Das kaiserliche Pulvermagazin in Speckenbüttel
Am Rande des Bremerhavener Stadtparks Speckenbüttel ist gut versteckt zwischen Bäumen und Büschen ein militärhistorisches Bauwerk erhalten geblieben: Das Schießpulver-Depot der kaiserlichen Marineartillerie. Es wurde 1874/1875 in der damals noch unbebauten Leher Feldmark neben dem Feldweg nach Weddewarden errichtet.
Nachdem Preußen den Deutschen Krieg von 1866 gewonnen hatte, wurde das Königreich Hannover aufgelöst und als Provinz Hannover in das preußische Staatsgebiet eingegliedert. Fortan gehörte das Amt Lehe zu Preußen. Und der dritte Einigungskrieg ließ nicht lange auf sich warten: Am 19. Juli 1870 erklärte das französische Kaiserreich Preußen den Krieg. Frankreich verlor den Krieg, und Preußens König Wilhelm I. wird deutscher Kaiser.
Zwischen 1866 und 1880 ließ Preußen vier Forts zum Schutze der Wesermündung bauen. Sie erhielten die Namen Langlütjen I und II (Oldenburger Seite) sowie auf hannoverscher Seite Brinkamahof I und II. Sie wurden zunächst von preußischen Heereseinheiten bedient. 1887 wurde das Schleswigsche Fußartillerie-Regiment nach Bremerhaven und Lehe verlegt, um die Forts zu besetzen. Die 4. Kompanie bezog das zur Kaserne umgebaute ehemalige Armenhaus am Marktplatz. Später zogen sie in die neue Leher Artilleriekaserne in die Kaiser-Wilhelm-Straße um (heutige Hinrich-Schmalfeldt-Str. 30). Die Batteriestraße diente als Verbindungsweg zwischen Lehe und Brinkamahof.
Ob das Verteidigungssystem seinen Zweck erfüllen konnte, kann man wohl nicht mehr beurteilen. Die Unterweserforts kamen niemals in die Lage, ihre Feuerkraft gegen feindliche Seeziele unter Beweis stellen zu müssen.
Auf jeden Fall mussten die in den Forts aufgestellten Geschütze mit Schießpulver versorgt werden. Für die Lagerung des Schießpulvers zu Friedenszeiten ließen die preußischen Behörden 1874/1875 das Pulvermagazin in Speckenbüttel errichten. Eigentlich war es nur ein großes Holzschuppen mit den Ausmaßen einer Scheune, der da aus Sicherheitsgründen weitab von den nächsten bewohnten Häusern in die Leher Feldmarkt gestellt wurde.
Rund um den Schuppen wurde ein Schutzwall aufgeschüttet. Außerdem wurde das Areal mit einem Wassergraben und einem Zaun gesichert. Für die Wachmannschaft der Marine stand eine Wachbude zur Verfügung. Später wurde ein Wachmann eingestellt. Er wohnte in einem gemauerten Wohnhaus am Rande des Grundstückes.
Ein großer Teil des Schutzwalles und des Wassergrabens sind bis heute erhalten. Das ganze Ensemble liegt so versteckt, dass es schließlich in Vergessenheit geriet. Erst 1989 wurde das Pulvermagazin zufällig “wiederentdeckt”. Mitte der 1990er Jahre ließ die Stadt Bremerhaven den kaiserlichen Pulverschuppen restaurieren. Er gilt heute als kulturhistorische Sensation. Es gibt in ganz Deutschland kein weiteres so gut erhaltenes Ensemble dieser Art.
Im Jahre 2008 wurde die Anlage aufgewertet. Hierzu stellte die Stiftung Wohnliche Stadt 25.000 Euro zur Verfügung, die gleiche Summe gab die Stadt aus ihrem Haushalt dazu. Morsche Balken wurden ausgebessert, das Dach repariert, und der drei Meter hohe Erdwall wurde aufgefrischt. Zwei neu Treppen führen nun auf den Erdwall hinauf. Die unbewohnten Häuser ließ man abreißen.
Weitere Informationen zu dem ehemaligen Pulvermagazin findet man in dem Büchlein “Bremerhavener Beiträge zur Stadtgeschichte”. Der Aufsatz von Alexander Cordes ist mit vielen seltenen Bildern und Konstruktionszeichnungen illustriert.
Quellen:
Hermann Schröder: Geschichte der Stadt Lehe, Seiten 541 und 542
A. Cordes: Das ehemalige Pulvermagazin in Bremerhaven-Speckenbüttel,
Bremerhavener Beiträge zur Stadtgeschichte, Seiten 139 ff
S. Schwan: Des Kaisers altes Pulverdepot, Nordsee-Zeitung vom 30.01.2018
Landesamt für Denkmalpflege Bremen: Denkmaldatenbank
relikte.com: Die Marine-Forts in der Wesermündung