Park- und Gartenstadt Görlitz – Folge 2
Eine Serie widmet der DeichSPIEGEL den Parks und Grünanlagen in Görlitz damals und heute. Die Monatszeitschrift StadtBILD hat in ihrer Ausgabe Nr. 80 vom Februar 2010 einen Aufsatz von Herrn H.-D. Müller über den “Park des Friedens” veröffentlicht:
Nach Südwesten hin vom Stadtpark gesehen, unweit des Grenzüberganges mit der Stadtbrücke, entlang der Brückenstraße zur Promenade, erreicht man den heutigen “Park des Friedens”. Dieser Park ist mit seinen 2,1 Hektar ein kleiner Park. Er hat eine bewegte Geschichte der Entstehung. Bis ins 19. Jahrhundert gab es Gartenparzellen Görlitzer Bürger, die der Tuchmacher Ernst Geißler aufkaufte. Bereits zu dieser Zeit soll die um einen Teich mit Fußgängerbrücke gestaltete Parkanalage den Bürgern zum Besuch offen gestanden haben.
Der Teich mit einer Fontäne wurde nach dem 2. Weltkrieg zugeschüttet. 1904 wurde die Anlage verkauft, danach erwarb der Schirmseide-Fabrikant und Geheime Kommerzienrat Otto Müller (1829 – 1908) das Gelände. Er bewohnte mit seiner Familie die Villa Schützenstraße 8. Für seine Verdienste um die Stadt erhielt er 1905 den “Roten-Adler-Orden IV. Klasse” verliehen.
Im Zentrum des Parks ist nicht zu vergessen das Denkmal des preußischen Generalfeldmarschalls und Politikers Albrecht Graf von Roon (1803 – 1879). Einst war dieses Denkmal 1895 auf dem Wilhelmsplatz eingeweiht worden. Dieses schuf wiederum Johannes Pfuhl. 1859 war er Kriegsminister und 1873 erfolgte die Berufung als Ministerpräsident. A. v. Roon hatte seinen Verdienst bei der Vorbereitung und Vollendung der Reichseinigung mit Otto von Bismarck (1815 – 1895) und Helmuth v. Moltke (1800 – 1891). Den Alterssitz fand er in Krobnitz bei Görlitz, wo er auch im Familiengrab beigesetzt wurde.
1945 war der Hunger ein ständiger Begleiter, vor allem für die heranwachsende Jugend in Görlitz. Erschwert wurde dies nach dem 2. Weltkrieg durch den nicht endenden Flüchtlingsstrom in der Stadt östlich der Neiße. Ein Mitglied der Roten Armee verteilte Brot an die Kinder der Blumenstraße und des Mühlwegs im Park.
Die Umbenennung in “Park des Friedens” mit Kundgebung fand am 1. September 1957 aus Anlass des Weltfriedenstages statt.
Geht man vom Stadtpark zur Louis-Braille-Straße (einst Schmidtstraße – so benannt 1855) linksseitig, erblickt man in der Einmündung zum Park einen spitzwinkligen Stein aus der ehemaligen Berzdorfer Braunkohlengrube.
1972 wurde das ursprünglich als Brunnen konzipierte Denkmal Jacob Böhmes (1575 – 1624) von der Stadtbrücke in diesen Park umgesetzt, da es an der alten Stelle dem Bau der Grenzanlage im Wege stand. Die Bronzestatue wurde 1898 in Lauchhammer gegossen, und das Brunnenbecken ist heute mit Erde aufgefüllt und bepflanzt. Seit 1997 erstrahlt die Statue wieder in neuem Glanz. Die Bänke an diesem denkmalladen zum Verweilen ein und bieten einen Blick auf die schöne Parkanlage.
Jacob Böhme war Philosoph und kam bereits als 24jähriger Schuhmachermeister nach Görlitz. Er war wegen seiner mystischen – spekulativen Theologie Angriffen und Publikationsverbot seitens der orthodoxen Geistlichkeit ausgesetzt. Seine erste Schrift war “Morgenröte im Aufgang” 1613. Er verfasste eine Anzahl weiterer Schriften. Er wurde auf dem Nikolaifriedhof beigesetzt. Erst 1922 erhielt seine Grabstelle die heutige Gestalt.
Parkanlagen sollen für Eltern und Kinder nicht nur die Möglichkeit der Entspannung bieten sondern auch das Kennenlernen anderer Familien dieser Gegend.
Text mit freundlicher Genehmigung des StadtBILD-Verlages Görlitz