Bekleidungshaus Ketelsen

Wenn man heu­te vor dem Wasch­sa­lon in der Leher Hafen­stra­ße 76 steht, erin­nert nichts dar­an, dass die­ses Gebäu­de einst das bekann­te “Beklei­dungs­haus Ket­el­sen” beher­berg­te. Auch in dem Gebäu­de Hafen­stra­ße 78 und 80 wer­den schon vie­le Jah­re kei­ne Anzü­ge mehr verkauft.

Bremerhaven, Hafenstraße

Man schreibt das Jahr 1911. Im Janu­ar fei­ert das Deut­sche Reich den 40. Jah­res­tag sei­nes Bestehens. Die Indus­tria­li­sie­rungs­pha­se ist prak­tisch abge­schlos­sen, im deut­schen Kai­ser­reich herrscht Hoch­kon­junk­tur. Die wöchent­li­che Arbeits­zeit beträgt in der Regel 60 Stunden.

Das Jahr 1911 ist kein fried­li­ches Jahr, die Groß­mäch­te rüs­ten auf.  Zwi­schen Deutsch­land und Groß­bri­tan­ni­en fin­det seit dem Jah­re 1906 ein Flot­ten-Wett­rüs­ten statt, den die Bri­ten am Ende für sich ent­schei­den werden.

Doch noch spürt man in der Bevöl­ke­rung nicht, dass der Ers­te Welt­krieg längst vor der Tür steht. Im Janu­ar 1911 fin­det in Bre­mer­ha­ven ein Nord­west­deut­sches Musik­fest statt, im Febru­ar wird die Bau­ge­nos­sen­schaft “Ein­tracht” gegrün­det und in Geest­e­mün­de eröff­net im August die Weser­ge­sell­schaft den Fähr­ver­kehr mit Blexen.

Ketelsen

Vor die­sem Hin­ter­grund grün­det  im Febru­ar des Jah­res 1911 der aus Flens­burg stam­men­de Armin Ket­el­sen in der Leher Hafen­stra­ße 76 Ecke Auf den Sül­ten ein Laden­ge­schäft für Her­ren­kon­fek­ti­on. Armin Ket­el­sen hat­te sich gera­de von sei­nem Geschäfts­part­ner Win­ter, mit dem er im Jah­re 1906 auf der gegen­über­lie­gen­den Stra­ßen­sei­te das gro­ße Spe­zi­al­haus “Ket­el­sen & Win­ter” in der Hafen­stra­ße Ecke Kist­ner­stra­ße gegrün­det hat, getrennt.

Das Beklei­dungs­haus Armin Ket­el­sen wur­de schnell beliebt. Schon bald nach dem Ende des Ers­ten Welt­krie­ges waren es nicht mehr nur die Her­ren des noch dörf­li­chen Lehe, die sich hier ein­klei­den lie­ßen. Auch in Bre­mer­ha­ven, Geest­e­mün­de und wei­ten Tei­len des Land­krei­ses mach­ten sich die Kun­den auf nach Lehe in die Hafenstraße.

Der Zuspruch war so groß, dass Armin Ket­el­sen sei­nen Betrieb schon bald ver­grö­ßern muss­te. Im Jah­re 1921 wur­de das Eck­haus also durch einen  rück­wär­ti­gen  drei­ge­schos­si­gen  Anbau, der sich  weit  in  die  Sei­ten­stra­ße  Auf  den  Sül­ten  hin­ein­zog, erwei­tert. Der anfangs noch als rei­nes Kon­fek­ti­ons­haus geführ­te Betrieb ver­füg­te nun im Dach­ge­schoss über eine gro­ße Schnei­der­werk­statt, die vie­len Gesel­len einen Arbeits­platz bot.

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Im Jah­re 1924 wur­de aus Lehe und Geest­e­mün­de die neue Stadt Weser­mün­de gebil­det. Und in der Hafen­stra­ße 76 wur­den die Räum­lich­kei­ten aber­mals zu eng. Armin Ket­el­sen such­te nach einer Lösung und kauf­te im Jah­re 1926 das gegen­über­lie­gen­de Gebäu­de Hafen­stra­ße 78/80. Er bau­te groß an und ließ 1931 die Fas­sa­den modern gestal­ten. Und das Man­sar­den­dach des Eck­hau­ses Hafen­stra­ße 76 wur­de im Jah­re 1930 zu einem voll­wer­ti­gen  2. Ober­schoss  ausgebaut.

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In die­sen Jah­ren – in Bre­mer­ha­ven regier­te mitt­ler­wei­le die Haken­kreuz­frak­ti­on — rich­te­te Armin Ket­el­sen auch eine neue Abtei­lung für Damen-Ober­be­klei­dung ein.

Im Febru­ar 1932 eröff­ne­te Armin Ket­el­sen in Cux­ha­ven ein moder­nes Zweig­ge­schäft, das schon bald in erheb­li­chem Maße zum Geschäfts­um­satz beitrug.

Im Okto­ber 1935 wur­de Bre­mer­ha­ven wie­der Gar­ni­sons­stadt. In die neu gebau­ten Kaser­nen, in die ehe­ma­li­ge kai­ser­li­che Artil­le­rie­ka­ser­ne und in die Poli­zei­ka­ser­ne am Roten Sand zogen Mari­ne­sol­da­ten ein. Und Adolf Hit­ler stat­tet Bre­mer­ha­ven einen Besuch ab, um an der Pro­be­fahrt des Lloyd­schnell­damp­fers “Scharn­horst” teilzunehmen.

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In einer Gar­ni­sons­stadt gibt es natür­lich vie­le Sol­da­ten. Und Sol­da­ten tra­gen Uni­for­men. Und Armin Ket­el­sen erkann­te die Gunst der Stun­de, und sein Beklei­dungs­haus spe­zia­li­sier­te sich auf das Schnei­dern von Uni­for­men. Schon bald hat­te sich das Beklei­dungs­ge­schäft weit über die Stadt­gren­zen hin­aus einen guten Namen als Her­stel­ler für Uni­for­men gemacht. Offi­zie­re und Unter­of­fi­zie­re der Mari­ne lie­ßen sich ihre Uni­for­men von Ket­el­sen maß­an­fer­ti­gen. Auch Orden und Ehren­zei­chen wur­den angenäht.

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Das Beklei­dungs­haus Ket­el­sen arbei­te­te eng mit den Offi­ziers-Klei­der­kas­sen, den Schiff­fahrts­ge­sell­schaf­ten und mit den Zoll­dienst­stel­len zusam­men. Aus den ursprüng­li­chen Anfän­gen ent­wi­ckel­te sich nach und nach ein selb­stän­di­ger Geschäfts­zweig für die Her­stel­lung von Uni­for­men. In der Maß­schnei­de­rei waren in die­sen Jah­ren über 60 Schnei­der beschäftigt.

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1939 wur­de das Her­ren- und Kna­ben­be­klei­dungs­un­ter­neh­men Ket­el­sen von der Deut­schen Arbeits­front als “Natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Mus­ter­be­trieb” aus­ge­zeich­net. In dem 1939 erschie­ne­nen Buch “Die NS-Mus­ter­be­trie­be 1939, Band 3” ist das Beklei­dungs­haus “Armin Ket­el­sen, Fach­ge­schäft für Her­ren- und Kna­ben­be­klei­dung, Weser­mün­de” auf­ge­führt. Um die Bedeu­tung des eige­nen Betrie­bes her­vor­zu­he­ben, konn­te Ket­el­sen das Buch mit Foto­gra­fien sei­nes Betrie­bes illus­trie­ren lassen.

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Die Bezeich­nung “NS-Mus­ter­be­trieb” war ein Ehren­ti­tel für Gewer­be­be­trie­be mit vor­bild­li­cher natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Hal­tung und Betriebs­ge­stal­tung. Der­ar­ti­ge Betrie­be wur­den bei der Ver­ga­be von Staats­auf­trä­gen bevor­zugt und waren berech­tigt, die Flag­ge der Deut­schen Arbeits­front mit gol­de­nem Rade und gol­de­nen Fran­sen zu führen.

In den Buch wur­de Armin Ket­el­sen als ein Chef geprie­sen, der sei­ne Mit­ar­bei­ter vor­bild­lich behan­delt. Ket­el­sen rich­te­te für sei­ne Arbei­ter und Lehr­lin­ge ein Erho­lungs­heim in Bruns­hau­sen bei Stub­be ein, in dem die­se ihre Feri­en­zeit ver­brin­gen konn­ten. Es war auch nicht sel­ten, das sich der Chef vor Dienst­be­ginn mit sei­nen Mit­ar­bei­tern auf dem Zollin­lands­platz zu einem Fuß­ball­spiel traf. Zum 25-jäh­ri­gen Betriebs­ju­bi­lä­um bedank­te sich Armin Ket­el­sen bei sei­nen lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­tern mit einem hand­ge­schrie­be­nen Brief, dem er ein Por­trait­fo­to von sich beifügte.

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Der Zwei­te Welt­krieg ver­schon­te auch das Beklei­dungs­haus Ket­el­sen nicht. Im Jah­re 1944 wur­de das Geschäfts­haus Hafen­stra­ße 78 bei einem Bom­ben­an­griff kom­plett zer­stört. Das Haus Hafen­stra­ße 76 jedoch trug kei­ne nen­nens­wer­ten Schä­den davon. Ledig­lich das 2. Ober­ge­schoss war zer­stört wor­den. Der rück­wär­ti­ge Gebäu­de­teil blieb von Schä­den ver­schont. Die ver­än­der­te heu­ti­ge Fas­sa­de ist meh­re­ren Umbau­maß­nah­men geschuldet.

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Als die US-Army nach dem Krieg als Besat­zungs­macht in Bre­mer­ha­ven ein­zog, beschlag­nahm­te sie neben vie­len ande­ren Häu­sern in der Hafen­stra­ße auch das Beklei­dungs­haus Ket­el­sen (Hafen­stra­ße 76) und rich­te­te im Erd­ge­schoß ein ame­ri­ka­ni­sches Kauf­haus ein (PX-Laden). Armin Ket­el­sen wur­de auf­grund sei­ner Nähe zum Natio­nal­so­zia­lis­mus von den Ame­ri­ka­nern bis zu sei­ner Ent­na­zi­fi­zie­rung aus der Geschäfts­füh­rung ent­las­sen. Die Her­ren Hens und Fech­ner wur­den als Treu­hän­der ein­ge­setzt und führ­ten bis zum Jah­re 1948 die Geschäfte.

Viel deut­sche und ame­ri­ka­ni­sche Pro­mi­nenz war zur offi­zi­el­len Eröff­nung anwe­send, als am 25. Mai 1949 das hier in der Leher Hafen­stra­ße 76 eben­falls ein­ge­zo­ge­ne Ame­ri­ka-Haus eröff­net wur­de. Man hat das Erd­ge­schoss für die Bedürf­nis­se des Ame­ri­ka­hau­ses umge­stal­tet: Leich­te Trenn­wän­de wur­den ein­ge­zo­gen und der Schau­fens­ter­be­reich wur­de leicht verändert.

Ein Trep­pen­haus im Neben­ein­gang an der Sei­ten­stra­ße dien­te fort­an als Haupt­ein­gang zum Beklei­dungs­haus. In den obe­ren Geschos­sen wur­den wie­der Uni­for­men geschnei­dert – jetzt nur noch für die ame­ri­ka­ni­schen Soldaten.

Im Juli 1951 ver­ließ das Ame­ri­ka­haus die Hafen­stra­ße bereits wie­der, um ihr neu­es Domi­zil in der Elbe-Stra­ße zu bezie­hen. Nun konn­te Armin Ket­el­sen wie­der allei­ne über sein Haus Hafen­stra­ße 76 ver­fü­gen. Er ließ das Haupt­trep­pen­haus in den Ver­kaufs­räu­men wie­der her­rich­ten. Außer­dem wur­de das Eck­haus mit dem Dach­ge­schoss­aus­bau wie­der her­ge­stellt. Die expres­sio­nis­ti­schen  Fas­sa­den­ele­men­te wur­den entfernt.

Am 11. April 1951 wur­de Armin Ket­el­sen 70 Jah­re alt. Zu sei­nem Geburts­tag hat die Nord­see-Zei­tung sein Lebens­werk in einem Auf­satz aus­führ­lich gewür­digt. Beson­ders her­vor­ge­ho­ben wur­de sei­ne fünf­zig­jäh­ri­ge akti­ve Sän­ger­tä­tig­keit. Davon war er drei­ßig Jah­re Lie­der­va­ter der Leher “Ger­ma­nia”.

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Unter der Über­schrift “In and Around Ger­ma­ny” berich­tet das ame­ri­ka­ni­sche “Infor­ma­ti­ons bul­le­tin” in der Aus­ga­be Janu­ar 1952 über eine Uni­form­spen­de an die Bre­mer­ha­ve­ner Pfad­fin­der. Dem US Resi­dent Offi­cer (Ver­bin­dungs­of­fi­zier) Edward Mero­ne fiel auf, dass vie­le Bre­mer­ha­ve­ner Pfad­fin­der kei­ne Uni­form tru­gen. Er bat ver­schie­de­ne Bre­mer­ha­ve­ner Fir­men um Hil­fe. Die Fir­ma Ket­el­sen spen­de­te das Mate­ri­al für die T‑Shirts, und Fir­ma Rame­low spen­de­te den Hosen­stoff. Für die Näh­kos­ten kam Edward Mero­ne auf. In einer fei­er­li­chen Zere­mo­nie über­reich­te Armin Ket­el­sen dem Pfad­fin­der Deblitz 55 Pfad­fin­der­uni­for­men mit den Wor­ten: “Wir prä­sen­tie­ren Ihnen die­se Uni­for­men in der Hoff­nung, dass man sie im wah­ren Pfad­fin­der­geist tra­gen wird.” “All­zeit bereit”, ver­sprach Deblitz.

Der Fir­men­grün­der, der bis­her allei­ni­ger Inha­ber des Beklei­dungs­hau­ses war, wan­del­te die­ses ein Jahr nach sei­nem 70. Geburts­tag in eine Kom­man­dit­ge­sell­schaft um. Als der Fir­men­grün­der am 4. Sep­tem­ber 1954 ver­starb, wur­de sein Nef­fe Fritz Lan­ge Geschäftsführer.

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In die­ser Zeit stan­den bei Ket­el­sen 123 kauf­män­ni­sche Ange­stell­te und Schnei­der auf der Lohn­lis­te,  davon waren 18 Mit­ar­bei­ter in der Cux­ha­ve­ner Filia­le tätig. Außer­dem arbei­te­ten, wie es in der Beklei­dungs­in­dus­trie damals üblich war, wei­te­re Mit­ar­bei­ter als “Heim­ar­bei­ter” für Ket­el­sen. Sie ver­näh­ten Fäden, besäum­ten Knopf­lö­cher und näh­ten Knöp­fe an.

In der Ände­rungs­schnei­de­rei waren Anfang der 1950er Jah­re etwa sechs Schnei­de­rin­nen und eine Meis­te­rin (Direc­tri­ce-Lei­te­rin) beschäf­tigt, die aus­schließ­lich für die Damen­be­klei­dung zustän­dig waren. Wenn auch Ände­rungs­ar­bei­ten wie Kür­zen, Wei­ten, Enger­ma­chen und Abste­cken zu den Haupt­auf­ga­ben der Ände­rungs­schnei­de­rei gehör­ten, so wur­den hier aber auch neue Abend­klei­der geschnei­dert und Moden­schau­en ausgerichtet.

Lehr­jah­re sind kei­ne Her­ren­jah­re”, das war damals ein geflü­gel­tes Wort. Heu­ti­ge Aus­zu­bil­den­de wür­den sicher ent­setzt drein­schau­en, wür­de man ihnen der­art aus­bil­dungs­fer­ne Tätig­kei­ten zumu­ten, wie sie die dama­li­gen Lehr­lin­ge zu ver­rich­ten hat­te. So gehör­te bei der Fir­ma Ket­el­sen zu den Lehr­lings­auf­ga­ben jener Jah­re der Heiz­dienst an den Wochen­en­den. Die Ame­ri­ka­ner stell­ten die Koh­le bereit, mit denen der Heiz­dienst die von den Ame­ri­ka­nern genutz­ten Räu­me zu hei­zen hat­ten. Manch ein Heiz­dienst hat die Gele­gen­heit wahr­ge­nom­men und ein paar Koh­len für daheim mitgenommen.

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Der Dienst am Kun­den war für das Beklei­dungs­haus Ket­el­sen genau­so Selbst­ver­ständ­lich wie das freund­li­che und hilfs­be­rei­te Mit­ein­an­der unter den Mit­ar­bei­tern. Von der Geschäfts­lei­tung über den Mit­ar­bei­tern bis hin­un­ter zum jüngs­ten Lehr­ling war man stolz dar­auf, zu einer gro­ßen Fami­lie zu gehö­ren. Ein gro­ßer Anteil der Ange­stell­ten blieb der Fir­ma Ket­el­sen jahr­zehn­te­lang treu. Und die Fir­men­treue wur­de belohnt mit sozia­len Leis­tun­gen, die für die dama­li­ge Zeit nicht selbst­ver­ständ­lich waren. So gab es zum Bei­spiel schon in den 1950er Jah­ren für die Mit­ar­bei­ter eine betrieb­li­che Alters­ver­sor­gung. Auch gehör­ten grö­ße­re Spen­den an cari­ta­ti­ve Ver­bän­de zur Tra­di­ti­on des Beklei­dungs­hau­ses Ketelsen.

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Im Jah­re 1958 wur­de die Uni­form­schnei­de­rei ein­ge­stellt. Deut­sche Uni­for­men wur­den ab 1945 ja nicht mehr gebraucht, und auf­grund der Beschrän­kun­gen, die die Alli­ier­ten im Jah­re 1945 für die deut­sche Han­dels­schiff­fahrt ein­führ­ten, wur­den auch von den Ree­de­rei­en immer weni­ger Uni­for­men nach­ge­fragt. Der Betrieb wur­de umge­stellt auf die Pro­duk­ti­on von “vor­neh­me Herren‑, Jüng­lings- und Kna­ben­be­klei­dung”. Bestimmt wer­den sich noch vie­le älte­re Leher an ihren Kon­fir­ma­ti­ons­an­zug aus dem Hau­se Ket­el­sen erinnern.

Nach­dem Aus­zug des Ame­ri­ka­hau­ses blieb das Beklei­dungs­ge­schäft Ket­el­sen noch zehn Jah­re in Lehe. Im Jah­re 1961 gab das Unter­neh­men die Geschäf­te in der Hafen­stra­ße auf und eröff­ne­te in der attrak­ti­ve­ren Bür­ger­meis­ter-Smith-Stra­ße 42 Ecke Kir­chen­stra­ße das “Spe­zi­al­haus für Her­ren- und Damenbekleidung”.

Nun, nach­dem die Ame­ri­ka­ner aus­ge­zo­gen waren und auch die Fir­ma Ket­el­sen das Haus Hafen­stra­ße 76 ver­las­sen hat, kauf­te die Stadt Bre­mer­ha­ven das Gebäu­de. Das Hoch­bau­amt zog jetzt hier ein und auch eine Zweig­stel­le der Stadt­bi­blio­thek. 1986 ver­kauf­te die Stadt das Haus an einen Möbelhändler.

Fritz Lan­ge, der Nef­fe des Fir­men­grün­ders Armin Ket­el­sen, war seit 1954 Geschäfts­füh­rer des Beklei­dungs­hau­ses. Im Jah­re 1978 zog sich Fritz Lan­ge aus der Geschäfts­füh­rung zurück und über­gab sei­nem Sohn Uwe Lan­ge das Ruder. Lei­der muss­te die­ser den Betrieb im Jah­re 1991 man­gels aus­rei­chen­der Ren­ta­bi­li­tät schlie­ßen. Wie Wer­ner Mahler, der bei Ket­el­sen 25 Jah­re als Wer­be­lei­ter beschäf­tigt war, muss­ten sich auch vie­le ande­re Mit­ar­bei­ter eine neue Anstel­lung suchen. Eine 80-jäh­ri­ge Fir­men­ge­schich­te ging zu Ende.
Quel­len:
H. Hil­de­brand: “Das Beklei­dungs­haus von Armin Ket­el­sen”, Geschich­ten aus Lehe, Band 1
Dr. Hart­mut Bickel­mann: “Wunsch­vor­stel­lung und Wirk­lich­keit”, Nie­der­deut­sches Hei­mat­blatt Nr. 733 vom Janu­ar 2011
Dr. Georg Bes­sell: “Hei­mat­chro­nik der Stadt Bre­mer­ha­ven”, Sei­ten 286 ff.
“Armin Ket­el­sen 70 Jah­re alt”, Nord­see-Zei­tung vom 11.04.1951
“Fach­leu­te in Sachen Wer­bung”, Nord­see-Zei­tung vom 16.04.2013
“Boy Scouts Get Help”, US Infor­ma­ti­ons Bul­le­tin “In and AROUND Ger­ma­ny” aus  Janu­ar 1952
stereoskopie.com
Kata­log Day 1 vom 17. – 18. März 2016, Sei­te 82, Alex­an­der His­to­ri­cal Auctions

5 Antworten

  1. Gregor sagt:

    Ein schö­ner Artikel!
    War­um ich ihn fand? Ich such­te auf­grund des Pla­kats des His­to­ri­schen Muse­ums, das ja die beein­dru­cken­de Foto­gra­fie des Mode­hau­ses zeigt, nach Informationen.
    Und wur­de fün­dig. Scha­de, dass es vie­le die­ser Fach­ge­schäf­te nicht mehr gibt. Aber dar­an sind wir alle sel­ber Schuld.

  2. Arthur Tews sagt:

    1969 ging ich, ver­mit­telt vom Arbeits­amt, von Bre­mer­ha­ven nach Ber­lin. Ich woll­te nur ein Jahr blei­ben. Aber das Schick­sal mein­te es anders. Ich wohn­te im Bezirk Tem­pel­hof. Am Tem­pel­ho­fer Damm ent­deck­te ich eine Filia­le von Fa. Ket­el­sen, das war 1970/71. Ich war über­rascht, die Fir­ma in Ber­lin zu sehen.
    Herz­li­che Grüsse.

    • admin sagt:

      Das ist wirk­lich eine inter­es­san­te Infor­ma­ti­on. Vie­len Dank dafür. Bei mei­nen Recher­chen habe ich nichts dar­über erfah­ren, dass Ket­el­sen in Ber­lin eine Filia­le unterhielt.
      Schö­ne Grü­ße aus Bremerhaven…

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