100 Jahre Sparkasse auf der Berliner Strasse in Görlitz
Als am 15. Mai 1850 beschlossen wurde, in Görlitz eine Sparkasse zu gründen, hat noch niemand dabei an ein großes Gebäude gedacht. Sparkassen unterlagen zu dieser Zeit sehr strengen Geschäftsbeschränkungen. Sie hatten in erster Linie die Aufgabe, ärmeren Bevölkerungsschichten eine sichere Möglichkeit zu eröffnen, kleinste Kapitaleinlagen zur Risikovorsorge im Alter oder bei Krankheit verzinslich zurückzulegen.
So wurde die Sparkasse Görlitz im Parterre der Pfandleihanstalt in der Langenstraße eingerichtet, und sie eröffnete am 6. Februar 1851 ihre Pforten. Doch in der Regel waren Sparkassen im Rathaus untergebracht. Und auch die Sparkasse Görlitz bezog um das Jahr 1860 ihren Geschäftsräume im Rathaus am Untermarkt. Das machte auch deswegen Sinn, weil es damals üblich war, dass ein Beamter der Stadt die Leitung der Sparkasse innehatte. Später waren oftmals auch Notare Sparkassenleiter.
Satzungsgemäß ist bei einer Sparkasse die Erzielung von Gewinnen also nicht der Hauptzweck des Geschäftsbetriebes. Und so dauerte es natürlich noch viele Jahre, bis ein Bedürfnis nach größeren Geschäftsräumen entstand. Aber um das Jahr 1909 herum war es dann soweit. Die Kassengeschäfte haben um ein Vielfaches zugenommen, und damit auch der Personalbedarf – ein neues Gebäude war nun erforderlich.
Da war es eine glückliche Fügung, dass das ehemalige Städtische Krankenhaus von der Berliner Straße in das neue Klinikum an
der Girbigsdorfer Straße umzog. Zwischen 1909 und 1913 wurde auf dem nun frei gewordenen Grundstück ein, wie es damals üblich war, imposantes und repräsentatives Sparkassengebäude errichtet. Dieses Gebäude rundete die Postplatzbebauung auf eine gediegene und zeitgemäße Weise ab. Die robuste Fassade
aus mächtigen Natursteinquadern, die gebündelten schmalen Fensterachsen, die vertikale Gliederung durch kräftige Pfeiler vom Erdboden bis zum Dach zeigten Gemeinsamkeiten mit anderen stilbildenden Bauten jener Jahre. Insbesondere der beherrschende Treppenhausturm an der rechten Fassadenseite mit breitem Portal, mit der metallverkleideten viereckigen Kuppel und der mächtigen Fahnenstange mit dem vergoldeten Löwen aus dem Stadtwappen war bedeutsam für das Gesamtbild des Postplatzes. Zeittypische Baumaterialen (Naturstein, Farbglas, Kupferblech, Holz, Bunzlauer Keramik) und die leuchtend weiße Fensterrahmen brachten neue Akzente in das nun abgerundete Platzensemble. Seit das Haus am 1. September 1913 eröffnet wurde, ist es ununterbrochen Sitz der Sparkasse.
Anfangs wurden natürlich nicht alle Räumlichkeiten von der Sparkasse benötigt. So zogen hier, auf der Berliner Straße 64, auch das Gericht, das Standesamt und ein Bestattungsunternehmen ein. Und ab 1922 residierte hier auch eine Filiale der “Schlesische Landesbank”, die sich “Görlitzer Stadtbank” nannte.
1993 wurde das Sparkassengebäude innen komplett umgebaut und erhielt auf der Rückseite weitere Anbauten. Während dieser Zeit wurden die Sparkassengeschäfte in dem heute nicht mehr vorhandenen Wilhelmstheater weitergeführt.
Wie alle Sparkassen in Deutschland unterliegt auch die Görlitzer Sparkasse einem stetigen Wandel. Am 1. Januar 1939 wurde die Oberlausitzer Provinzialsparkasse teilweise in die Stadtsparkasse eingegliedert. Ab 1951 wurden die DDR-Sparkassen in die Staatsbank eingegliedert. Gleichzeitig wurden alle Konten von Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern auf die Staatsbank übertragen. Den Sparkassen verblieb die Aufgabe, Sparbeiträge einzuwerben. So wurde auch aus der Sparkasse Görlitz eine untergeordnete Filialkasse.
Wurde schon zwischen 1933 und 1945 die Zahl der Sparkassen durch Fusionen stark ausgedünnt, setzte sich dieser Trend auch
in den 1990er Jahren fort. Im Jahr 1992 fusionierte die Stadtsparkasse Görlitz mit den Kreissparkassen Niesky und Weißwasser zur Niederschlesischen Sparkasse. Schließlich entstand aus einer weiteren Fusion der Niederschlesischen Sparkasse mit der Kreissparkasse Löbau-Zittau am 1. September 2005 die heutige Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien.
Und am heutigen 1. September 2013 kann die Sparkasse auf 100 erfolgreiche Jahre auf der Berliner Straße zurückblicken.
Quellen:
Der Postplatz, Neue Stadtbild Schriftenreihe Band 1, Seite 33
sz-online vom 30.08.2013