Geestemünde in alten und neuen Ansichten — Teil 6
Eine Serie widmet der DeichSPIEGEL “Geestemünde in alten und neuen Ansichten”. Mein ganz besonderer Dank gilt Frau Oda Kelch. Sie hat ihre alten Bilder und Erinnerungen auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht, so dass ich Euch heute das Bremerhavener Haus Georgstraße 43 zeigen kann.
Etwa aus dem Jahre 1904 stammt dieses Bild mit dem schönen Gründerzeithaus Georgstraße 43 in Geestemünde. Alle haben sich für den Fotografen schick gemacht und schmücken mit ihrer Anwesenheit stolz die Fassade. Vom Balkon schaut die Urgroßmutter von Oda Kelch, Helene Knoblauch mit ihren Kindern Bertha und Dora herab. Helene war mit dem Uhrmacher Bernhard Knoblauch verheiratet, dem Urgroßvater von Oda Kelch, der sich in der Mitte des Einganges postiert hat. Die spätere Eigentümerin, Oda Kelch, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf der Welt.
Allein, die zufällig vorübergehenden Passanten bleiben vom Fotoshooting völlig unbeeindruckt.
Interessant anzuschauen auf diesem Bild sind die Straßenbahngleise, die es ja heute nicht mehr gibt. Und die Dame auf dem Fahrrad würde für das Vehikel heute sicherlich nur noch einen Oldtimerpreis gewinnen. Damals aber war das Fahrrad bestimmt ein Vermögen wert.
In der Bildmitte sieht man das noch vorhandene mit “Zweigstelle” beschriftete Eckhaus Georgstraße 45. Das Haus war ein zu damaliger Zeit so genanntes “Gesellschaftshaus”, das neben einem normalen Gaststättenbetrieb auch die Ausrichtung größerer Feste ermöglichte. Hier wurden flotte Tänze aufs Parkett gelegt – die Musik war bis auf den Hinterhof von Uhrmacher Knoblauch zu hören, wo die kleinen Mädchen dann auch ihre ersten Tanzschritte einübten.
Irgendwann wurde das Gebäude zum Kino “Metropol” umgebaut. Das Familienkino mit dem Filmvorführer Hermann Brinkmann war bei den Geestemündern sehr beliebt. Sonntags um 14 Uhr gab es hier eine Kindervorstellung. Da standen die heutigen Kultfilme Dick und Doof, Pat und Patachon und auch Charlie Chaplin auf dem Programm.
In den Abendvorstellungen wurden die komischen Filme mit Heinz Rühmann oder Theo Lingen vorgeführt. Und auf dem Hinterhof des Nachbarhauses von Uhrmacher Knoblauch warteten die Kinder auf die nächste Lachsalve der Zuschauer. Natürlich wollten die Kinder auch in das Kino gelangen und versuchten, sich durch ein eventuell offenstehendes Toilettenfenster einzuschmuggeln. Aber es gelang ihnen nie, die Fenster waren einfach zu hoch.
Leider überstand auch das “Geestemünder Schauspielhaus”, Haus Nr.45, die Bombennacht des 18. September 1944 nicht. Und nach dem Krieg baute man es auch nicht wieder auf, statt dessen wurde die Grashoffstraße verbreitert.
Das Haus Nr. 43 jedoch wurde zwischen 1952 und 1954 wieder aufgebaut. Als der Schutt weggeräumt und die Bauarbeiten abgeschlossen waren, erstrahlte das Haus in neuem Glanz. Es hatte ein drittes Stockwerk bekommen, und auch in das Dachgeschoss wurden jetzt Wohnungen eingebaut. Durch den Luftangriff haben viele Geestemünder ihr Zuhause verloren. Und die Nachkriegszeit spülte auch nach Bremerhaven Flüchtlingsfamilien, die die verlorenen deutschen Ostgebiete verlassen mussten. So war es notwendig, möglichst schnell neuen Wohnraum zu schaffen.
Nachdem das “Geestemünder Schauspielhaus” für immer verschwand, wird die nun freistehende Giebelwand des Hauses Nr. 43 als Werbefläche vergewaltigt. Auch die Straßenbahngleise sind in der Vergangenheit geblieben, es gibt nur noch den schwarzen Asphalt, über den der Durchgangsverkehr donnert. Nur hin und wieder ist es möglich, eine “autofreie” Lücke für ein Bild zu finden.
Noch einmal vielen Dank an Frau Oda Kelch, die mir mit Ihren Bildern und Erinnerungen sehr geholfen hat, diesen Artikel zu schreiben.
Ich würde eine eMail an das Historische Museum Bremerhaven schreiben. info@historisches-museum-bremerhaven.de
Ich bin 1943 in der Villa Neynaber geboren, die in der Georgstrasse lag. Leider brannte sie beim Luftangriff 1944 total ab. Versuche von dem Haus ein Foto zu bekommen, aber, hatte bis jetzt keinen Erfolg. Meine Grosseltern waren bei der Familie Neynaber angestellt. Vielleicht kann mir jemand helfen. Ich lebe in Colorado USA und versuche meine Lebensgeschichte niederzuschreiben.