungünstig. 

Hafenstraße

Da leg­te 1833 der in Lehe gebo­re­ne Bau­meis­ter Johann Hin­rich Eits, der in Bre­mer­ha­ven wohn­te und dort vie­le Häu­ser gebaut hat­te, sei­nen Plan vor, von Lehe eine Was­ser­lei­tung nach Bre­mer­ha­ven zu legen. Bei der soge­nann­ten Grau­pen­müh­le befand sich unge­fähr dort, wo heu­te der Alte Was­ser­turm in Lehe steht, ein ergie­bi­ger Brun­nen. Jedoch, die Depu­ta­ti­on lehn­te die­ses Ansin­nen zunächst ab. Aber Eits gab nicht auf und erhielt im Jah­re 1838 von Bre­men und von Han­no­ver end­lich die lang ersehn­te Erlaubnis. 

Hafenstraße

Zusam­men mit dem Bre­mer­ha­ve­ner Spe­di­teur Johann Georg Claus­sen kauf­te Eits die Leher Grau­pen­müh­le für 7.000 Taler, bau­te die Was­ser­lei­tung und erstell­te einen 15 Meter hohen höl­zer­nen Was­ser­turm. Mit Hil­fe einer von Zug­tie­ren betrie­be­nen Pump­an­la­ge wur­de das dem Brun­nen ent­nom­me­ne Was­ser auf den Turm hin­auf beför­dert und in einem Tank gesam­melt. Von dort wur­de es dann ab 8.  August 1839 durch die neue Was­ser­lei­tung nach Bre­mer­ha­ven gedrückt. 

Hafenstraße mit Wassertürmen & Pauluskirche (um 1909)

Auf dem Grund­stück Kir­chen­stra­ße 3  ergoss sich das Was­ser in ein Bas­sin und wur­de für 6 Gro­te das Oxhoft ver­kauft. Die Schif­fe im heu­ti­gen Alten Hafen wur­den von hier aus durch eine aus beweg­li­chen Röh­ren und Rin­nen bestehen­de Lei­tung ver­sorgt, von der aus die See­leu­te mit Hil­fe von Leder­schläu­chen ihre Was­ser­fäs­ser fül­len konnten. 

Trotz die­ser Ver­bes­se­rung wur­de noch jahr­zehn­te­lang der größ­te Teil des Trink­was­sers wei­ter­hin in Zis­ter­nen gewon­nen. Denn die­se ers­te pri­va­te Was­ser­lei­tung von Eits und Claus­sen erwies sich schon nach kur­zer Zeit als man­gel­haft. In den Zei­tun­gen heißt es sehr oft, dass sie “wie­der ein­mal” eine “leh­mi­ge Flüs­sig­keit” gelie­fert haben, die man wohl kaum als Was­ser bezeich­net kön­ne. Gleich­wohl lehn­ten sie sich vehe­ment dage­gen auf, als Anfang der 1850er Jah­re Mel­chi­or Schwoon, Johann Köper und Carl Phil­ipp Asch­off eine zwei­te Was­ser­lei­tung planten. 

Wassertürme (Schwoon hinten, Eits vorn, 1900)

Doch der Wider­stand war zweck­los. Der Senat war wohl der Mei­nung, dass Kon­kur­renz das Geschäft bele­ben wür­de und erteil­te somit den Unter­neh­mern die erbe­te­ne Kon­zes­si­on. Mit der neu­en Was­ser­lei­tung und einem  Was­ser­werk mit einer Dampf­pum­pen­an­la­ge bedien­te Schwoon alle Stra­ßen der Stadt. Damit wur­de zum ers­ten Mal der Anschluss der ein­zel­nen Häu­ser an eine Was­ser­lei­tung ermöglicht. 

Lessingschule, Pauluskirche, Eits' Wassertum (Blick von der Kinderkuhle, 1907)

Schwoon errich­te­te sei­nen Was­ser­turm direkt neben dem Eits’schen Brun­nen in Lehe an der Hafen­stra­ße. Eits bau­te dar­auf­hin einen neu­en 26 Meter hohen gemau­er­ten Was­ser­turm und stell­te sei­ne För­der­an­la­ge eben­falls auf Dampf­be­trieb um. Der Schwoon’sche Turm jedoch erwies sich schnell als zu nied­rig. Das Was­ser stieg in den Häu­sern nur bis zur ers­ten Eta­ge. So stock­te Schwoon sei­nen Turm um 9 Meter auf sei­ne heu­ti­ge Höhe auf. 

Für das Trink­was­ser wur­de ein außer­or­dent­lich hoher Preis ver­langt. Die pri­va­ten Kun­den muss­ten für einen Kubik­me­ter des häu­fig man­gel­haf­ten Trink­was­sers 1 Mark und mehr bezah­len. In ver­gleich­ba­ren Städ­ten wur­den nur 10 bis 20 Pfen­nig in Rech­nung gestellt. Von Schif­fen wur­den sogar Prei­se von 1,40 bis 1,80 Mark verlangt. 

Hafen, Ecke Kistnerstr (1906 - Quelle.. Postkartenkalender)

So war es höchs­te Zeit, dass sich die Stadt­ver­wal­tung um die Trink­was­ser­ver­sor­gung küm­mer­te. Ein Ver­such, sich mit den bei­den bestehen­den Unter­neh­mun­gen über eine Erwei­te­rung und Ver­bes­se­rung ihrer Wer­ke unter Betei­li­gung der Stadt zu eini­gen, blieb ergeb­nis­los. Die Stadt­ver­wal­tung beschloss, ein eige­nes städ­ti­sches Was­ser­werk zu errichten. 

Der har­te Kon­kur­renz­kampf zwi­schen Eits und Schwoon wur­de durch die Ehe­schlie­ßung der Kin­der bei­der Fami­li­en und Zusam­men­schluss bei­der Betrie­be im Jah­re 1870 bei­gelegt. Der Turm der Fami­lie Eits, der an der Stel­le stand, an der sich heu­te das Gebäu­de mit Post und Spar­kas­se befin­det, wur­de spä­ter aufgegeben. 

Quel­len:
Georg Bes­sel: “Die ers­ten hun­dert Jah­re Bre­mer­ha­vens”.
Har­ry Gab­cke: “Bre­mer­ha­ven in zwei Jahr­hun­der­ten”.
Bre­mer­ha­ve­ner Face­book-Grup­pe
juwiversum.bplaced.net

Mein ganz beson­de­rer Dank gilt Sabi­ne F., Lia­ne und Peter R. sowie Jür­gen W.
Ohne deren his­to­ri­sches Bild­ma­te­ri­al und Wis­sen hät­te ich über den Eits’schen Was­ser­turm nicht so aus­führ­lich schrei­ben können. 

Nordsee-Zeitung sucht alte Eisbären-Fotos

Für einen Zei­tungs­ar­ti­kel sucht die Nord­see-Zei­tung Erin­ne­rungs­fo­tos von Eurem Zoo­be­such in Bre­mer­ha­ven. Und ganz toll wäre es, wenn auf die­sen Fotos die Tier­grot­ten mit Eis­bä­ren abge­bil­det wären. Es soll näm­lich nicht nur ein Arti­kel in der Zei­tung erschei­nen, nein, auch ein Eis­bä­ren-Buch soll in Druck gege­ben werden.

Zoo am Meer

Der Zoo ist wirk­lich eine ein­ma­li­ge Sehens­wür­dig­keit in der See­stadt. Tou­ris­ten, Schul­klas­sen, Fami­li­en – alle pil­gern hin – regel­mä­ßig und immer wie­der. Gera­de in die­sen Tagen ist der Zoo­be­such ein “Muss”. Jeder will den Star ein­mal gese­hen haben:  Die klei­ne Eis­bä­rin Lale, die hier im Zoo am Meer das Licht der Welt erblickt hat.

Wer kommt heu­te nach einem Zoo­be­such noch ohne Bil­der heim? Eine Digi­tal­ka­me­ra hat wohl fast jeder dabei. Aber frü­her, als es noch kei­ne Digi­tal­ka­me­ras gab, war es anders. Ana­lo­ge Foto­ap­pa­ra­te waren teu­er, nicht jeder konn­te sich einen leis­ten. Und auch die Foto­ab­zü­ge waren mit oft­mals uner­schwing­li­chen Kos­ten ver­bun­den. Da foto­gra­fier­te man spar­sam oder gar nicht.

Ostern 1971

Das hat sich wohl auch die Redak­ti­on der Nord­see-Zei­tung Bre­mer­ha­ven gedacht, als sie die Idee hat­te, alte Fotos zu suchen, die im Zoo am Meer ent­stan­den sind. Und so bit­tet sie Euch, Eure Bil­der zur Zei­tung zu schi­cken. Ein­zi­ge Vor­aus­set­zung für das Foto ist, dass Ihr allei­ne oder mit der Schul­klas­se oder mit Eurer Fami­lie auf dem Foto zu sehen seid. Aber nicht mit einem Pin­gu­in im Hin­ter­grund. Nein, es muss ein Eis­bär auf dem Bild zu sehen sein. Dann habt Ihr gute Chan­cen, dass Euer Foto in den kom­men­den Wochen in der Zei­tung zu sehen sein wird. Und viel­leicht fin­det Euer Foto ja auch einen Platz in dem spä­ter erschei­nen­den Bild­band, der in Zusam­men­ar­beit mit dem Zoo am Meer ent­ste­hen soll.

Wer an die­ser Akti­on teil­neh­men möch­te, soll­te sei­ne Bil­der mit Namen, Anschrift, Tele­fon­num­mer und Ent­ste­hungs­da­tum ver­se­hen und schi­cken an:

Per Post
Nord­see-Zei­tung
Redak­ti­on Bremerhaven
Stich­wort Eisbärenfoto
Hafen­stra­ße 140
27576 Bremerhaven
Per Mail
zoo@nordsee-zeitung.de

Das war meine Werft – Folge 8

Die Mit­glie­der der Bre­mer Depu­ta­ti­on hat­ten eine ganz kon­kre­te Vor­stel­lung, was den Zweck des neu­en Hafen­or­tes anging: Bre­mer­ha­ven soll­te dem See­han­del die­nen, und sei­ne Ein­woh­ner hat­ten die­se Auf­ga­be zu unterstützen.

Wencke-Dock

Nach­dem Bür­ger­meis­ter Johann Smidt für die Stadt Bre­men mit dem Staats­ver­trag vom 11. Janu­ar 1827 für 73.658 Taler vom König­reich Han­no­ver ein Stück Land an der Geest­e­mün­dung erwor­ben hat­te, genoss der Schiff­bau im neu­en Bre­mer­ha­ven eine Schlüs­sel­po­si­ti­on. So war es nur ver­ständ­lich, dass die knap­pe Grund­stücks­flä­che am Gees­teu­fer in mög­lichst vie­le Par­zel­len auf­ge­teilt wur­de. Dadurch soll­ten sich zahl­rei­che Werf­ten ansie­deln kön­nen und der Wett­be­werb geför­dert werden.

Flussdampfer

Die Ansied­lung von neu­en Bür­gern wur­de eben­falls regle­men­tiert. Nur Bür­ger, die einen Nach­weis der frei­en Ver­füg­bar­keit über die eige­ne Per­son vor­le­gen konn­ten, beka­men ihren “Ein­wan­de­rungs­an­trag” bewil­ligt. Außer­dem muss­te der Bewer­ber einen Nach­weis vor­le­gen kön­nen, dass er bis­her einen sitt­li­chen Lebens­wan­del geführt hat. Und er muss­te sich zu einer christ­li­chen Reli­gi­on beken­nen. Bür­ger­meis­ter Smidt soll die Auf­fas­sung ver­tre­ten haben, dass Juden in einem christ­li­chen Staats­we­sen  “Fremd­kör­per” sei­en und in Bre­mer­ha­ven nicht gedul­det wer­den sollen.

1914 Fischdampfer Roon im Bau, zweiter von rechts.

Um sicher­zu­stel­len, dass der Neu­bür­ger der Gemein­de Bre­mer­ha­ven nicht zur Last fällt, muss­te die­ser einen Bür­ger benen­nen. Außer­dem hat­te er ent­we­der aus­rei­chen­des Ver­mö­gen vor­zu­wei­sen oder die Kennt­nis­se und Fähig­kei­ten zum Betrei­ben eines “nahr­haf­ten” Gewer­bes. Arbei­ter soll­ten über einen ent­spre­chen­den Gesund­heits­zu­stand verfügen.

Sagitta

Bild: His­to­ri­sches Muse­um Bre­mer­ha­ven, Klei­ne Schrif­ten 8, Bre­mer­ha­ven 2008. Quel­le: http://de.wikipedia.org/wiki/Sagitta_%28Schiff,_1885%29

Von der Depu­ta­ti­on wer­den die Bre­mer zusätz­lich auf den Man­gel an “tüch­ti­gen Hand­wer­kern” und auf die gute Ver­dienst­mög­lich­kei­ten in Bre­mer­ha­ven auf­merk­sam gemacht. Gleich­zei­tig soll aber eine gewis­se Risi­ko­be­reit­schaft einer der ent­schei­den­den Fak­to­ren für die Nie­der­las­sung in Bre­mer­ha­ven in den Grün­dungs­jah­ren gewe­sen sein. In einem Bre­mer­ha­ve­ner Geschichts­buch heißt es dazu: “(…) der jun­ge Hafen­ort hat­te zu die­ser Zeit das Sta­di­um eines Expe­ri­ments noch nicht durch­lau­fen. Gera­de in den ers­ten Jah­ren nach Eröff­nung des Hafens bestand ange­sichts der mas­si­ven Kri­tik an der neu­en Anla­ge kei­ne zwin­gen­de Not­wen­dig­keit, die Zukunft des Ortes opti­mis­tisch zu beurteilen.”

Quel­le:
Nord­see-Zei­tung vom 24.08.2012

zum Weiterlesen

Geestemünde in alten und neuen Ansichten — Teil 9

Eine Serie wid­met der Deich­SPIE­GEL “Geest­e­mün­de in alten und neu­en Ansich­ten”.  Mein ganz beson­de­rer Dank gilt Frau Oda Kelch. Sie hat ihre alten Bil­der und Erin­ne­run­gen auf ihrer Face­book-Sei­te ver­öf­fent­licht. Nach­dem ich Euch im 6. Teil die­ser Serie das Haus Georg­stra­ße 43 vor­ge­stellt habe, zei­ge ich Euch heu­te das Haus Georg­stra­ße 41.

Georgstraße 41 und 43

Die Bre­mer Land­stra­ße war ursprüng­lich der ein­zi­ge Ver­bin­dungs­weg von Geest­e­mün­de nach Bre­men. Die­se Stra­ße, die spä­ter in “Georg­stra­ße” umbe­nannt wer­den soll­te, war von klei­nen Häu­sern gesäumt, wie man sie zu dama­li­ger Zeit in dörf­li­chen Gegen­den vor­fand. Etwa ab 1860 begann man, die Georg­stra­ße zu einer Haupt­ver­kehrs­stra­ße aus­zu­bau­en. Geest­e­mün­de wuchs und ver­ei­nig­te sich 1889 mit Geest­en­dorf. Die Georg­stra­ße wur­de nun auch Geschäfts­stra­ße. Die Stra­ße war so breit, dass hier bis 1887 der Wochen­markt stattfand.

Für das fol­gen­de Bild habe ich kei­ne Jah­res­an­ga­be, aber es scheint eben­falls zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts ent­stan­den zu sein. Auf jeden Fall weiß Oda Kelch über die­ses Haus der Fami­lie Harz­mey­er, das direkt an das Haus der Fami­lie Knob­lauch grenzt,  viel Inter­es­san­tes zu erzäh­len. Eini­ge Erin­ne­run­gen möch­te ich mei­nen Lesern nicht vorenthalten:

Georgstraße 41

Mit­ten­drin ent­stand also auch das Wohn- und Geschäfts­haus Geoerg­stra­ße 41, in dem Her­mann H. Harz­mey­er eine Schuh­ma­che­rei und ein Schuh­ge­schäft betrieb. Das Haus besticht durch sei­ne Wuch­tig­keit und dem Türm­chen, das lei­der bereits vor dem Krieg ver­schwun­den war. Links von der Laden­tür befand sich eine Ein­fahrt, die zu den Hin­ter­hö­fen führ­te. Dort befan­den sich die Stal­lun­gen für die Pferdefuhrwerke.

In der Ein­fahrt selbst befand sich der Zugang zum Trep­pen­haus. Wie auf einer gro­ßen Wen­del­trep­pe führ­te der Weg hin­auf in die obe­ren Stock­wer­ke. Auf hal­ber Trep­pe zwi­schen den Stock­wer­ken befan­den sich Stu­fen, die zu einem Bal­kon mit Toi­let­ten führ­ten. Mor­gens trug man den Nacht­topf quer durch das Haus,  um ihn in der Toi­let­te zu ent­lee­ren. Im Win­ter wur­de mit einem Holz­koh­len­feu­er ver­hin­dert, dass die Toi­let­ten einfrieren.

Den Abschluss des Trep­pen­hau­ses bil­de­te eine gro­ße run­de Kup­pel, wie sie in Pari­ser Waren­häu­ser üblich waren – aller­dings nicht so schön. Durch die klei­nen Fens­ter fand nur wenig Tages­licht sei­nen Weg in die Woh­nun­gen, die mit Holz­fuß­bö­den aus­ge­stat­tet waren, wie sie frü­her in Schu­len üblich waren. Wer sich für wei­te­re Erin­ne­run­gen inter­es­siert, kann sie bei Face­book nachlesen.

Georgstraße 41

Aber plötz­lich war es mit der Idyl­le in der Georg­stra­ße vor­bei. Das Jahr 1944 soll­te auch für die Bewoh­ner der Georg­stra­ße zu einem Schick­sals­jahr wer­den. Bereits fünf Kriegs­jah­re hat­te der Stadt­teil Geest­e­mün­de ohne grö­ße­re Schä­den über­stan­den. Bis auf ein paar Spreng­bom­ben, die das Vier­tel um die Schil­ler­stra­ße tra­fen, blieb Geest­e­mün­de von Luft­an­grif­fen verschont.

Aber die Ruhe war trü­ge­risch. Es war der 18. Sep­tem­ber 1944: “…ein strah­lend schö­ner und war­mer Spät­som­mer­tag, so recht geeig­net, alles krie­ge­ri­sche Gesche­hen ver­ges­sen zu machen…”, soll­te spä­ter  Hein­rich Klop­pen­burg mit sei­ner Schreib­ma­schi­ne notie­ren. Dass sich an die­sem Tage 206 Lan­cas­ter­bom­ber der Roy­al-Air-Force auf­mach­ten, um Bre­mer­ha­ven kom­plett zu zer­stö­ren, ahn­te nie­mand. Der schreck­li­che Luft­an­griff über­rasch­te wohl alle.

zerbombte Georgstraße 1944

Hein­rich Klop­pen­burg notier­te über die Zeit nach dem Angriff, dass die zur Stadt füh­ren­de Chaus­see mit aus­ge­brann­ten Stab­brand­bom­ben gera­de­zu über­sät war. Die gan­ze Stadt sei eine ein­zi­ge zusam­men­hän­gen­de Brand­stät­te gewe­sen. Stra­ßen­zei­le auf Stra­ßen­zei­le wie­sen nur lee­re Fas­sa­den aus­ge­brann­ter Häu­ser auf. Beson­ders die Haupt­ver­kehrs­stra­ßen, die Georg- und die Bor­ries­stra­ße, sol­len einen trost­lo­sen Anblick gebo­ten haben, da sie vor allem mit ihren grö­ße­ren Bau­ten der Zer­stö­rung rest­los anheim­ge­fal­len seien.

Wiederaufbau

Die Ent­trüm­me­rung der Stadt war eine drin­gen­de Auf­ga­be in der Nach­kriegs­zeit. Durch Auf­ru­fe der Mili­tär­re­gie­rung und durch Ver­ord­nun­gen des Arbeits­am­tes wur­den Män­ner und Frau­en zur Ent­trüm­me­rung her­an­ge­zo­gen. Auch 262 Schü­ler und Schü­le­rin­nen sowie 13 Leh­re­rin­nen und Leh­rer der Hum­boldt­schu­le stell­ten sich für die­sen kräf­te­zeh­ren­den frei­wil­li­gen Arbeits­ein­satz zur Ver­fü­gung. Die Bre­mer­ha­ve­ner lie­ßen sich nicht “klein­krie­gen”, ihr Wil­le, die Ärmel hoch­zu­krem­peln und anzu­pa­cken, war bemer­kens­wert. Nun beginnt auch in Bre­mer­ha­ven die Zeit des soge­nann­ten Wirtschaftswunders.

veränderte Georgstraße

Als am Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges über 50% des Wohn­rau­mes in Weser­mün­de zer­stört waren, hat­ten mehr als 30.000 Men­schen kein Dach mehr über ihren Kopf. Und nach dem Wie­der­auf­bau war die Georg­stra­ße nicht mehr wie­der­zu­er­ken­nen — wie so vie­le Stra­ßen und Städ­te nach dem Krieg.

Georgstraße

Den Ruf einer Ein­kaufs­stra­ße hat die Georg­stra­ße längst ver­lo­ren. Haupt­säch­lich eili­ge Auto­fah­rer rasen acht­los durch die einst so pracht­vol­le Straße.

Georgstraße

Wie immer vie­len Dank an Frau Oda Kelch für Ihre uner­müd­li­che Hil­fe, die­sen Arti­kel zu schreiben.
Quel­len:
Oda Kelch
zum.de

Die ehemalige Kaiserstraße in alten und neuen Ansichten – Teil 3

Eine Serie wid­met der Deich­SPIE­GEL der “ehe­ma­li­gen Kai­ser­stra­ße in alten und neu­en Ansich­ten”. Dank vie­ler Freun­de in Face­book, die mich mit alten Bil­dern und Anek­do­ten unter­stüt­zen, kann ich Euch heu­te ein paar Moti­ve aus der Kaiserstraße/Ecke Schleu­sen­stra­ße zeigen.

Am 24. August 1897 wur­de die damals weit­hin bestaun­te Gro­ße Kai­ser­schleu­se ein­ge­weiht. Und nur drei Tage spä­ter erhielt die Schleu­sen­stra­ße ihren Namen. Ja, die Schleu­sen­stra­ße tat ihrem Namen alle Ehre und schleus­te die See­leu­te zur Kai­ser­stra­ße. Die war bei den See­leu­ten sehr beliebt, schließ­lich pul­sier­te hier in den rund 30 Knei­pen zwi­schen dem Hin­den­burg­platz (heu­te Bür­ger­meis­ter-Mar­tin-Don­andt-Platz) und dem Ebert­platz (heu­te Wal­de­mar-Becke-Platz) das Leben.

Polizeikontrolle in der Kaiserstraße

Eine Chro­nis­tin erzähl­te, wie sie als zehn­jäh­ri­ges Mäd­chen ihren Onkel besuch­te, wenn er mit sei­nem  Schiff im Neu­en Hafen lag. Sie muss­te das Zoll­häus­chen in der Schleu­sen­stra­ße pas­sie­ren, da hin­ter den Häu­sern west­lich der Kai­ser­stra­ße die Zoll­gren­ze ver­lief. In der Schleu­sen­stra­ße gab es einen Durch­gang durch den Grenz­zaun. Der Zoll­be­am­te soll immer sehr unfreund­lich gewe­sen sein. Sie hat­te gro­ße Angst, dass der Zöll­ner die Süßig­kei­ten, die sie von ihrem Onkel bekam, beschlag­nah­men wür­de. Lie­ber aß sie die Süßig­kei­ten an Ort und Stel­le auf bre­mi­schen Gebiet sofort auf.

Bankhaus Ibbeken & Böger, Bremerhaven

Schon früh wur­de in der Schleu­sen­stra­ße mit Geld gehan­delt. Die Nähe zum Hafen ver­sprach wahr­schein­lich einen lukra­ti­ven Han­del mit aus­län­di­schen Wäh­run­gen. Lei­der konn­te ich über die­se Pri­vat­bank der frü­hen Bre­mer­ha­ve­ner Jah­re kei­ne Infor­ma­tio­nen finden.

An der Schleu­sen­stra­ße gab es auch ein Zoll­häus­chen. Nach dem Krieg zogen hier die Zoll­be­am­ten aus und die ame­ri­ka­ni­schen Sol­da­ten ein. Die pass­ten wäh­rend der Besat­zungs­zeit jetzt auf, dass aus dem Hafen nichts “mit­ge­nom­men” wur­de. In der Zeit vom Ende des Krie­ges 1945 bis zur Wäh­rungs­re­form 1948 blüh­te wie in allen deut­schen Städ­ten auch hier in Bre­mer­ha­ven der Schwarz­han­del. Die Men­schen hun­ger­ten, weil es für Geld nichts zu kau­fen gab.

Es war die Zeit der “Ziga­ret­ten­wäh­rung”, für eine Schach­tel Ziga­ret­ten bekam man auch ohne Lebens­mit­tel­mar­ken nahe­zu alle Lebens­mit­tel. Also ver­such­te man, als Hafen­ar­bei­ter auf den Schif­fen Ziga­ret­ten zu ergat­tern und die­se durch das Tor in der Schleu­sen­stra­ße zu schmug­geln. In den 1950er Jah­ren wur­de der Zoll­zaun ver­legt, und das Zoll­häus­chen verschwand.

1972 | Fleischerei Lutze, Alte Bürger, Bremerhaven

1972, als die­se Auf­nah­me der Flei­sche­rei Lut­ze in der Kai­ser­stra­ße ent­stand, war es mit der Ziga­ret­ten­wäh­rung zum Glück schon lan­ge vor­bei. Noch ging es auf­wärts in Deutsch­land, das “Wirt­schafts­wun­der” soll­te erst im Herbst 1973 sein Ende fin­den, aus­ge­löst durch die ers­te Ölkri­se auf­grund des Jom-Kip­pur-Krie­ges. Aber soweit war es 1972 eben noch nicht. Kurz­ar­beit, Arbeits­lo­sig­keit und stei­gen­de Sozi­al­aus­ga­ben waren noch unbe­kann­te Erschei­nun­gen. Noch konn­te man also bei der Flei­sche­rei Lut­ze fröh­lich sei­ne Steaks und Rin­der­rol­la­den kaufen.

Ja, und auf dem Hin­ter­hof der Schlach­te­rei haben die Kin­der die Holz­spä­ne für den Räu­cher­ofen umge­schich­tet und sich damit einen “Hei­er­mann” ver­dient. Schö­ne hei­le Welt! Wirk­lich schö­ne hei­le Welt?

Seithe

Das obi­ge Gebäu­de wur­de irgend­wann um die Jahr­hun­dert­wen­de 1899/1900 als Bergmann‘s Hotel erstellt. Wie lan­ge das Hotel betrie­ben wur­de, ver­moch­te ich nicht herauszufinden.

Lebensmittel Seithe

Die­se Auf­nah­me stammt aus dem Jah­re 1972, es zeigt, dass der “Lebens­mit­tel­lie­fe­rant” der Kai­ser­stra­ße sein Domi­zil bereits bezo­gen hat. Damals ging es noch nicht so hek­tisch zu wie heu­te. Viel­leicht konn­te man zu die­ser Zeit sogar auch noch “Anschrei­ben las­sen”, bezahlt wur­de am Frei­tag, wenn Vater die Lohn­tü­te heimbrachte.

Lebensmittel Seithe

Die weni­gen Dis­coun­ter, die es gab, haben den Ein­zel­han­del noch nicht ver­drängt. Man erle­dig­te sei­ne Ein­käu­fe übli­cher­wei­se beim “Kauf­mann an der Ecke”. Nur weni­ge Frau­en waren berufs­tä­tig, die Haus­frau­en fan­den noch Zeit für ein Schwätz­chen. Aller­dings waren die Men­schen damals auch noch nicht so wohl­ha­bend wie heu­te. So dun­kel wie die Bil­der wer­den zumin­dest noch die 1950er Jah­re gewe­sen sein.

Kaiserstrasse Ecke Schleusenstrasse

Auf die­sem Bild ist noch eine Ein­zel­han­dels­dro­ge­rie zu sehen, wie sie es heu­te nicht mehr gibt.  Dro­gis­ten fer­tig­ten selbst Zahn­creme, Zahn­pul­ver, Back­pul­ver, Haut­creme, Schuh­putz­creme oder Blech­putz­mit­tel aus ver­schie­de­nen Zuta­ten an. Als es zu Beginn der Auto­mo­bil­zeit noch kei­ne Tank­stel­len gab, kauf­te man sei­nen Treib­stoff in klei­nen Fäs­sern oder grö­ße­ren Fla­schen in einer Drogerie.

Auch Kon­do­me hol­te “Mann” sich ver­schämt und hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand flüs­ternd in der Dro­ge­rie. Als die Foto­gra­fie auf­kam, deck­ten sich Foto­gra­fen in der Dro­ge­rie mit den benö­tig­ten Mate­ria­li­en für die Ent­wick­lung der Bil­der ein.

Etwa ab Anfang der 1970er Jah­re ver­schwan­den die klas­si­schen Dro­ge­rie-Fach­ge­schäft aus dem Stra­ßen­bild – mit klei­ne­ren Sor­ti­men­ten aber deut­lich nied­ri­ge­ren Prei­sen mach­ten ihnen Dro­ge­rie­märk­te das Über­le­ben unmöglich.

Restaurant Otto

Aber auch für die Lebens­mit­tel-Ein­zel­händ­ler wur­den die Zei­ten schwie­rig. Super­märk­te und Dis­coun­ter schos­sen wie Pil­ze aus dem Boden und ver­dräng­ten die Kolo­ni­al­wa­ren­ge­schäf­te und Tan­te-Emma-Läden aus die Innen­stadt. Mehr und mehr waren die Kun­den auf ein Auto ange­wie­sen, um “auf der grü­nen Wie­se” ihre Ein­käu­fe täti­gen zu kön­nen. Irgend­wann muss­te auch “Sei­t­he” sein Geschäft schlie­ßen. In das Laden­lo­kal zog “Otto‘s Schnell­re­stau­rant” ein.

Schleusenstrasse Ecke Kaiserstraße 2014

Spä­ter soll­te erneut ein Wech­sel statt­fin­den, man still­te sei­nen Hun­ger jetzt im “Café-Bis­tro End­sta­ti­on”. Heu­te stillt auch hier nie­mand mehr sei­nen Hun­ger, das Laden­lo­kal steht leer.

Quel­len:
Du kommst aus Bre­mer­ha­ven, wenn…
kaiserstrasse.jimdo.com

Die Marienkirche in Geestemünde – eine wechselvolle Geschichte, Teil 3

Grab­stät­ten wur­den bereits in der frü­hen Stein­zeit ange­legt. Sie gehö­ren zu den ältes­ten Zeug­nis­sen mensch­li­cher Zivi­li­sa­ti­on. Wur­den in der Anti­ke die Toten an Orten bestat­tet, die sich außer­halb des städ­ti­schen Lebens befan­den, ver­la­ger­te man im Mit­tel­al­ter die Fried­hö­fe in den Bereich der Kirchengebäude.

1950, ausgebrannte Marienkirche in Geestemünde

Wäh­rend im All­ge­mei­nen nur kirch­li­che Wür­den­trä­ger oder Köni­ge und Fürs­ten in den Genuss kamen, direkt im Kir­chen­ge­bäu­de bestat­tet zu wer­den, hat­te die dama­li­ge “Mit­tel­schicht” immer­hin eine Chan­ce, auf eine Bestat­tung in geweih­ter Erde auf dem Kirch­hof. Exkom­mu­ni­zier­te, Kri­mi­nel­le, Gauk­ler, Tage­die­be und Bett­ler fan­den kei­nen Platz auf dem Kirch­hof. Sie muss­ten sich außer­halb der Stadt­mau­ern zur letz­ten Ruhe begeben.

Grabplatte Marienkirche Geestemünde

Eine Lese­rin des “Deich­SPIE­GEL” ließ nicht locker, sie bestand dar­auf, vor dem Krieg auch um die Geest­e­mün­der Mari­en­kir­che her­um Grab­stei­ne gese­hen zu haben. So mach­te ich mich noch­mals auf die Suche nach den Grab­plat­ten und wand­te mich an die Küs­te­rin, die mir freund­li­cher­wei­se die Kir­chen­tür auf­schloss. Und dort habe ich Res­te frü­he­rer Grä­ber entdeckt.

Grabplatte Marienkirche Geestemünde

Ver­mut­lich sind bei dem gro­ßen Brand in der Bom­ben­nacht vom 18. Sep­tem­ber 1944 auch die umlie­gen­den Grä­ber zer­stört wor­den. Die Küs­te­rin konn­te mir jeden­falls kei­ne Aus­kunft geben, woher die drei Grab­plat­ten stam­men, die im Ein­gangs­be­reich der Mari­en­kir­che auf­ge­stellt wor­den sind.

Grabplatte Marienkirche Geestemünde

Inner­halb der Kir­che wird der Besu­cher gefan­gen von der schlich­ten Schön­heit der goti­schen Archi­tek­tur. Die weiß gekalk­ten Wän­de sehen aus, als hät­ten die Hand­wer­ker erst ges­tern ihre Arbeit voll­endet. Dabei war es bereits das Jahr 1979, in dem das Gewöl­be mit wun­der­schö­nen Orna­men­ten ver­ziert wur­de. Die Fens­ter mit ihrer anti­ken Blei­ver­gla­sung und die dunk­len Kir­chen­bän­ke bil­den einen schö­nen Kon­trast zu den wei­ßen Wän­den. Bestimmt mag die Kir­che vor hun­dert Jah­ren anders aus­ge­schaut haben, als jetzt nach der Besei­ti­gung der Feu­er­schä­den. Aber schön ist sie auch heute.

Altar Marienkirche Geestemünde

Lässt der Besu­cher sei­nen Blick schwei­fen, erfasst sein Auge den schlich­ten Altar auf dem sich eine von Pro­fes­sor Karl-Hen­ning See­mann ange­fer­tig­te Plas­tik befin­det. Der Künst­ler hat auch die Bron­ze­plas­tik über der Kir­chen­tür — Arche Noah mit der Frie­dens­tau­be – angefertigt.

Orgel Marienkirche Geestemünde

Dreht der nun vor dem Altar ste­hen­de Besu­cher sich um und schaut Rich­tung Aus­gang, ent­deckt er über die­sem die mit 16 Regis­tern und wohl 1000 Pfei­fen bestück­te Schleif­la­den­or­gel. Die Pfei­fen die­ser neu­en Orgel konn­te man erst­mals am 6. Okto­ber 1957 in einem Got­tes­dienst hören.

Bei you­tube kann man sich das Kir­chen­ge­läut anhören.