Das Apollo-Kino in Bremerhaven
Das Apollo-Kino in Bremerhaven
In den Jahren von 1946 bis 1956 erlebt das deutsche Kino eine Blütezeit. 1956 erreichen in Westdeutschland die Zuschauerzahlen mit 817 Millionen Kinobesuchern ihren Zenit. Der Erfolg wird mit deutschen Heimatfilmen generiert. Sonja Ziemann und Rudolf Prack stellen 1950 das Traumpaar im Nachkriegsfarbfilm “Schwarzwaldmädel” dar. Es folgen die Kitschfilme “Grün ist die Heide” (1951), “Der Förster vom Silberwald” (1954) und “Das Schweigen im Walde” (1955).
In den 1950er Jahren lohnen sich Kinos noch
In diesen Jahren werden Kinos zu lohnenden Investitionsobjekten. So entstehen große Kinoneubauten mit geschwungenen asymmetrischen Sälen. Die angestrahlten Wände sind mit Stoff bespannt. Bogenförmige Treppen führen hinauf zu weit in den Raum ragende Galerien. In den Foyers dieser Kinos gibt es elegante Süßwarenstände. Das Kino wird zum Palast der Wirtschaftswunder-Gesellschaft.Auch in Bremerhaven entstehen in diesen Jahren an jeder Ecke neue Kinos. Boten 1950 acht Kinos mit 4221 Plätzen ihre Filme an, waren es Ende der 1950er Jahre sechszehn “Lichtspieltheater” mit 9678 Plätzen. Das Kino wurde bald zum Treffpunkt und zum Ort für erste zärtliche Berührungen.
Neueröffnung in Geestemünde
In Geestemünde eröffnet in der Georgstraße 73 am 25. Dezember 1953 Wilfried Springbrunn sein neues Kino “Europa” und lädt mit 649 Plätzen zu ein paar schöne Stunden ein. Vorbei an den Kassenbereich und der Popcornmaschine gelangt der Besucher durch das großzügige Foyer zum Saaleingang.
Zum Eröffnungstag laden Wilfried Springbrunn und seine Frau zu einem Film “für Verliebte, Verlobte und Verheiratete” ein: “Ich und Du” ist ein deutscher Spielfilm mit Hardy Krüger und Lieselotte Pulver. Die Einladungskarten sind für zwei Personen gültig.
Theo Marseille übernimmt das “Europa”
1963 verstirbt der Kinobetreiber Wilfried Springbrunn, und Kino-Zar Theo Marseille übernimmt das Kino “Europa”. Theo Marseille, Sprössling einer Seidenweberfamilie, stammt aus Krefeld. Mit seiner Frau Ilse baut er nach dem Zweiten Weltkrieg ein florierendes Filmtheaterunternehmen auf.
Theo Marseille besitzt bereits die Bremerhavener Kinos “Aladin” in der Rickmerstraße 13 — 15, “Atlantis” in der Hafenstraße 144 und “City” in der Hafenstraße 127, als er im Jahre 1963 auch das “Europa” übernimmt und modernisiert. Er will das Kino zum Familientheater Geestemündes machen.
Nach dem Umbau trennt eine Glasscheibe die Loge unterhalb des Vorführraumes vom übrigen Kinosaal, und fortan verfügt das Kino über die erste Raucherloge im Land Bremen. Zur Wiedereröffnung im Frühjahr 1963 erhält das Kino auch einen neuen Namen: “Apollo”. Viele Jahre ist das “Apollo” neben dem “Aladin” das große Erstaufführungshaus Bremerhavens.
Legendäre Filme werden hier gespielt. Jahrzehntelang ist das “Apollo” in Bremerhaven Inbegriff für großes Kino. Im Jahre 1964 war es “James Bond 007 – Goldfinger” mit Sean Connery und dem unvergesslichen Gerd Fröbe, 1968 kam der Italo-Western “Spiel mir das Lied vom Tod” von Sergio Leone, 1971 die “Love Story” mit Ali MacGraw und Ryan O’Neal und 1972 der Mafiafilm “Der Pate” mit Marlon Brando und Al Pacino. Diese Film-Klassiker stehen für viele andere große Filme, die vorher oder nachher aufgeführt werden. Es ist unmöglich, sie an dieser Stelle alle aufzuzählen.
Immer wieder Umbauten
In den Folgejahren wird im Apollo immer wieder umgebaut. Die Decken wurden verändert und Wände mit Teppichen verkleidet. Nach der Renovierung im Jahre 1979 ist absehbar, dass auch in Bremerhaven nicht mehr genügend Nachfrage nach großen Lichtspielhäusern vorhanden ist. Theo Marseille schließt zum 1. August 1980 trotz einer gerade abgeschlossenen Renovierung sein Kino “Capitol” in der Hafenstraße 156.
Marseille entschließt sich, das Kino “Apollo” zu teilen. In den Monaten Juni und Juli 1980 werden die Arbeiten ausgeführt. Der ehemals große Saal bekommt nun den Namen “Apollo 1” zugewiesen, das neue kleine Kino heißt “Apollo 2”. In beiden Kinos darf geraucht werden. Kleine Ablagen vor den Sitzen nehmen die Getränke auf.
Im Jahre 1993 wird wieder renoviert. Im “Apollo 1” werden die beiden Balkone geschlossen und fortan als Abstellräume genutzt. Das Rauchen ist nun verboten.
“Apollo” gibt auf
Am 28. April 2007 wird in Bremerhaven, Karlsburg 1, das “CineMotion Bremerhaven” mit sechs Kinosäle eröffnet. Im April 2007 läuft im “Apollo” die letzte Spielwoche an, danach schließt das Kino für immer die Pforten.
Für das Apollo-Kino in Bremerhaven findet sich keine weitere Verwendung. Den verschwundenen Glanz des ehemaligen Lichtspielhauses, den Schein der Kronleuchter und den Anblick der roten Samtvorhänge kann man nur noch erahnen. Der leckere Geruch des süßen Popcorns hat sich längst in den staubigen Mantel der Vergangenheit verflüchtigt. Nur die opulente Deckengestaltung, zwei großzügige Emporen, leere Kinositze und der Popcornautomat zeugen noch heute vom Glanz & Gloria der Wirtschaftswunderjahre.
Neue Verwendung für das Apollo-Kino in Bremerhaven
Heute gehört das Apollo-Kino in Bremerhaven in der Georgstraße 73 Lars Wübben, Geschäftsführer der Wübben GmbH. Ideenreich hat er das ehemalige Kino entkernt und in ein multifunktionales Veranstaltungszentrum umbauen lassen. Die noch vorhandenen für 1950er und 1960er Jahre typischen Bauelemente hat Wübben freigelegt. Auf der Empore stehen wieder die alten Kinosessel.
Hochzeiten, Tagungen, Trauerfeiern, Ausstellungen und andere Events sollen für bis zu 400 Personen hier in Geestemünde stattfinden. Das ehemalige Foyer wird vom Multifunktionsraum abgetrennt und kleinere Gesellschaften zur Verfügung stehen. Für das Jahr 2019 steht ein Neuanstrich der Außenfassade auf der Agenda. Das alte Apollo-Schild über dem Eingangsbereich bleibt erhalten.
Am Abend des 14. Dezember 2018 kehrt im alten Kino “Apollo” wieder Leben ein. Nach eineinhalb Jahren Umbauarbeiten wird mit einer Elvis Presley Cover Band die erste große öffentliche Veranstaltung in den sanierten Räumen stattfinden. Ein ausgeklügeltes Licht- und Tonkonzept soll “keine Wünsche offen lassen”.
Quelle:
www.filmportal.de “Die 1950er Jahre – Vom Kino in Trümmern zum Wirtschaftswunder ”
Hans E. Happel: “Kinos in Bremerhaven”
Klaus Weber: “alle Kinos”
Nordsee-Zeitung vom 30.07.1980, 29.03.2011 und 08.12.2018
radio-bremen.de: “Das Apollo-Kino in Bremerhaven”, 21.09.2016
Apollo Pressemitteilung vom 22.10.2017
Heiner Otto: “ausgeschlafen: ‘Apollo’ erwacht”, nwzonline.de vom 21.10.2017